1. WLZ
  2. Frankenberg

Energie Waldeck-Frankenberg rechnet bis 2040 mit deutlich höherem Strombedarf

Erstellt:

Von: Thomas Hoffmeister

Kommentare

Der Solarpark Laisa von oben: Die Photovoltaik-Anlage „Auf der Hänge“ liegt zwischen der Motocross-Strecke (oben links) und der Bundesstraße 253 (rechts). Den Solarpark oberhalb von Laisa betreiben die Bürgerenergiegenossenschaft Ederbergland (BEGEB) und die Firma Krug Immobilien. Archi
Der Solarpark Laisa von oben: Die Photovoltaik-Anlage „Auf der Hänge“ liegt zwischen der Motocross-Strecke (oben links) und der Bundesstraße 253 (rechts). Den Solarpark oberhalb von Laisa betreiben die Bürgerenergiegenossenschaft Ederbergland (BEGEB) und die Firma Krug Immobilien. Archi © Bernd Fett/nh

Die Energie Waldeck-Frankenberg rechnet bis 2024 mit deutlich höherem Strombedarf und setzt dabei auf Wind- und Sonnenenergie.

Waldeck-Frankenberg - Die letzten drei deutschen Atomkraftwerke wurden am 15. April abgeschaltet. Gleichzeitig wächst jedoch der Strombedarf, weil es immer mehr Elektroautos gibt und immer mehr Häuser mit Wärmepumpen beheizt werden, die viel Strom verbrauchen. Wo soll der Strom in Zukunft herkommen? Darüben haben wir bei der EWF (Energie Waldeck-Frankenberg) mit Geschäftsführer Frank Benz und dem Bereichsleiter für Erneuerbare Energien, Stefan Kieweg, gesprochen.

Die elektrische Energiemenge – also der Strom, der durch das Netz der EWF fließt – liegt laut Benz bei 1152 Millionen Kilowattstunden (1,15 Terawattstunden) pro Jahr. Bei der Elektromobilität rechnet EWF damit, dass im Jahr 2035 zwischen 40 und 50 Prozent der Haushalte über eine Wallbox (schnelle Lademöglichkeit für E-Autos) verfügen werden. Es sei nicht zu erwarten, dass in den nächsten zehn Jahren Wärmepumpen in allen Häusern installiert würden, sagt EWF.

Parallel dazu habe es in den vergangenen zwei Jahren einen starken Zuwachs an Photovoltaikanlagen gegeben. Dieser Trend werde sich noch verstärken. Bei Familien, die ein Elektroauto fahren (mit einer Fahrleistung von etwa 13 000 Kilometern im Jahr), werde sich der jährliche Strombedarf um knapp 2000 Kilowattstunden erhöhen, haben Fachleute der EWF errechnet. Hinzu kämen für den Betrieb einer Wärmepumpe weitere 1000 und 6500 Kilowattstunden Strom im Jahr (je nach Gebäude und Art der Wärmepumpe). Heute liege der durchschnittliche Strombedarf für einen Vier-Personen-Haushalt bei knapp 3200 Kilowattstunden im Jahr. Der Energieversorger erwartet, dass Privathaushalte noch stärker als heute versuchen werden, eigenen Strom für den Betrieb von Wärmepumpen und das Laden von Elektrofahrzeugen zu produzieren, vorrangig mit Sonnenenergie (Photovoltaik).

Aktuell sei der Strombedarf leicht gesunken. Bis zum Jahr 2040 erwarte EWF jedoch einen deutlich höheren Verbrauch, erklärte Geschäftsführer Benz. Gedeckt werden solle der zusätzliche Bedarf durch erneuerbare Energien, vorrangig durch Photovoltaik und Windkraft.

Strombedarf in Waldeck-Frankenberg: Gut die Hälfte des Strom kommt heute schon aus Erneuerbaren Energien

Gut die Hälfte des heutigen Strombedarfs – 54 Prozent – kommt im Gebiet der Energie Waldeck-Frankenberg (EWF) schon heute schon aus Erneuerbaren Energien, also aus Windkraft, Photovoltaik, Biomasse und Wasserkraft.

Der für die Zukunft erwartete Mehrbedarf an Strom müsse komplett aus Erneuerbaren Energien kommen, sagt Geschäftsführer Frank Benz. „Das ist auch realistisch“, fügt der Geschäftsführer der Gesellschaft für Erneuerbare Energien (VEW), Stefan Kieweg, hinzu. „Allein von der Leistung und der Menge werden wir die 100 Prozent erreichen. Eher sogar mehr“, sagt Frank Benz.

Die spannende Frage sei allerdings die eines „vernünftigen Ausgleichs“, sagt Benz. Stichwort „Dunkelflaute“: Strom müsse ja auch verfügbar sein, wenn mal keine Sonne scheine und kein Wind wehe. Für solche Zeiten setze man zum Beispiel auf Speicher und Wasserkraft.

Strombedarf in Waldeck-Frankenberg: EWF-Schwerpunkt auf Windkraftanlagen

Schwerpunktmäßig setzen EWF bzw. die für den Bereich Erneuerbare Energien zuständige Tochter VEW auf Windenergie. Aktuell geht es „Auf dem Mühlenberg“ zwischen Lichtenfels und Vöhl um sechs Windkraftanlagen mit einer Leistung von 5,7 Megawatt je Anlage. Das Projekt ist umstritten. Im Genehmigungsverfahren gab es 441 Einwendungen. Kritiker befürchten negative Auswirken auf Pflanzen und Tiere, aber auch auf Menschen, die in der Umgebung wohnen.

Windräder wurden in den vergangenen Jahren immer höher und leistungsfähiger. Der Windpark in Gemünden, der 2017 in Betrieb ging, verfügt über 199,5 Meter hohe Anlagen. Inzwischen baue man 250 bis 260 Meter hohe Windräder, sagt Stefan Kieweg. Unbegrenzt wird es nach seiner Einschätzung nicht weiter in die Höhe gehen. „Ich glaube, dass wir in einigen Jahren eine Gesamtanlagenhöhe von etwa 290 Metern sehen werden.“

In Korbach-Marke hat die EWF gerade vier Windkraft-Anlagen mit je 5,7 Megawatt Leistung im Genehmigungsverfahren. „Insgesamt haben wir zwölf Projekte, jeweils mit mehreren Windkraftanlagen, in der Pipeline“, sagt Frank Benz. Für die nächsten Jahre sei für Windkraft-Projekte ein „dreistelliger Millionenbetrag“ vorgesehen.

Die lange Dauer der Genehmigungsverfahren – im Schnitt fünf bis sieben Jahre – bereitet Stefan Kieweg Sorgen, wenn er an den wachsenden Strombedarf denkt: „Wir sind seit zehn Jahren viel zu langsam“, sagt der VEW-Geschäftsführer.

Im Bad Arolser Stadtteil Bühle baut VEW vier Windkraftanlagen mit einem separaten Umspannwerk für rund 38 Millionen Euro. Kieweg: „Wir bringen für ein solches Projekt 10 bis 20 Prozent ein. Der Rest wird über den Kapitalmarkt finanziert.“

Strombedarf in Waldeck-Frankenberg: Photovoltaik zweites Standbein

Das zweite Standbein der EWF für Stromerzeugung aus regenerativen Energien ist die Photovoltaik. Kieweg: „Wir haben in Korbach im Alten Felde einen Park mit 1,2 Megawatt auf einer alten Bodendeponie gebaut. Die Fläche kann gewerblich nicht genutzt werden.“

Einen weiteren Solarpark plant die EWF auf einer etwa 1,5 Hektar großen Fläche der ehemaligen Hausmülldeponie in Diemelsee-Flechtdorf. Auf dem inzwischen rekultivierten Teil sind zwei Bauabschnitte mit jeweils 750 Kilowatt Leistung geplant.

Kieweg spricht im Bereich der Freiflächen-Photovoltaik von einer „Goldgräberstimmung“: „Viele überregionale Projektentwickler inserieren in landwirtschaftlichen Zeitschriften“, erklärt der VEW-Geschäftsführer. In diesem Bereich hätten jedoch die Kommunen die Planungshoheit.

Das so genannte „Agri-PV“ (Photovoltaik über einer weiterhin landwirtschaftlich genutzten Fläche) sieht Stefan Kieweg skeptisch: Bei einer Höhe der landwirtschaftlichen Geräte von mindestens vier Metern und einer Schneidwerkbreite von sechs Metern bei Mähdreschern komme man zu Dimensionen einer Aufständerung, bei der man sich fragen müsse: Warum mache ich es dann nicht gleich auf einer Autobahn? (Thomas Hoffmeister)

Auch interessant

Kommentare