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Gewerkschaft warnt vor Altersarmut in Waldeck-Frankenberg

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© dpa/Stephanie Pil

Waldeck-Frankenberg – Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten warnt vor einer steigenden Altersarmut: Sie befürchtet, dass 31,7 Prozent der jetzigen Beschäftigten in Waldeck-Frankenberg im Alter eine gesetzliche Rente unterhalb der staatlichen Grundsicherung erhalten.

23 122 Betroffene hätten danach bei 45 Versicherungsjahren ein Renteneinkommen von weniger als 705 Euro im Monat zu erwarten. Das hat das Prestel-Institut in Hannover im Auftrag der Gewerkschaft errechnet.

Sollte das Rentenniveau bis 2030 auf nur noch 43 Prozent abgesenkt werden, rechnet das Institut sogar mit 35 800 armutsgefährdeten Betroffenen im Kreis, das wäre ein Anteil von 49,1 Prozent.

Das seien „alarmierende Zahlen“, sagt der Geschäftsführer der Gewerkschaft für die Region Nord- und Mittelhessen, Andreas Kampmann aus Kassel. Schon jetzt müssten viele in Branchen wie Gastronomie oder Bäckerhandwerk wegen niedriger Löhne ihre Rente im Alter aufstocken. Für Kampmann ein Unding: „Wer ein Leben lang gearbeitet hat, muss später auch von seiner Rente leben können,“ urteilt er und zieht aus der Analyse des Instituts zwei Konsequenzen:

- Die Bundesregierung müsse das jetzige Rentenniveau von 48 Prozent über 2025 hinaus verlängern – oder besser wieder anheben.

- Die Arbeitgeber müssten mehr Teilzeitstellen in nach Tarif bezahlte Vollzeitstellen umwandeln, damit das Einkommen steigt.

Dazu wären etwa Bäcker und Fleischer auch bereit. Problem: Verbraucher müssten höhere Preise mittragen – und es müssten sich Bewerber für Vollzeilstellen finden.

Das Gastgewerbe sagt indes, es habe trotz „angespannter Ertragslage“ mehr sozialversicherungspflichtige Jobs geschaffen. 

Hintergrund

Die 2003 bis 2005 beschlossenen „Agenda“-Reformen haben zu einem gravierenden Wandel bei Erwerbsbiographien geführt. Jobs mit Niedriglöhnen, Minijobs, Teilzeitarbeit und Leiharbeit haben zugenommen, mehr als die Hälfte der Beschäftigten erhält keinen Tariflohn mehr. All das hat Folgen für die Rente. Auch Zeiten der Arbeitslosigkeit sorgen für Abschläge. Nach Angaben der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung muss der Stundenlohn derzeit mindestens 11,85 Euro betragen, wenn Arbeitnehmer nach 45 Berufsjahren eine Rente über der Grundsicherung erhalten sollen. Der jetzige Mindestlohn reiche dazu nicht aus. Und Alternativen? Geringverdiener haben selten das Geld, um privat vorzusorgen, Erträge sind oft nur dürftig. Deshalb fordern Gewerkschafter die Stärkung der gesetzlichen Rente.

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