Das Bürgergeld ersetzt seit Januar die auch „Hartz IV“ bezeichnete Grundsicherung. Die aus Steuergeldern finanzierte Sozialleistung erhalten erwerbsfähige Menschen, die sich ihren Lebensunterhalt nicht selbst verdienen können. Dazu gehören Arbeitslose, die keinen Anspruch auf das Arbeitslosengeld I haben.
Geld bekommen auch ihre Familienangehörigen: Partner, schulpflichtige Kinder oder Auszubildende. Sie werden zu „Bedarfsgemeinschaften“ zusammengefasst.
Nicht alle Bezieher von Bürgergeld können voll arbeiten. Manche sind in Elternzeit. 2020 bezogen rund 34 Prozent der Alleinerziehenden die Grundsicherung.
Und rund 18 Prozent der Leistungsempfänger im Kreis haben eine Arbeit – sie verdienen aber wegen der Niedriglöhne in Deutschland zu wenig, um über die Runden zu kommen. Sie werden so zu „Erwerbsaufstockern“.
In Waldeck-Frankenberg sinke der Bestand an Leistungsbeziehern – obwohl das Jobcenter seit Juni vorigen Jahres auch die Flüchtlinge aus der Ukraine betreue, berichtet Otto Richter.
Mit dem Bürgergeld habe die Bundesregierung auch auf geänderte Rahmenbedingungen reagiert, berichtet er. Bei der heftig umstrittenen Einführung der Grundsicherung 2005 herrschte eine hohe Arbeitslosigkeit, entsprechend lag der Vorrang bei der schnellen Vermittlung in Arbeit. Inzwischen habe sich der Arbeitsmarkt gedreht: Betrieben fehlen Facharbeiter. Deshalb werde beim Bürgergeld Wert gelegt auf die „nachhaltige Eingliederung durch Qualifizierung“.
Das Bürgergeld entwickele bisherige Regelungen grundlegend weiter und passe sie „den Entwicklungen des Arbeitsmarktes und den Lebensumständen der Menschen“ an. „Der Mensch wird in den Fokus gestellt“, beschreibt Richter – „wir arbeiten für die Menschen, nicht für Gesetze.“
Der Anspruch sei, mit ihnen „auf Augenhöhe zu arbeiten“. Es gelte, ihre Fähigkeiten zu betrachten und zu schauen, „was bremst sie dabei, sich eine eigene Existenz aufzubauen?“ Das Bürgergeld setzte dabei mehr auf Anreize. So gibt es Prämien für Leute, die sich qualifizieren. Der Vorrang der schnellen Vermittlung sei weggefallen, viel mehr gelte es, Arbeitssuchende „nachhaltig“ einzugliedern, erklärt Richter. Dabei setzt das Jobcenter auf die Aus- und Weiterbildung. Das helfe nicht nur, den wachsenden Bedarf an Facharbeitern zu decken: Die Jobs sind sicherer, und die Qualifizierten verdienen mehr Geld.
Die Regelleistungen des Bürgergeldes haben sich ab Januar um bis zu 53 Euro erhöht – was wenig mehr als ein Inflationsausgleich ist. Bezieher und ihre Kinder dürfen mehr dazuverdienen, es gibt eine „Karenzzeit“, in der sie mehr „Schonvermögen“ behalten dürfen. Sanktionsmöglichkeiten bestehen fort.
Die wichtigsten Änderungen mit der ersten Stufe:
Wichtige Änderungen in der zweiten Stufe ab Juli:
Bei Verstößen gegen Vereinbarungen werden beim ersten Mal zehn Prozent des Bürgergeldes für einen Monat gekürzt, im zweiten Fall sind es 20 Prozent für zwei Monate, nach dem dritten Mal 30 Prozent für drei Monate. Das Bundesverfassungsgericht hatte schon 2019 verboten, mehr als 30 Prozent der Leistungen zu kürzen.
„In der Praxis haben Leistungskürzungen bisher keine Rolle gespielt“, betont Otto Richter, lediglich in drei bis fünf Prozent aller Fälle seien sie verhängt worden – zu 75 Prozent wegen „Meldeversäumnissen“: Leute hatten einen Termin beim Jobcenter ohne Begründung nicht wahrgenommen.
Seit Inkrafttreten der Reform hätten sich die Zahlen beim Jobcenter nicht groß geändert, berichtet Richter. „Wir haben nicht mehr Anfragen wegen des Bürgergeldes.