Verbraucher sind gefragt

Korbach. Ein Wegwerfverbot in Supermärkten oder ein Verfalls- statt des Mindesthaltbarkeitsdatums: Verschiedene Projekte sollen Lebensmittelverschwendung in Europa reduzieren. Verbraucherschützer zweifeln die Wirksamkeit der Pläne an.
Um Lebensmittelverschwendung zu reduzieren, will Bundesernährungsminister Christian Schmidt die EU-Richtlinie zum Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) ändern: Bei lange haltbaren Produkten soll nur das Herstellungsdatum aufgedruckt werden; auf schnell vergänglichen soll ein Verfallsdatum stehen.
„Tatsächlich verstehen viele Menschen das Mindesthaltbarkeitsdatum falsch“, sagt Liane Reichhart von der DHB-Verbraucherberatung in Korbach. Das MHD sei lediglich die Garantie des Herstellers, dass bis zu diesem Punkt keine Einbußen bei Geschmack, Aussehen und Konsistenz auftreten.
Danach werde das Produkt aber nicht schlagartig schlecht. Bei leicht verderblichen Lebensmitteln ersetzt ein Verfallsdatum das MHD – nach diesem sollten sie nicht mehr gegessen werden.
Von den Plänen, mehr dieser Angaben zu verwenden, hält Liane Reichhart nichts: „Um auf Nummer Sicher zu gehen, müsste die Industrie das sehr kurz setzen.“ Noch mehr Verschwendung wäre die Folge. Sie sei indes dafür, bei mehr Lebensmitteln das Herstellungsdatum anzugeben, an dem sich die Verbraucher orientieren sollten: „Bei Eiern funktioniert das auch.“
In einigen Fällen würde eine Abschaffung des MHD Sinn ergeben, sagt Karl-Ludwig Schmidt, Inhaber des Nahkaufs in Korbach. Gerade bei leicht verderblichen Produkten sei es aber eine wichtige Orientierungshilfe für die Kunden. „Es kommt ganz auf den Artikel an“, stimmt Neukauf-Inhaber Jens Selbach zu, „aber nach irgendwas muss der Kunde sich ja richten.“
Das Produktionsdatum sei eine Alternative, jedoch wisse nicht jeder Verbraucher damit umzugehen. Liane Reichhart hält Hauswirtschaftsunterricht für nötig: Zu viel Wissen über Ernährung sei verloren.
Auch für Organisationen wie die Korbacher Tafel würde sich eine Reform auswirken: „Wenn das MHD wegfällt, werden die Spenden nachlassen“, ist sich Vorsitzender Oliver Breysach sicher. Waren, die kurz vor dem Mindesthaltbarkeitsdatum stehen, würden oft gespendet.
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