Christian Behle – das steht fest – ist mit Begeisterung dabei, wenn er sein Ehrenamt ausübt. Auch für die ab 1. Januar 2024 beginnende neue Amtsperiode würde er sich wieder bewerben, wenn er es denn dürfte. Eine dritte Amtsperiode in Folge ist allerdings nicht erlaubt, Behle muss daher pausieren.
„Ich wurde damals gefragt, ob ich Schöffe werden möchte. Bereut habe ich es nie, obwohl ich noch andere Ehrenämter habe. Aber das Schöffenamt lässt sich gut mit meinen anderen Aufgaben vereinbaren – mein Arbeitgeber, die Waldecker Bank, steht auch voll dahinter und stellt mich ohne Probleme für die Termine im Gericht frei.“
Die ehrenamtliche Arbeit als Schöffe habe seinen Horizont erweitert, berichtet der 57-Jährige. In den vielen Jahren als ehrenamtlicher Richter habe er auch sehr viel über rechtliche Zusammenhänge gelernt. „Das Schöffenamt bietet einem zudem die Möglichkeit, mitbestimmen zu können. Meine Meinung ist hier gefragt.“ Das sei alles zusammengenommen hochinteressant und mache den Reiz dieses Ehrenamtes aus.
Christian Behle ist gerne im Gerichtssaal. Dort hat er auch immer seinen angestammten Platz rechts neben dem Stuhl des Vorsitzenden. „Der Berufsrichter muss sehr viel beachten – vor allem auch, wenn es um rechtliche Fragen geht. Im Verhör ist er zudem auf die Person fixiert, die er intensiv befragt. Wir als Schöffen nehmen in diesen Momenten aber noch andere Dinge im Gerichtssaal wahr“, sagt der Ottlarer. Wenn der Berufsrichter zum Beispiel einen Zeugen befrage, sei es für die Schöffen parallel möglich, auf die unmittelbare Reaktionen des Angeklagten zu achten. „Unsere Aufgabe besteht letztlich darin, uns ein genaues Bild zu machen und zu entscheiden, wem wir glauben und wem nicht. Da spielen die Atmosphäre im Gerichtssaal und viele kleine Details eine wichtige Rolle“, sagt der Ottlarer.
Außerdem habe der Richter vor Prozessbeginn Akteneinsicht, die Schöffen dagegen nicht. Da das Urteil am Ende aber aus den Erkenntnissen in der Hauptverhandlung geschöpft werde, sei die Einschätzung der Schöffen so eminent wichtig. „Das Urteil ist ein Gesamtpaket, das sich aus der Teamarbeit zwischen Berufsrichter und Schöffen ergibt“, sagt Behle.
Ab wann und wo genau kann man bewerben, wenn man Schöffe werden will?
Die Wahl läuft seit Jahresbeginn, Städte und Gemeinden rufen dazu auf. „Jede Kommune ist da eigenständig. Bewerben sollten sich jetzt alle, die wollen. Absagen werden auch mitgeteilt“, sagt Iris Borutta, Vorsitzende der Vereinigung ehrenamtlicher Richterinnen und Richter, Landesverband Hessen. Sie empfiehlt potenziellen Bewerbern, sich direkt bei der Stadt oder Gemeinde zu erkundigen. Der Wahlvorgang in dieser ersten Stufe könne je nach Kommune bis März oder Juni dauern. „In aller Regel geben die Verwaltungen nicht nur das Info-Material heraus, sondern händigen auch die Bewerbungsbögen aus“, sagt Iris Borutta. Bewerbungsformulare für das Schöffenamt und das Jugendschöffenamt sind aber auch im Internet abrufbar unter: schoeffenwahl2023.de
Wie geht die Schöffenwahl anschließend weiter?
Nach dem Aufruf erstellen die Stadt- und Gemeindeparlamente sowie die Jugendhilfeausschüsse Vorschlagslisten mit den Kandidaten für die Schöffen- und Jugendschöffengerichte. Diese werden von der Kommune an den Wahlausschuss des zuständigen Amtsgerichtes weitergeleitet. Dort werden 50 Prozent der auf den gesamten Vorschlagslisten aufgeführten Kandidaten für das Schöffenamt ausgewählt.
Wer kann Schöffe werden?
Schöffen müssen die deutsche Staatsbürgerschaft haben sowie mit Beginn der neuen, fünfjährigen Amtsperiode (1. Januar 2024 bis 31. Dezember 2028) mindestens 25 und unter 70 Jahre alt sein. Außerdem müssen die Bewerber straffrei, vorurteilsfrei und verantwortungsbewusst sein. Meinungsstärke und Überzeugungsfähigkeit sind weitere Attribute. Eine erzieherische Erfahrung mit Heranwachsenden ist vor allem für das Jugendschöffenamt sinnvoll.
Wie lässt sich das Ehrenamt des Schöffen mit dem Beruf verbinden – und gibt es eine Entlohnung?
Der Arbeitgeber muss Schöffen für die Zeit der Sitzungstage frei, eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses wegen der Ausübung des Amtes ist nicht erlaubt. Schöffen erhalten kein Entgelt, dafür aber eine Entschädigung für Verdienstausfall, Zeitversäumnis und Fahrtkosten.
Wie zeitintensiv ist das Schöffenamt?
Zwölf Sitzungstage im Jahr sind laut Gesetz vorgesehen. Sitzungstag bedeutet allerdings nicht Verhandlungstag. Eine Sitzung kann aus mehreren Verhandlungstagen bestehen. Das heißt, es kann sein, dass Schöffen mehr als zwölf Tage am Gericht erscheinen müssen. Wenn man als Hauptschöffe gewählt wurde, werden die Sitzungstage für ein Jahr im Voraus festgelegt. Als Ersatzschöffe wird man bei Bedarf herangezogen.
Mehr Infos zum Schöffenamt und zur Wahl gibt es hier.