Waldbesitzerverband Waldeck-Frankenberg tagt - Plädoyers für vielfältige Holznutzung

Der Waldbesitzerverband Waldeck-Frankenberg tagte in der Mehrzweckhalle in Goddelsheim - viele aktuelle Themen wurden angerissen.
Waldeck-Frankenberg/Lichtenfels – Ökosystemleistung, Extremwetterrichtlinie, Erneuerbare Energierichtlinie der EU, Vertragsnaturschutz und Grünes Band, Holz im Spannungsfeld zwischen stofflicher und thermischer Nutzung – bei der Jahrestagung des Waldbesitzerverbandes Waldeck-Frankenberg in der Mehrzweckhalle in Goddelsheim standen viele aktuelle Themen auf der Agenda.
Zur aktuellen Forstpolitik in Hessen sprachen Carl Anton Prinz zu Waldeck- und Pyrmont, Präsident des Hessischen Waldbesitzerverbandes, und Christian Raupach, Geschäftsführer des Hessischen Waldbesitzerverbandes. Aktuelles aus dem Hessischen Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (HMUKLV) berichtete Martin Küthe von der Obersten Forstbehörde. Über den Konflikt zwischen energetischer und stofflicher Holznutzung sprach Martin Hillebrand von EGGER in Brilon.
„Im Zentrum der Diskussionen durch das Jahr hinweg standen Forstwirtschaft und -politik, Frühjahrsstürme, eine Holzpreisralley, ein weiterer Dürresommer, die Klimakrise, geopolitische Verwirrungen durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine“, schaute Henning Scheele, Vorsitzender des Waldbesitzerverbandes Waldeck-Frankenberg, auf 2022 zurück. Das Bundesförderprogramm sei ein Schritt zur Honorierung der Ökosystembilanz, „aber die Struktur und Vorgaben sind Kröten, die wir nur sehr ungern schlucken. Das Programm spaltet die Branche, die Antragstellung zu kompliziert“, betonte er: „Wald ist ein Klimaschützer und sollte auch so behandelt werden. Aber er ist auch ein Wirtschaftsfaktor, wir müssen ohne Ideologien rangehen.“
Prinz Waldeck, Präsident des Hessischen Waldbesitzerverbandes, gab einen Rundumschlag über Forstthemen, die Waldbesitzer umtreiben. „Die Verkehrssicherungspflicht ist eine große Belastung geworden“. Es könne nicht sein, „dass die Waldbesitzer die Kosten tragen sollen für den Klimawandel, den die Gesellschaft verursacht.“ Der Verband ziele darauf ab: „Ab Straßengraben sollte die Verantwortung beim Baulastträger liegen, was Regelanlagen und dergleichen betrifft. Der Wald war in der Regel vor der Straße da.“
„Land muss zum Vertragsnaturschutz zurückkehren“
Die CO²-Senke von verbautem Holz dürfe nicht dem Bausektor zugesprochen werden, unterstrich er. Außerdem sollte das Land Hessen zum Vertragsschutz zurückkehren, forderte Prinz Waldeck. 2002 sei geregelt worden, dass Vertragsnaturschutz im Nichtstaatswald vorrangig über Verträge abgewickelt werde, anstatt über Gesetze, das sei seitdem auch partnerschaftlich gelebt worden. „Das ist im letzten halben Jahr leider stark ins Wanken geraten“, monierte Prinz Waldeck mit Blick auf das Schutzgebiet „Grünes Band“ entlang des ehemaligen Grenzstreifens. So liege etwa die Hälfte des rund 8000 Hektar umfassenden und 260 Kilometer langen Naturmonuments „Grünes Band Hessen“ in Privatbesitz. „Es sind Nutzungsbeschränkungen auch im Privatwald eingeführt worden, die nicht über Vertragsnaturschutz abgegolten werden, sondern über die Köpfe der Flächenbesitzer hinweg per Gesetz installiert wurden. Aus unserer Sicht ist das klarer Vertragsbruch. Das Gesetz hätte so nie verabschiedet werden dürfen.“
Plakat- und Unterschriftenaktion habe der Waldbesitzerverband gestartet, um klar zu machen, „dass das Land Hessen eine rote Linie überschritten hat im Umgang mit Privateigentum“. Naturschutz im Wald sei existenziell wichtig, „aber er muss im Dialog mit den Eigentümern stattfinden“, so Prinz Waldeck, sein Verband fordere wieder ein eigenes Ministerium für Land- und Jagd- und Forstwirtschaft.
„Mit CO²-Senkleistung über Zertifikate frei auf dem Markt handeln“
Mit Blick auf die Honorierung der Ökosystemleistung des Waldes sagte er: „Wir plädieren in Hessen stark dafür, dass wir mit der CO²-Senkleistung über Zertifikate frei auf dem Markt handeln können. Wir wollen kein Förderprogramm, sondern am Markt teilhaben.“ Immerhin werde die De-minimis-Deckelung abgebaut, so dass es bald eine volle Förderung für alle Betriebe gebe, auch der Aufbau der Holzvermarktungsorganisation für kleine Privatwaldbesitzer und Kommunalwald sei vorangegangen.
Erreicht habe der hessische Waldbesitzerverband eine umfangreiche Förderung über die „Extremwetterrichtlinie Wald“. Die Mittel stammen aus Landes-, Bundes- und EU-Mitteln. „Das müssen wir anerkennen. Zwar ist die Bearbeitungsdauer der Anträge ein Ärgernis, doch angesichts der Masse an Anträgen müssen wir das hinnehmen“, dankte er dem HMUKLV und RP Darmstadt.
Wasserrückhalt, Holzbauquote, Förderung
Aktuelles aus dem Hessischen Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (HMUKLV), brachte Martin Küthe von der Obersten Forstbehörde mit nach Goddelsheim.
Für 2023 und die Folgejahre seien nach der „Richtlinie für die forstliche Förderung“ rund acht Millionen Euro bewilligt worden, vornehmlich für Waldumbau und Wegebau. In den vergangenen zehn Jahren seien inklusive der Extremwetterrichtlinie (2021) über elf Millionen Euro in den Landkreis Waldeck-Frankenberg geflossen, mehr als 45 Millionen seien hessenweit ausgezahlt worden. Aufgrund der vielen Anträge sei „eine Priorisierung in der Antragsbearbeitung festgelegt worden, bei der sichergestellt werden sollte, dass in finanzielle Notlage geratene private Forstbetriebe ihr Geld eher erhalten als kommunale Betriebe“, so Küthe. Aktuell gebe es einen Rückstau von 1511 Anträgen, davon 650 aus dem Jahr 2021. Insgesamt werde davon ausgegangen, dass fast 67 Millionen Euro ausgezahlt werden.
Beim Privatwald würden die Beförsterungskostenbeiträge auf rund 62 Euro pro Hektar und Jahr gedeckelt. Zum Waldzustandsbericht sagte er nur einen Satz: „Es gibt keinen Anlass, nicht mehr in Sorge um unseren Wald zu sein“.
Das Ministerium plane neben der „Holzbauoffensive Hessen“ zur Steigerung der Holzbauquote auch die Förderung von Wasserrückhalt im Wald. (md)
„Ein hilfreiches Hilfsmittel, mit dem wir die Wiederbewaldung angehen können, ist die Klimarisikokarte mit Standortanalyse und Anbauempfehlungen“, warb er um Beachtung. Über 20 Baumarten seien aktuell in der Prüfung. Weitere Themen waren die Novellierung des Bundeswaldgesetzes, illegaler digitaler Waldwegebau und illegale Waldwege durch den Busch, der zu hohem Verbiss führe: „Die Forstwirtschaft darf nicht darunter leiden, dass sich andere im Wald meinen ausleben zu müssen“. Grundsätzlich schloss er positiv: „Wir haben auf dem Markt viele Chancen, die wir jetzt richtig nutzen müssen.“
Auch Christian Raupach, Geschäftsführer des Hessischen Waldbesitzerverbandes, kritisierte die Nichteinhaltung des Vertragsnaturschutzes durch das Land Hessen vehement. „Ich kann nicht verstehen, wie die Regierung von Bürgern dieses Landes erwartet, dass sie Gesetze einhalten und Regeln befolgen, sich selbst aber über alles hinwegsetzt – das geht gar nicht.“ Ein klares Nein sagte er auch zur „Erneuerbaren Energierichtlinie der EU“. „Die wollen, dass die Nutzung von Kronenholz ab 2030 nicht mehr als nachhaltig gilt, das heißt, dass sie das Holz aus ihrem Wald nicht mehr zu Haus in ihrem Ofen verheizen dürfen“, so Raupach: „Die Politik sollte in dieser Zeit froh sein um jeden, der sich mit einem nachhaltigen Rohstoff, der vor der eigenen Tür wächst, seine Wohnung wärmen kann.“
Komplizierter werde die Forsteinrichtung. Seit einem Urteil des Oberverwaltungsgerichtes Bautzen seien alle, die Wald in FFH-Gebieten hätten, dazu verpflichtet, darauf zu achten, dass ihre forstwirtschaftlichen Maßnahmen nicht die Ziele der FFH-Gebiete gefährden. Es gebe Auflagen aus allen Richtungen – „es muss weniger Regeln geben“.
Widerstreitende Interessen
Zur „Holznutzung im Spannungsfeld zwischen stofflicher und thermischer Nutzung“ aus Sicht der Industrie referierte Martin Hillebrand von der Firma Egger Holzwerkstoffe in Brilon. Das Unternehmen mit 1200 Arbeitnehmern und dem größten Altholzkraftwerk in Deutschland produziert im eigenen Biomassekraftwerk die Energie für das Unternehmen und speise noch ein.
Hillebrand plädierte eindringlich für die Kaskadennutzung von Holz, vor allem vor dem Hintergrund, dass Holz sich weiter verknappen und der Preis hoch bleiben werde: „Wir verarbeiten Holz zunächst stofflich, dann erst thermisch. Wir bewegen uns im Verbrauch auf hohem Niveau, es wird knapp und knapper“. 2022 seien die Gefüge durch den russischen Krieg in der Ukraine völlig durcheinandergeraten. Aktuell gebe es sinkende Abfallmengen bei rund 30 Prozent steigender Nachfrage. Viele Politiker und Verbände würden für die Kaskadennutzung plädieren, „aber am Ende landet das meiste Holz doch in der Feuerung und in Kraftwerken“.
Für die holzverarbeitende Industrie sei das katastrophal. Es gebe viele Faktoren der Holzverknappung, darunter neben dem Krieg auch alternative Holznutzung wie Torfersatzprodukte, Biofuels und Dämmstoffplattenproduktion. Während sich die Waldbesitzer „über alternative Nutzung freuen, weil sie die Preise mindestens stabilisieren“ (Prinz Waldeck), sieht Hillebrand dadurch Nachteile für seinen Industriezweig: „Wo soll das alles herkommen? Das ist ein Verdrängungswettbewerb, die Begehrlichkeiten auch der Industrie sind hoch. Ohne Sinn und Verstand noch mehr Kapazitäten aufzubauen, führt zum Desaster“. Holz zu verfeuern sei in so einer Situation kritisch zu betrachten. „Holz als Wärmequelle wird uns in Deutschland nicht retten, das kann uns jetzt weicher fallen lassen, aber für die Zukunft muss uns Besseres einfallen.“
„Guter Waldumbau, damit Holzversorgung nicht in ein Dilemma führt“
Dagegen sprach sich Jörg van der Heide von der Abteilung Forstbetrieb und Dienstleistungen bei Hessen-Forst aus. „Die Konkurrenz energetisch-stofflich hat es früher schon gegeben, es wird jetzt nur brisant, weil der Rohstoff perspektivisch knapper wird. Ich bin froh um jeden privaten Brennholznutzer, denn das sind unsere Mitverbündeten für eine aktive Bewirtschaftung unserer Wälder und nicht für eine übertriebene Stilllegung und den Verzicht auf den genialsten Rohstoff, den wir haben“. Wichtig sei jetzt ein guter Waldumbau, „damit Holzversorgung nicht in ein Dilemma führt“. Ähnlich sah es Gräfin Droste (81) aus Padberg, sie warte ab, wie ihre Naturverjüngung gedeihe, stelle ihre Ölheizung auf Hackschnitzel um, und stelle Windräder auf ihre Kahlflächen, um später die Aufforstung finanzieren zu können. (Von Marianne Dämmer)