Baukultur auf 170 Seiten
Melsungen. Man baut nur einmal im Leben – was für die meisten privaten Häuslebauer gilt, stellt sich bei der B. Braun Melsungen AG etwas anders dar. Allein in den drei Jahren von 2008 bis 2011 steckt das Weltunternehmen 1,4 Milliarden Euro in Bauvorhaben auf dem ganzen Globus. Und doch gilt auch hier, und zwar immer wieder neu: Wenn die Architekten ihre Pläne ausrollen und bevor die ersten Baukolonnen anrücken, ist der Haushaltsvorstand ganz besonders stark gefordert.
Bei jedem Neubauprojekt nimmt Konzernchef Ludwig Georg Braun persönlich Anteil und Einfluss. Wenn es um Architektur gehe, dann sei er ganz in seinem Element, berichtete sein Vorstands-Vize Heinz-Walter Große in Frankfurt bei der Architekturpreis-Verleihung an Braun. Dieser fasse Baukultur als ein Teil der Unternehmenskultur auf, hieß es in der Laudatio.
Und wie sich das in den fertigen Gebäuden widerzuspiegeln habe, darüber hat das Unternehmen klare und festgeschriebene Vorstellungen entwickelt. Ein 170-seitiges Handbuch gibt Planern und Projektverantwortlichen auf der ganzen Welt Auskunft darüber, welche Eigenschaften ein Gebäude zu einem B. Braun-Domizil machen.
Das seien nicht nur Gestaltungsideen, sondern konkrete Vorgaben, stellt Konzernsprecherin Dr. Bernadette Tillmanns-Estorf klar: „Wir haben bei unseren Produkten eine hohe Wiedererkennbarkeit. Das muss sich auch darin niederschlagen, wie das Unternehmen baut.“
Dies heißt nun beileibe nicht, dass sich B. Braun-Bauten gleichen müssen wie ein Ei dem anderen. Die Planer werden vielmehr ermuntert, örtliche Baustile und -traditionen des jeweiligen Standorts aufzunehmen. Ob in Morschen oder Malaysia: Jedes neue Konzerngebäude soll immer auch eine Verbundenheit mit der umgebenden Region ausdrücken, sagt Tillmanns-Estorf.
Neben einer Fülle von technischen wie gestalterischen Eckdaten geht aus dem Handbuch vor allem auch hervor, wie B. Braun den Entstehungsweg solcher Großbauten, in denen mitunter viele Hundert Menschen arbeiten, als sozialen Prozess versteht. So werden Standards gesetzt für die Beteiligung der Mitarbeiter am Planungsprozess. Eine der vielen Fragen, die den Braunianern dabei gestellt werden: Was würde das geplante Bauwerk zum besten Arbeitsplatz dieser Region machen?
Definiert ist auch, nach welchen Kriterien Architekten und Ansiedlungsflächen ausgewählt werden und selbst, welche Rolle später die Kunst in den Gebäuden spielen soll.
Seit zwei Jahren baut B. Braun überall auf der Welt nach diesen selbst auferlegten Ansprüchen, die nun als vorbildhaft für Hessens Baukultur gewürdigt worden sind.
Von Axel Schwarz