Erna geht auf die Pirsch

Friedigerode. Es war Mord: Da ist sich Rentnerin Erna Freiberg sicher. Totsicher. Der feine Herr Stampfmeier aus dem Nachbarhaus hat seine Gattin und deren Liebhaber kaltblütig um die Ecke gebracht.
Mit dieser These stand die Hobbyschnüfflerin, die am Freitagabend auf der Bühne im DGH Friedigerode ermittelte, nicht allein da. Ein voll besetzter Saal unterstützte die versierte Detektivin nach Kräften. Beim Auftakt zu insgesamt vier Theaterabenden der Laienspielgruppe Freiererer Olwettskepp amüsierte sich das Publikum prächtig.
Kein Wunder, die Hobbyakteuren hatten für die Gäste gleich zwei heitere Stücke im Angebot. Dabei strapazierte der Zweiakter „Das Fenster zum Nachbar“ in erster Linie das Zwerchfell. Mit viel Situationskomik und im Friedigeröder Platt entrollten die Akteure ein amüsant-spannendes Versteckspiel.
Rentnerin Erna Freiberg kann es einfach nicht lassen. Tag und Nacht beobachtet die Dame mit dem Fernglas, was im Hause gegenüber vor sich geht. Gerade erst ist dort der neue, sehr verdächtig erscheinende Nachbar eingezogen. Und den gilt es zu kontrollieren. Keine bessere als Marlis Manz hätten sich die Olwettskepp für die Umsetzung der Rolle aussuchen können. In dicker Strumpfhose und bunter Kittelschürze mimte Manz die kuriose Erna Freiberg.
Beifall für den Einfältigen
Einfältigkeit gepaart mit debiler Mimik und linkischer Gestik ließ das Publikum in Beifallsstürme ausbrechen. Wie auf den Leib geschneidert mutete auch die Rolle von Ewald Manz an, der den Ehegatten Egon spielte. Er überzeugte mit staubtrockener Ironie. Von der Gangsterjagd anstecken lässt sich auch Nachbarin Liesel. Corinna Wickel hauchte der alten Dame in Perücke und Strickkostüm Leben ein. Ehemann Schorsch, dargestellt von Dirk Mehlstäubl, gab als kauziger, stets Bier trinkender Ehemann ein Stelldichein. Erna wähnt sich als nächstes Opfer des dubiosen Herrn Stampfmeier.
Als der klingelt, um ein Päckchen abzuholen, schließt die Hobbyschnüfflerin mit dem Leben ab. Peinlich nur, dass sich der Stampfmeier, gespielt von Holger Hehr, später als freundlicher Zeitgenosse entpuppt. „Ich gehe heute früh ins Bett“, verspricht Erna am Ende geläutert. „Und Schundblärrerchen werde ich auch nie mehr lesen.“
Von Sandra Rose