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Schule trägt jetzt Namen des ermordeten Walter Lübcke

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Von: Bea Ricken

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Freude, nachdem der Kreistag grünes Licht für die Schulumbenennung gegeben hatte: Schülersprecher Lukas Mühlbauer, Landrat Uwe Schmidt, stellvertretende Schulleiterin Katrin Bergmann und Johanna Böttger (von links). © Bea Ricken

Wolfhagen – Die größte Gesamtschule im Landkreis Kassel hat seit dieser Woche einen neuen Namen: Nach fast 70 Jahren wird aus der Wilhelm-Filchner-Schule die Walter-Lübcke-Schule.

 Der Kreistag hatte dieser Umbenennung jetzt zugestimmt. Namensgeber ist der im vergangenen Jahr ermordete Regierungspräsident Dr. Walter Lübcke aus Istha. Die Initiative war von den Schülern ausgegangen, die Schulleitung, Lehrer und Eltern für ihre Idee gewinnen konnten.

Hintergrund für den Wunsch war die etwas zweifelhafte Vergangenheit des Polarforschers und Wissenschaftlers Wilhelm Filchner, der 1952 nach einem Vortrag in Wolfhagen als Namensgeber gewählt worden war. „Es gibt Abschnitte im Leben Filchners, mit denen wir uns nicht identifizieren können und wollen“, sagt Lukas Mühlbauer von der Schülervertretung. Filchner sei Gründungsmitglied der Gesellschaft für Rassenhygiene gewesen und habe in der NS-Zeit Geld und Ehrungen entgegengenommen.

Außerdem fehlte den Schülern bei Filchner der regionale Bezug. „Wir wollten einen Namen und eine Person, die diesen lokalen Bezug erfüllt und Werte vermittelt, die auch die Schulgemeinde teilt.“ Und die haben sie in der Person des ermordeten Politikers gefunden. „Uns geht es um das Motto, nach dem er lebte und für das er einstand: Streiten für Demokratie“, erklärt Mühlbauer. Demokratische Werte sei das, was die Schüler in der Schule täglich leben wollten.

Schüler und Vertreter der Schulleitung machten sich am Montag auf den Weg zum Kreistag, wo die Kreistagsmitglieder geschlossen für den Wunsch der Wolfhager Schulgemeinde stimmten. Im Anschluss fand mit Rücksicht auf die Corona-Pandemie ein kleiner Festakt auf dem Schulgelände statt. Dabei wurden eine Säuleneiche gepflanzt und eine Tafel auf einem Stein enthüllt, die die Inschrift Walter-Lübcke-Schule trägt. Die Familie des verstorbenen Walter Lübcke hatte von Anfang an die Idee der Schüler unterstützt. Deshalb waren auch die Witwe Irmgard Braun-Lübcke mit den Söhnen Jan-Hendrik und Christoph Lübcke zur Aktion gekommen. 

Vorstöße, sich von dem Namen Wilhelm Filchner zu trennen, hatte es schon 2010 vonseiten der Lehrer gegeben und 2016 waren es schon einmal Schüler, die für eine Umbenennung gekämpft hatten. Seinerzeit hatte es an einer Mehrheit, als auch an einem passenden Namensgeber gehapert. Am 2. Juni 2019 war der ehemalige Regierungspräsident Dr. Walter Lübcke ermordet worden. Dem mutmaßlichen Täter mit rechter Gesinnung wird derzeit der Prozess gemacht. „Gerade in der heutigen Zeit wollten wir ein Zeichen gegen Hass und rechte Gewalt setzen“, nennt Schulsprecherin Johanna Böttger die Beweggründe der Schüler. „Das Motto, für das Lübcke stand, Streiten für Demokratie und die Werte, die er vertrat, sind jene Werte, die auch an unserer Schule täglich gelebt und gelehrt werden. Wegen dieser Werte und dem regionalen Bezug ist Walter Lübcke ein Namenspatron, mit dem wir Schüler uns super identifizieren können.“ Für diesen Vorschlag gab es seinerzeit in der Schulkonferenz, dem höchsten Entscheidungsgremium der Schulgemeinde mit 1400 Schülern und 120 Lehrern, eine große Mehrheit. „Ich bin sehr gerührt von der Initiative der Schüler“, sagte Irmgard Braun-Lübcke, die Witwe Walter Lübcke, während der kleinen Feierstunde auf dem Wolfhager Schulgelände. Ihre Söhne Christoph und Jan-Hendrik waren ebenfalls zu der Zeremonie anlässlich des Namenswechsels gekommen. Gemeinsam pflanzten sie eine Eiche. Ausdrücklich lobten sie den Einsatz der Schüler und boten an, ihnen als Gesprächspartner etwa in Projektwochen zur Verfügung zu stehen. Mit Volldampf ist die Walter-Lübcke-Schule derzeit dabei, den Namen einzusetzen. Der neue Wegweiser steht schon. Die stellvertretende Schulleiterin Katrin Bergmann geht davon aus, dass am 1. August alles über die Bühne und der alte Name Wilhelm Filchner überall ersetzt sein wird. Wenn es die Corona-Pandemie zulässt, soll die Schulumbenennung noch mit einem offiziellen Festakt gefeiert werden. Die Schule will dazu nicht nur den Landkreis und das Schulamt, sondern auch Ministerpräsidenten Volker Bouffier persönlich einladen. „Flankierend planen wir eine Projektwoche mit den Schülern, bei der es um den alten und neuen Namensgeber sowie die Zusammenhänge der Umbenennung geben wird“, so Bergmann.

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