Konzept umfasst 100 Projekte
Die Gemeinde Gilserberg ist seit 2018 im Dorfentwicklungsprogramm. Kern des ganzen Prozesses ist ein sogenanntes integriertes kommunales Entwicklungskonzept, kurz Ikek. Die Gilserberger haben darin über 100 Projekte aufgelistet, die umgesetzt werden sollen. Zusätzlich zu den kommunalen Projekten werden durch das Dorfentwicklungsprogramm auch noch private Vorhaben gefördert. Finanziell sind das aber zwei unterschiedliche Töpfe. (mha)
Dazu verweist der Verwaltungschef unter anderem auf eine auch der HNA vorliegende Präsentation der Wirtschafts- und Infrastrukturbank Hessen von Anfang 2019. Daraus geht hervor, dass es keine Begrenzung gab. In einem Protokoll von 31. Oktober 2019 findet sich außerdem der Satz [...] einen festen Investitionsrahmen gibt es nicht mehr [...]. Demgegenüber steht die Aussage des Landes, dass der durchschnittliche Betrag pro Kommune im Dorfentwicklungsprogramm bereits seit Jahren bei rund 1,5 Millionen für kommunale Vorhaben liege. Man habe das den Ikek-Kommunen mit einem Schreiben im September nur noch einmal ins Gedächtnis gerufen, so eine Sprecherin.
Die Zuständigkeit für die Dorfentwicklung liegt laut Land beim Kreis. Die von der Gemeindevertretung Gilserberg beschlossenen Vorhaben seien von den Förderstellen abgenommen worden, teilte ein Kreissprecher auf Anfrage mit: „Die Kommune war sich dessen bewusst, dass ihr Investitionsprogramm für die kommenden Jahre sehr ambitioniert war.“ Vor dem Hintergrund des von Wiesbaden nun angekündigten Deckels recherchiere man nach alternativen Fördermöglichkeiten.
Der Ärger und die Enttäuschung in Moischeid sind groß. Die ursprünglich für dieses Jahr geplante grundhafte Sanierung des Schwimmbads wurde verschoben. Grund dafür ist das aktuell in Gilserberg laufende Ikek-Dorfentwicklungsprogramm, von dem auch Moischeid profitieren sollte. Doch daraus wird jetzt wohl erst mal nichts, denn die grundlegenden Rahmenbedingungen haben sich geändert.
Bislang hatte die Gemeinde mit Projekten in einer Höhe von gut 9 Millionen Euro geplant. Bei bis zu 90 Prozent Förderung durch das Land Hessen eine einmalige Chance. Doch der Traum vom Modernisierungsschub im Hochland scheint zu platzen.
Auf einer Sitzung habe er quasi im Nebensatz erfahren, dass für Gilserberg für kommunale Projekte jetzt nur noch 1,5 Millionen Euro zur Verfügung stehen würden, so der Moischeider Ortsvorsteher Andreas Pomorin verärgert. Dabei sei auch darüber informiert worden, dass es mit dem Schwimmbad wohl nichts wird. Eine Hiobsbotschaft kam nach der nächsten. Dass der Deckel bei 1,5 Millionen Euro liege, habe man ihm auf telefonische Nachfrage auch in Wiesbaden bestätigt: „Die haben mir gesagt, dass das schon immer so gewesen sei. Davon war in den ganzen Ikek-Sitzungen bislang mit keiner Silbe die Rede.“ Auch die Wirtschafts- und Infrastrukturbank Hessen, besser bekannt als WI-Bank, habe nie von einer 1,5-Millionen-Euro-Grenze gesprochen, ist sich der Ortsvorsteher sicher.
Die Gemeinde Gilserberg ist seit 2018 in dem Ikek-Dorfentwicklungsprogramm. Die Abkürzung steht für Integriertes Kommunales Entwicklungskonzept. Früher sprach man von Dorferneuerung. Ziel des Programms sei es, dass eine Kommune eine Strategie für eine zukunftsfähige Entwicklung erarbeite, heißt es in einer Broschüre beim Hessisches Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz. Dabei setzen die Verantwortlichen im großen Maße auf das Engagement der Bürger. Am Ende steht ein Konzept, dass Basis für geförderte Investitionen ist. In Gilserberg standen zum Beispiel die Hochlandhalle, die Dorfgemeinschaftshäuser und auch die Schwimmbäder in Moischeid und Lischeid ganz oben auf der Prioritätenliste.
Allein für das Moischeider Schwimmbad seien aus dem Ikek-Topf 700 000 Euro vorgesehen gewesen, weiß der Ortsvorsteher und berichtet, dass in seinem Ort unter anderem auch noch die behindertengerechte Sanierung des DGH und ein Spielplatz auf der Liste gestanden hätten, beziehungsweise noch immer stehen.
Seit Beginn der Dorfentwicklung habe man sich allein für das Schwimmbad wohl fünfzehn Mal getroffen, um Pläne zu erarbeiten, sagt Pomorin: „Und dazu kamen ja auch noch die ganzen offiziellen Ikek-Termine. Und was ist jetzt – außer Schubladen mit Papier zu füllen haben wir nichts gemacht.“ In Moischeid hatten sich gut 20 Bürger regelmäßig für die Dorfentwicklung engagiert. Die Erwartungen waren entsprechend groß, insbesondere was das überwiegend ehrenamtlich betriebene Schwimmbad anging. Eigentlich hätten die Sanierungsarbeiten – vieles in Eigenleistung – nach dieser Badesaison starten sollen, sagt Eva Knabe vom Ortsbeirat.
Über den von den Ikek-Verantwortlichen gesetzten Anspruch, die Bürger bei allen Prozessen einbinden zu wollen, können die Moischeider nur bitter lachen. Das Ehrenamt sei mit Füßen getreten worden, ärgern sich Knabe und Pomorin.
Aufgeben möchte das Dorf aber nicht. Das Schwimmbad liegt den Menschen am Herzen. „Wir werden versuchen das Bad im nächsten Jahr wieder zu eröffnen“, sagt der Ortsvorsteher. Auch das Thema Sanierung sei für den Ort noch nicht komplett abgehakt, so Andreas Pomorin. Ikek laufe schließlich noch drei Jahre. „Wir sind ja eigentlich soweit.“ (Matthias Haaß)
Beim Hessischen Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz kann man die Aufregung im Gilserberger Hochland offenbar nicht nachvollziehen. Auf Anfrage teilte die Pressestelle mit, dass der durchschnittliche Betrag pro Kommune im Dorfentwicklungsprogramm bereits seit vielen Jahren bei rund 1,5 Millionen für kommunale Vorhaben liegen würde.
Das habe man den Kommunen bei der Information über die neuen Förderrichtlinien lediglich noch einmal ins Gedächtnis gerufen, heißt es aus Wiesbaden.
Dementsprechend sei der Betrag auch nicht überraschend reduziert worden. In diesem Zusammenhang sei von Bedeutung, dass die Kommunen in der Dorfentwicklung im Rahmen ihrer Ikek-Erstellung Projekte zusammentragen, die sie gerne umsetzen würden. „Dies kann natürlich die zur Verfügung stehenden Mittel überschreiten, sodass vor Ort zu entscheiden ist, wie Prioritäten gesetzt werden und welche der Projekte über Dorfentwicklungsmittel gefördert werden sollen“, erklärt eine Sprecherin.
Warum es bei Gilserberg in der Frage der Fördermittelhöhe offenbar ein Kommunikationsproblem gebe, könne man nicht sagen, heißt es aus dem Umweltministerium. Absprachen erfolgen zwischen den Landkreisen und den Kommunen. „Dort ist die Mittelausstattung des Förderprogrammes seit jeher bekannt“, so die Sprecherin.
Die Billigung beziehungsweise Annahme des Ikek ist keine Förderzusage für die aufgeführten Maßnahmen. Anerkennung bedeute letztendlich, dass das Ikek die formalen Voraussetzungen für eine Förderung im Rahmen der Dorfentwicklung erfülle und dass somit der eigentliche Förderzeitraum beginnen kann, so das Ministerium.
Prinzipiell liege die Prozessbegleitung, von der Beratung der Kommunen zur Bewerbung bis hin zur operativen Abwicklung während der kompletten Förderphase bei den Landkreisen, betont die Sprecherin: „Diese Zuständigkeit geht auf das sogenannte Kommunalisierungsgesetz aus 2005 zurück.“ (mha)