In Melsungen, so berichtet die Polizei, rutschten gleich zwei Autos in dasselbe geparkte Auto. So etwas habe er in seiner Dienstzeit noch nicht erlebt, sagte der Beamte. Erstaunlich war auch, dass die Polizei zwar informiert wurde, aber nicht zu Unfallaufnahmen ausrücken musste: Die Unfallbeteiligten kannten sich oder die Sachlage war eindeutig.
Ein Autofahrer rutschte in den Graben – auf einer Straße zwischen Dagobertshausen und Beiseförth, die eigentlich für den Verkehr gesperrt ist, also nicht gestreut worden war. Die Räum- und Streudienste sowie die Rettungsdienste konnten aber allesamt ihre Ziele erreichen, berichtet die Polizei. Das bestätigt Sergej Jenner von der DRK-Rettungswache in Melsungen.
Die Hauptverkehrsstraßen seien gut befahrbar gewesen. Auch auf den Wegen zu Einsätzen habe es kaum Probleme gegeben. Bei Patienten hätten die Rettungskräfte schon mal improvisieren müssen. „Wir haben uns Streumittel geliehen und die Wege gestreut, um bei der Rettung nicht auszurutschen.“ Insbesondere die Bürgersteige seien teilweise sehr glatt gewesen, sagt Jenner.
Gefährlich bei Einsätzen seien vereiste Gefällstrecken und viel Schnee. Für solche Fälle sei ein Rettungsfahrzeug mit Schneeketten ausgerüstet, das habe man aber nicht gebraucht. Ein Passant sei wegen des Glatteises gestürzt, zu weiteren Unfällen mussten die Rettungskräfte bis zum Mittag allerdings nicht ausrücken.
Die Straßenmeistereien Gudensberg, Borken, Melsungen und Schwalmstadt waren seit Montag, 2 Uhr im Dauereinsatz, Bundes-, Landes-, und Kreisstraßen waren daher schon früh befahrbar. Je Straßenmeisterei sind laut Hessen Mobil vier bis sechs Fahrzeuge unterwegs.
Spiegelglatte Gehwege und Straßen sind am Montag das bestimmende Thema gewesen. Wir haben bei Institutionen und Betrieben nachgefragt, welche Einschränkungen es durch die Witterungen gab und wie damit umgegangen wurde.
Viele Schulen im Kreisteil haben sich bereits am Wochenende entschieden, am Montag keinen Präsenzunterricht zu machen. Dazu gehört unter anderem die Burgsitzschule, die lediglich eine Notbetreuung für Grundschüler angeboten hat. „Ich habe mit mehreren Schuleitern des Bezirks und dem Elternbeirat gesprochen und entschieden, die Schüler zu Hause zu lassen“, sagt Schulleiterin Sieglinde Strieder. Das sei über die Internseite der Schule und die Eltern mitgeteilt worden. Strieder kritisiert, dass das Schulamt und der Landkreis als Schulträger keine Empfehlung gegeben hätten.
Erst am Montagmorgen hat sich die Leitung der Integrierten Gesamtschule Guxhagen (IGS) für eine Absage des Präsenzunterrichts entschieden. Das kritisieren einige Eltern, unter anderem Susanne Scheerer-Maaß, deren Tochter in die 8b geht. „Auf der Hompage sind die Schüler noch bis Montagmorgen in die Schule bestellt worden“, sagt sie. Erst um 7.14 Uhr sei sie per SMS vom Elternbeirat über den Ausfall informiert worden. „Die Schule beginnt aber schon um 7.45 Uhr und der Schulbus von Dörnhagen fährt bereits um 7.20 Uhr, andernorts vermutlich noch früher.“
Daher hätten sich wohl viele Kinder auf spiegelglatten Wegen und Straßen auf den Weg zur IGS gemacht. „Ich kann mich nur entschuldigen“, sagt Schulleiter Jürgen Werner. „Als wir uns am Sonntag in der Schulleitung beraten haben, klangen die Vorhersagen noch nicht so schlimm.“ In einem ähnlichen Fall habe er sich für die Absage des Präsenzunterrichts entschieden, sei dafür aber von Eltern kritisiert worden, daher sei die Entscheidung diesmal anders gefallen. Denn: „Eltern haben einen Anspruch darauf, dass die Schule stattfindet.“ Auch Werner kritisiert Schulamt und Landkreis wegen einer fehlenden Empfehlung.
Auf das Glatteis hatte sich die Felsberger Feuerwehr am Wochenende schon vorbereitet. „Wir haben die Schneeketten bereits am Sonntag auf die Fahrzeuge aufgezogen“, sagt Stadtbrandinspektor Klaus Siemon. Das sei sowohl bei der Feuerwehr der Kernstadt als auch bei allen größeren Fahrzeugen in den Stadtteilen erledigt worden. Passiert ist in Felsberg bis zum frühen Montagmittag laut Siemon nichts.
Auch in Spangenberg war man vorbereitet. Nach den Warnungen des Deutschen Wetterdienstes hat man auch dort auf die Fahrzeuge Schneeketten aufgezogen, berichtet Stadtbrandinspektor Christian Pfaffenbach. „Die Ketten machen es einfacher, aber trotz allem muss man mit Bedacht und Vorsicht fahren.“ Bis Montagmittag mussten die Spangenberger Wehren nicht ausrücken.
Der mobile Pflegedienst Pflege im Haus konnte trotz der Wetterbedingungen viele Termine wahrnehmen. „Die Dienstfahrten funktionierten ganz gut“, berichtet Marion Viereck, Leiterin des ambulanten Pflegedienstes.
„Nicht die Fahrt zum Patienten war herausfordernd, sondern der Weg vom Fahrzeug zum Patienten“, sagt Viereck. Der Regen vereiste Gehsteige und Hauszugänge massiv. Die Pfleger wurden somit vor die Herausforderung gestellt, die Patienten unfallfrei an die Fahrzeuge zu bringen. Hierbei kam es zu keinen Unfällen. Lediglich einige Termine wurden auf Patientenwunsch abgesagt.
Bei B. Braun in Melsungen erlaubt es eine Betriebsvereinbarung den Büromitarbeitern, in Absprache mit ihren Vorgesetzten, bis zu drei Tage pro Woche im Homeoffice zu arbeiten. Diese Flexibilität ermöglicht es ihnen, bei schwierigen Witterungsbedingungen nicht ins Büro fahren zu müssen, heißt es aus der Pressestelle des Melsunger Medizintechnikherstellers und größtem Arbeitgebers in der Region.
Die Produktions- und Logistikmitarbeiter müssten natürlich vor Ort sein, in den Melsunger Produktionsbetrieben waren die Abläufe am Montag aber ganz normal – es gab keine witterungsbedingten Schwierigkeiten.
Das Glatteis kam für die Deutsche Post und die DHL-Zusteller zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt, sagt DHL-Pressesprecher Thomas Kutsch. Die Woche vor Weihnachten sei die Zeit mit der meisten Auslastung für alle Mitarbeiter. Dennoch gilt laut Kutsch: „Die Gesundheit der Mitarbeiter geht vor, das ist oberstes Gebot.“ Alles, was am Montag liegen geblieben sei, müsse in den kommenden Tagen nachgearbeitet werden. Wie viele Lieferungen das genau betrifft, könne besonders im Weihnachtsbetrieb nicht bemessen werden.
Der Regen und die Kälte machten es den HNA-Zustellern teilweise unmöglich, in den Morgenstunden auszuliefern. „Montagmorgen gab es jede Menge Einschränkungen bei der Zustellung. Ein Zusteller ist sogar gestürzt“, sagt Thomas May, Vertriebsleiter in Melsungen.
Viele Touren mussten abgebrochen werden, weil der Regen Bürgersteige und Gehwege in spiegelglatte Flächen verwandelte. „Gesundheit geht in jedem Fall vor“, sagt May. „Die Zusteller konnten eigenverantwortlich entscheiden, wie und wann sie die Tour abbrechen.“ Aufgrund der schwachen Mitarbeiterbesetzung sei es nicht tragbar, dass jemand durch einen Unfall ausfällt. Sobald die Wege wieder sicher begehbar waren, konnten die Zusteller ihre Touren fortsetzen.
Die klirrende Kälte der vergangenen Tage hatte vor dem Einsetzen des Regens in der Nacht zum Montag die Landschaft verzaubert. Die Teiche und Seen im Melsunger Land sind noch mit einer Eisschicht überzogen. Aber: Schilder warnen vor dem Betreten der Eisflächen. Das Eis ist viel zu dünn, um es betreten zu können – auch dort, wo keine Schilder stehen. Es besteht akute Lebensgefahr. Davor warnt auch Felsbergs Bürgermeister Volker Steinmetz. „Genießen Sie die Natur von den Wegen aus und gehen Sie keinesfalls auf das Eis, das ist lebensgefährlich“, lautet sein Appell an alle, die sich in der Natur bewegen.
Im Edertal sanken die Temperaturen in den vergangenen Tagen auf bis zu minus zwölf Grad ab, stiegen im Laufe der Tage aber auch bis knapp unter den Gefrierpunkt. Am Montagmorgen stieg das Thermometer auf über null Grad an In der Nacht zum Sonntag waren es im Edertal minus elf Grad.