Acht Minuten lang bei 50 Millionen Grad: Nächster Schritt in Richtung Kernfusions-Kraftwerk
Kernfusion könnte ein Weg aus der Klima-Krise sein. In einem Versuchsreaktor in Greifswald wurde vor Kurzem ein Test mit einem 50 Millionen Grad heißen Plasma durchgeführt.
Greifswald - Faszinierende Kernfusion - die saubere, unbegrenzte Energie der Zukunft? In Greifswald kam es vor Kurzem zu einem Durchbruch: Dort wurde es acht Minuten lang dreimal so heiß wie im Inneren der Sonne. Forscher haben in der Plasmakammer des Fusionsreaktors Wendelstein 7-X des Max-Planck-Instituts für Plasmaphysik in Greifswald in Mecklenburg-Vorpommern ein leichtes Wasserstoffplasma erzeugt. Über acht Minuten lang wurde es auf 50 Millionen Grad gehalten. Zum Vergleich: Das Innere unserer Sonne ist „nur“ 15 Millionen Grad heiß. Der Energieumsatz von 1,3 Gigajoule bedeutete einen neuen Bestwert für die Entladungszeit bei Wendelstein 7-X.
Kernfusion: „Wir tasten uns jetzt an immer höhere Energiewerte heran“
„Wir tasten uns jetzt an immer höhere Energiewerte heran“, erklärte Professor Dr. Thomas Klinger, Leiter des Bereichs Stellarator-Dynamik und -Transport. „Dabei müssen wir Schritt für Schritt vorangehen, um die Anlage nicht zu überlasten und zu beschädigen.“
Die Voraussetzung für solch gigantische Temperaturen ist, dass das Teilchen nichts berührt, weil es sonst schlagartig abkühlen würde. Die Lösung: Es muss innerhalb eines Magnetfelds schweben. 50 supraleitende Magnetspulen erzeugen einen Magnetkäfig, eine sogenannte Stellarator-Anlage in Form eines verdrillten Ringes. Die Innenwände der Plasmakammer wurden zudem in Umbauarbeiten in den letzten drei Jahren mit einem Hitzeschutz verkleidet. Keine andere Fusionsforschungsanlage weltweit verfügt laut der Uni über eine so umfassend gekühlte Wand. Mit 657 Wasserkühlkreisen ist es möglich, bis zu zehn Megawatt pro Quadratmeter aus der Kammer abzuführen. Die Entladung dauerte über 480 Sekunden an – auch das ist ein neuer Bestwert für Wendelstein 7-X. Vor dem Umbau erreichte Wendelstein 7-X maximale Plasmazeiten von 100 Sekunden bei deutlich geringerer Heizleistung.
Kernfusion: 100 Millionen Grad sind nötig
Der Testlauf mit 50 Millionen Grad wird wohl nicht das Ende sein: Um später Energie durch Kernfusion zu gewinnen, soll Wasserstoffplasma sogar auf 100 Millionen Grad erhitzt werden. Dies gelingt mit starken Magnetfeldern, einer Mikrowellen- und einer Ionenheizung. Neutralteilchen werden auf das erzeugte Plasma geschossen.

Das Plasma wurde im jüngsten Test kontinuierlich mit 2,7 Megawatt beschossen, die Energie konnte abgeführt werden, ohne die Anlage zu beschädigen. Als nächsten Test planen die Wissenschaftler, das Plasma über 30 Minuten lang auf 100 Millionen Grad zu halten, bei einem Energieumsatz von 18 Gigajoule. Dies könnte ein weiterer Schritt sein, um Kernfusion als echte, dauerhafte Energiequelle zu nutzen. Dafür müsste dann eine Großanlage gebaut werden. Ultimativ ist das Ziel der Fusionsforschung ein klima- und umwelfreundliches Kraftwerk zu entwickeln. Aus der Verschmelzung von Atomkernen soll Energie gewonnen werden. Das Fusionsfeuer zündet aber erst bei über 100 Millionen Grad. (cgsc)
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