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Aigner: Antibiotika-Einsatz in Tierhaltung stark begrenzen

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Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU). © AP

München - Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner will den Antibiotika-Einsatz in der Tierhaltung stark beschränken. Stattdessen setzt Aigner auf ein Programm, mit dem die Entwicklung von Keimen gebremst werden soll.

Die CSU-Politikerin legte am Dienstag ein Maßnahmepaket mit dem Ziel vor, die Entwicklung resistenter Krankheitskeime zu vermeiden, die auch Menschen schädigen könnten. Für die Grünen ist das Paket Flickschusterei, für die BUND-Umweltschützer hat es zu viele Schlupflöcher.

Ende 2011 hatten Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen Studien vorgelegt, die auf massenhaften Einsatz von Antibiotika in der Intensivtierhaltung hindeuten. Bereits heute ist der Einsatz dieser Medikamente als Prophylaxe und zur Leistungssteigerung verboten. Weil sich trotzdem immer mehr Resistenzen ausbilden, sieht das Bundeslandwirtschaftsministerium Handlungsbedarf.

Aigner schickte jetzt einen Entwurf zur Änderung des Arzneimittelgesetzes an die Länder und Verbände. Im März will das Kabinett darüber beraten, im Herbst könnte das Gesetz in Kraft treten. Die Novelle sieht sechs konkrete Maßnahmen vor.

Tierärzte müssen mehr Auskünfte geben

Damit sie den Missbrauch auch entdecken können, wird den Überwachungsbehörden der Länder ein erweiterter Zugriff auf die abgegebenen Antibiotika-Mengen ermöglicht. Tierärzte müssen künftig auf Ersuchen der Behörden mitteilen, welches Mittel sie wo, wie lange und gegen welche Krankheit eingesetzt haben.

Antibiotika, die sowohl zur Behandlung von Menschen als auch von bestimmten Tieren zugelassen sind, dürfen in Zukunft nur noch unter besonderen Voraussetzungen bei anderen Nutztieren eingesetzt werden. Geplant ist eine drastische Einschränkung, aber kein generelles Verbot dieser „Umwidmung“. Denn beispielsweise für Ziegen und Schafe lassen die Hersteller aus Kostengründen nur wenige Medikamente zu.

Vor einer Umwidmung oder bei einer längerfristigen Antibiotika-Behandlung muss im Labor bestimmt werden, welcher Erreger vorliegt und auf welche Behandlung er reagiert. Darüber hinaus wird untersagt, dass Tierärzte Mittel gegen Krankheiten einsetzen, für die sie nicht zugelassen sind. Und wenn beispielsweise Lebensmittelkontrolleure den Verdacht haben, dass gegen arzneimittelrechtliche Vorschriften verstoßen wird, müssen sie dies künftig melden, auch wenn sie nicht dafür zuständig sind.

Sonnleitner betont Verantwortungsbewusstsein der Bauern

Bauernpräsident Gerd Sonnleitner sagte, bei Krankheiten sei der Einsatz von Antibiotika „aus ethischen Gründen“ notwendig: „Alles andere wäre Tierquälerei.“ Insgesamt sei die eingesetzte Menge rückläufig. „Das zeigt unsere Verantwortung“, sagte Sonnleitner in München.

Die Vizechefin der Grünen im Bundestag, Bärbel Höhn, kritisierte, die Bundesregierung laufe mit ihrem Vorgehen den Entwicklungen bei der Antibiotika-Vergabe ständig hinterher. „Doch nur, wenn sie mit ihren Maßnahmen das System der Massentierhaltung verlässt, wird sie den massiven Einsatz von Antibiotika wirksam bekämpfen können.“

Dem Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), der am Vortag den Fund von resistenten Keimen auf zehn von 20 Hähnchenfleischproben öffentlich gemacht hatte, gehen Aigners Maßnahmen nicht weit genug. Beispielsweise versäume es Aigner, die Anreize für Tierärzte zu beseitigen, am Verkauf möglichst vieler Antibiotika und an Mengenrabatten verdienen zu wollen.

dapd

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