Sogar Merz und Söder uneins? Nächstes Bundesland fordert Corona-Lockerungen - Scholz-Sprecher reagiert

Lockern? Das steht in der bundespolitischen Corona-Debatte auf einmal wieder auf der Agenda. Doch die Lage ist komplex - samt Uneinigkeit quer durch Parteien und Koalitionen.
Berlin/München - Es ist die Frage, die nun doch wieder ganz Deutschland beschäftigen könnte: Kommen schon bald Lockerungen bei den Corona-Maßnahmen? Beim letzten Gipfel hatte Kanzler Olaf Scholz (SPD)* auf das viel zitierte „Weiter so“ gesetzt - doch spätestens seit dem Wochenende kommt neuer Druck auf.
Die Lage ist gleichwohl alles andere als klar. Nicht nur mit Blick auf die Unwägbarkeiten in der Omikron-Welle*. Sondern auch politisch. Die Konfliktlinien verlaufen offenbar teils quer zu die Parteizugehörigkeiten. So will CSU-Chef Markus Söder „Freiheiten zurückgeben“, wie er in der ARD klarstellte*. Am Montag zog das SPD-regierte Bremen nach. Vom neuen CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz kamen hingegen andere Signale. Und auch Scholz ließ eine abwartende Reaktion verlautbaren.
Corona-Lockerungen beim nächsten Gipfel? Scholz-Sprecher bremst - Merz mahnt trotz Söder-Vorstoß
Eine klare Absage gab es aus der Bundesregierung am Montag (31. Januar) zwar nicht - aber einen klaren Dämpfer. „In dem Moment, wo wir das Gefühl haben, verantwortlich lockern zu können, wird diese Bundesregierung, werden alle Landesregierungen genau diesen Schritt gehen“, versicherte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Montag in Berlin. Im Augenblick sei es aber „noch ein bisschen verfrüht“, schon diesen Schritt zu machen. Der Höhepunkt der Welle sei noch nicht erreicht: „Und insofern würde ich im Augenblick davor warnen, zu frühzeitig zu glauben, es ist schon vorbei“.
Merz wiederum rief bei der offiziellen Verkündung des Briefwahl-Ergebnisses zur Kür der CDU-Spitze zu Geduld auf - ohne Söder komplett in die Parade zu fahren. „Für Lockerungen ist es aus meiner Sicht heute am Tag zu früh. Aber das kann in zwei bis drei Wochen schon anders sein“, sagte Merz. Zugleich bremste er teils just bei den von Söder angesprochenen Lockerungs-Feldern. Nötig seien noch „ein wenig Einschränkungen auch in den persönlichen Kontakten“ und auch in den Großveranstaltungen. Die beiden Unions-Spitzen hatten zuletzt demonstrativ den Schulterschluss geübt*.
Merz betonte nach Gesprächen mit Fußballvertretern, die gerne wieder Zuschauerinnen und Zuschauer in den Stadien sehen würden: „Sukzessive ja. Über Nacht mit einem ‚Freedom Day‘ nein.“ Dafür sei die Zeit noch nicht reif.
„Omikron-Wand“ in Deutschland: Söder beruft sich auf Drosten - SPD-Landeschef zieht nach
Söder hatte am Sonntag erklärt, nötig sei immer eine Abwägung zwischen Sicherheit und Freiheit. Zu suchen sei nun aber „eine Tür in der Omikron-Wand“, die mehr Freiheit erlaube. Er verwies auf Aussagen des Virologen Christian Drosten, der Omikron unter anderem als einen möglichen Ausweg in eine „Endemie“, dargestellt hatte. Allerdings hat der Wissenschaftler der Berliner Charité zuletzt auch Mahnungen parat. Der CSU-Chef dachte in der Sendung „Bericht aus Berlin“ laut über Erleichterungen in Gastronomie, Kultur, aber auch bei Großveranstaltungen nach. Er fasste den Corona-Gipfel als Startpunkt für Beschlüsse ins Auge.
Es müsse „über bestimmte Öffnungen“ nachgedacht werden, sagte auch Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) tags darauf. Das gelte insbesondere, wenn die Lage auf den Intensivstationen stabil bleibe, erklärte er im Deutschlandfunk. Auch Bovenschulte sagte, es solle etwa darüber gesprochen werden, „was in Fußballstadien passiert“. Als weiteren möglichen Bereich für Lockerungen nannte er den Einzelhandel - auch angesichts mancherorts von Gerichten gekippter 2G-Regelungen im Handel*.
Corona in Deutschland: Ampel bei Lockerungen uneins? Lindner nimmt auch Handel ins Visier
Und auch in der Ampel-Regierung scheint die Entscheidungsfindung noch sehr offen. Offensiver als Scholz-Sprecher Hebestreit äußerte sich etwa FDP-Chef und Finanzminister Christian Lindner. Er stelle sich „persönlich die Frage, ob wir wirklich auf Dauer die sehr scharfen Zutrittsbeschränkungen im Handel brauchen“, sagte er dem TV-Sender Welt. Durch diese entstehe „ein wirtschaftlicher Schaden“ und es müsse „immer gefragt werden, ob der Schaden in einem richtigen Verhältnis steht zum zusätzlichen gesundheitlichen Nutzen“. Die sonstigen Corona-Regeln wollte Lindner nicht in Frage stellen.
Knackpunkt könnte nun tatsächlich der nächste Corona-Gipfel mit Bund und Ländern werden. Bei der nächsten Bund-Länder-Runde zu Corona am 16. Februar solle besprochen werden, „unter welchen Bedingungen, mit welchen Zwischenschritten kann das Land wie wieder hochgefahren werden“, sagte Lindner. Die Debatte knüpft damit auch einem eher vagen Versprechen der vorausgegangenen Ministerpräsidenten-Konferenz an. Am 24. Januar hatten Ministerpräsidenten und Kanzler beschlossen, dass sie „Öffnungsperspektiven entwickeln für den Moment, zu dem eine Überlastung des Gesundheitssystems ausgeschlossen werden kann“. Ein konkreter Zeitplan war damit nicht verbunden. (dpa/AFP/fn) *Merkur.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.