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Flüchtlingskrise: Andrang an der Grenze bleibt hoch

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Flüchtlinge
Flüchtlinge warten bei Simbach am Inn an der österreichisch-deutschen Grenze auf der Innbrücke. © dpa

München - In der Ägäis sind erneut mehrere Boote mit Flüchtlingen gekentert. Der Zustrom von Flüchtlingen an den Grenzübergängen im Raum Passau ist unverändert hoch. Alle Informationen zur Flüchtlingskrise im Ticker.

Hier geht's zu den aktuellen Ereignissen und Entwicklungen in der Flüchtlingskrise!

+++ Der frühere tschechische Außenminister Karel Schwarzenberg hat die negative Einstellung seiner Landsleute zu Flüchtlingen heftig kritisiert. In Tschechien herrsche eine „Hysterie vor Flüchtlingen“, sagte er am Freitag in Prag auf einer Konferenz über Globalisierung. Dies sei aber nichts anderes als ein Ausdruck tschechischer „Minderwertigkeitsgefühle“. Die öffentliche Diskussion über Migration werde in Tschechien ganz anders geführt als in Deutschland oder der Schweiz. Er schäme sich geradezu dafür, „wie hinterwäldlerisch wir hier leben“.

+++ Der Flüchtlingsandrang über Kufstein nimmt zu. Die Bundespolizei in Rosenheim berichtete von einem deutlichen Anstieg. Allein am Samstag hätten sich am Bahnhof in Kufstein etwa 400 bis 450 Flüchtlinge gesammelt, sagte ein Sprecher. Wegen des Andrangs sei der Zugverkehr zwischen Kufstein und Rosenheim am Abend vorerst gestoppt worden. Wann die Züge wieder fahren, sei noch nicht abzusehen.

+++ Der frühere Bundessozialminister Norbert Blüm (CDU) hat die Union aufgefordert, die Asylpolitik von Kanzlerin Angela Merkel zu unterstützen. Die Haltung Merkels in der Flüchtlingsfrage sei richtig, betonte Blüm in einem Gastbeitrag für die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“: „Alles andere wäre unterlassene Hilfeleistung gewesen.“ Die Union solle sich auf ihre christlichen Wurzeln besinnen. „Für die CDU stellt sich - ob gewollt oder nicht - die Flüchtlingsfrage als ihre Gewissensfrage: Wie hältst du es mit dem „C“ im Parteinamen? Ist es bloß eine Dekoration oder ein Imperativ?“ Vor allem die CSU fordert weitere Maßnahmen zur Begrenzung der Flüchtlingszahlen.

+++ Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) rechnet einem Zeitungsbericht zufolge für dieses Jahr mit der Ankunft von insgesamt einer Million Flüchtlingen in Deutschland. Dies habe Merkel vor einer Woche beim Sondertreffen zur Situation auf der Westbalkan-Route gesagt, berichtete die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" unter Berufung auf Teilnehmerkreise. Offiziell liegt die Prognose der Bundesregierung für dieses Jahr bei 800.000 Flüchtlingen. Das Bundespresseamt war zunächst nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.

+++ Mehr als 500 Anhänger der rechtspopulistischen Alternative für Deutschland (AfD) haben am Samstag in Hamburg gegen die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung demonstriert. Nach Angaben der Polizei standen ihnen mehr als 1000 Gegendemonstranten gegenüber. Diese verhinderten, dass die AfD-Anhänger ihre angemeldete Route gehen konnten. Wasserwerfer der Polizei fuhren auf, kamen aber nicht zum Einsatz. Am Ende eskortierte die Polizei die AfD-Teilnehmer zu einer U-Bahnstation. Bei der Auftaktkundgebung hatte die AfD-Bundesvorsitzende Frauke Petry den Rücktritt von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) gefordert. Die Bundesregierung müsse den Zuzug der Flüchtlinge begrenzen und die Asylgesetze einhalten. Teilnehmer riefen „Wir sind das Volk.“ Gegendemonstranten erwiderten: „Ihr seid das Problem.“

+++ 129 Flüchtlinge sind vom bulgarischen Grenzschutz aus einem aus der Türkei kommenden Kühlwagen befreit worden. Das teilte das Innenministerium in Sofia am Samstag mit, ohne auf den Gesundheitszustand der Menschen einzugehen. Der Lastwagen sollte über Bulgarien nach Rumänien fahren, hieß es. Die Menschen, unter ihnen 58 Kinder, waren hinter Paletten mit Mineralwasser versteckt. Sie hatten laut Innenministerium keine Papiere bei sich, gaben aber an, aus Syrien zu stammen. Der türkische Fahrer wurde festgenommen. Die bulgarischen Behörden prüfen nun die Identität der Migranten.

+++ Unter dem Motto „Solidarität mit Herz statt Rechtspopulismus und Hetze“ haben sich am Samstag in Passau zahlreiche Gruppierungen einer Kundgebung der Alternative für Deutschland (AfD)in den Weg gestellt. Auch in Schweinfurt hatte sich am Vormittag spontan Widerstand gegen die AfD formiert.  Wie die Polizei in Passau am Nachmittag mitteilte, kam es bei der Demonstration und der Gegendemonstration zu keinen Zwischenfällen. Nach Schätzungen der Polizei nahmen rund 1300 Menschen an der AfD-Kundgebung und rund 650 Personen an der Gegendemonstration in der Passauer Innenstadt teil.

James-Bond-Darsteller Craig fordert mehr Einsatz in Flüchtlingskrise

+++ James-Bond-Darsteller Daniel Craig hat die europäischen Regierungen zur mehr Einsatz in der Flüchtlingskrise aufgerufen. In Europa ereigne sich gerade eine "Tragödie", sagte der britische Schauspieler der Nachrichtenagentur AFP in einem Interview. Die Regierungen der EU-Länder müssten sich nun darum bemühen, die Situation zu "regeln". Ein Film-Agent werde das Problem nicht lösen, sagte der 47-Jährige, der im neuen Bond-Film "Spectre" auch ohne Pass problemlos Grenzen überquert. Mit der Flüchtlingskrise sei das aber nicht zu vergleichen, erklärte Craig. "Die Leute denken nicht an James Bond, wenn sie sich mit ihren Familien über das Mittelmeer quälen. Das ist ihre geringste Sorge."

+++ Zur besseren Steuerung der Flüchtlingsandrangs schlägt die SPD Registrierungs- und Einreisezentren innerhalb Deutschlands vor. Damit setze man sich von den in der Union bevorzugten sogenannten Transitzonen für Asylbewerber ab, die als „riesige Haftzonen weder organisatorisch durchführbar noch rechtlich darstellbar“ seien, sagte Parteichef Sigmar Gabriel am Samstag in Berlin mit Blick auf den Koalitionsgipfel am Sonntag im Kanzleramt. Das SPD-Konzept sei ein „wesentlich intelligenterer Vorschlag“ als das von CDU und CSU.

+++ Erneut hat eine größere Zahl von Flüchtlingen ihre Unterkunft ohne Registrierung verlassen, diesmal in Bremen. „Mehr als 130 Menschen sind nun auf eigene Faust unterwegs“, sagte ein Sprecher der Stadt „Focus Online“. Es handele sich hauptsächlich um Flüchtlinge, die durch Zuweisungen über München nach Bremen gelangt seien. Das Ziel der Verschwundenen sei unbekannt. „Wir wissen nur, dass viele Flüchtlinge nach Skandinavien wollen“, sagte der Sprecher.

+++ Das Flüchtlingsdrama in der Ägäis hat kein Ende: Ein Boot mit etwa 150 Flüchtlingen an Bord soll nach griechischen Medienberichten am Samstag vor der Ostägäisinsel Lesbos gekentert sein. Starker Wind sorgte in der Region für hohe Wellen, berichtete das Staatsradio weiter.

+++ Seit Ungarn Mitte des Monats seine Landgrenze zu Kroatien mit einem Sperrzaun abgeriegelt hat, sind 111 354 Menschen auf der Balkan-Route durch Slowenien gekommen. Slowenien registrierte im Schnitt 8000 bis 9000 Asylbewerber am Tag. Das kleine Land leitet sie zur österreichischen Grenze weiter. In Kroatien wiederum trafen in der Nacht zum Samstag 2473 Migranten aus Serbien ein, teilte das Innenministerium auf seiner Homepage mit. Am Vortag waren es mehr als 6600 gewesen.

+++ Der stellvertretende CDU-Vorsitzende Thomas Strobl plädiert für striktere Kontrollen an den Grenzen, auch abseits der Übergänge. „Die Sicherheitslage in Deutschland darf uns nicht entgleiten“, sagte Strobl vor dem für Sonntag geplanten Treffen der Koalitionsspitzen zur Flüchtlingskrise. Er räumte zwar ein: „Selbstverständlich können und wollen wir um Deutschland keinen Zaun bauen und uns abschotten.“ Es müsse aber dennoch alles getan werden, den ungebremsten Zustrom zu steuern und zu begrenzen. „Es ist Zeit, dass wir vor die Lage kommen. Dazu gehört auch, dass es in den nächsten Jahren keinen Familiennachzug geben kann“, sagte Strobl.

+++ Auf der sogenannten Balkan-Route durch Kroatien, Slowenien und Österreich Richtung Deutschland sind weiter Tausende Flüchtlinge unterwegs. In Slowenien trafen am Samstag in den ersten sechs Stunden 1071 Flüchtlinge aus Kroatien ein, wie die slowenische Polizei mitteilte. Am Freitag waren es insgesamt 7539 gewesen, das heißt wieder mehr als am Tag zuvor, als 5341 Menschen ankamen.

Rostock hat keine freien Plätze mehr

+++ In Rostock stranden immer mehr Flüchtlinge auf dem Weg nach Schweden. Die Kapazitätsgrenze sei erreicht, sagte ein Stadtsprecher am Samstag. In der Nacht zum Samstag seien weitere 400 Transitflüchtlinge angekommen. Damit warteten nun 1900 auf ihre Weiterreise. „Das ist bisher der absolute Höchststand“, erklärte Sprecher Ulrich Kunze. „Wer jetzt noch hierherkommt, findet keinen Unterschlupf mehr und muss tagelang auf Weiterreise warten.“ Denn die Fähren transportierten nur maximal 450 Passagiere pro Tag.

+++ Aus Protest gegen das Flüchtlingsdrama haben Mitglieder und Sympathisanten der Kommunistischen Partei Griechenlands (KKE) am Samstagmorgen zwei große Transparente an der Mauer des Wahrzeichens von Athen, der Akropolis, aufgehängt. „Stoppt dieses Verbrechen jetzt“, steht darauf geschrieben. Die Kommunisten machen die EU und die Nato verantwortlich für das Drama. Sie „verwandeln das Mittelmeer zu einem Meer des Todes“, stand auf Griechisch und Englisch auf den Transparenten. Sie forderten „Solidarität und sofortige Hilfsmaßnahmen für die Flüchtlinge.“ Die Transparente waren in weiten Teilen des Zentrums von Athen sichtbar.

+++ Bei einer Massenschlägerei in einem Flüchtlingsheim im schleswig-holsteinischen Itzehoe sind sechs Menschen verletzt worden. Wie die Polizei am Samstag mitteilte, gerieten bei der Essensausgabe am Freitagabend etwa 50 Araber und Kurden in einen Streit. Die Kontrahenten hätten dabei mit Kantinenmobiliar geworfen und abgeschraubte Tischbeine als Schlagstöcke eingesetzt. Auslöser des Streits seien vermutlich "Beleidigungen und Provokationen eines Arabers gegenüber Kurden" gewesen. Die Polizei musste nach eigenen Angaben mit insgesamt 50 Einsatzkräften einschreiten. Vier Flüchtlinge und zwei Wachleute wurden demnach verletzt. Drei Männer wurden vorläufig festgenommen.

+++ Der Zustrom von Flüchtlingen an den Grenzübergängen im Raum Passau ist unverändert hoch. Am frühen Samstagmorgen warteten an den Übergängen Wegscheid und Simbach am Inn bereits jeweils gut 1000 Menschen auf ihre Weiterfahrt nach Deutschland. Am Freitag waren in dem Grenzraum in Niederbayern mehr als 5500 Menschen angekommen.

+++ In der griechischen Hafenstadt Piräus sind innerhalb von 24 Stunden knapp 8700 Flüchtlinge und Migranten von den Ägäisinseln angekommen. Am Samstagmorgen hätten zwei Fähren 2682 Menschen von den Inseln Lesbos und Chios gebracht, wie die Küstenwache weiter mitteilte. Demnach waren es am Freitag gut 6000. Die Menschen wollten mehrheitlich nach Westeuropa weiterreisen.

Fährdienst für Flüchtlinge von der Türkei nach Griechenland?

+++ Nach dem Tod Hunderter Flüchtlinge in der Ägäis hat der Bürgermeister der griechischen Insel Lesbos, Spyros Galinos, gefordert, dass künftig Fähren Flüchtlinge direkt und sicher aus der Türkei nach Griechenland bringen. Solange die EU nicht den geeigneten Druck auf die Türkei ausübe, den Flüchtlingszustrom zu kontrollieren, bleibe keine andere Möglichkeit, als diese Menschen zur Registrierung mit Fähren auf seine Insel zu bringen, damit sie nicht im Meer ertränken.

+++ NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) hat die Unions-Parteien vor dem Koalitionstreffen an diesem Wochenende zu einem konstruktiven Kurs in der Flüchtlingspolitik aufgerufen. Die CSU habe mit ihren „unausgegorenen Vorschlägen“ zuletzt für große Verunsicherung in der Bevölkerung gesorgt. „Verunsicherung ist ein schlechter Nährboden“, sagte Kraft der dpa. „Ganz wichtig ist, dass die Politik zusammensteht und dass wir eine gemeinsame Haltung entwickeln.“

+++ Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) warnt die Union vor dem Koalitionsgipfel im Kanzleramt, die Stimmung in der Flüchtlingskrise weiter anzuheizen. „Populistischer Krawall löst kein einziges Problem“, sagte Maas der dpa in Berlin, ohne CSU-Chef Horst Seehofer beim Namen zu nennen. Schwierigkeiten sollten nicht verschwiegen oder schöngeredet werden, „aber niemand sollte mit seinen Worten Öl ins Feuer gießen“. So sagte Maas an die Adresse der CSU: „Wer über das angebliche „Staatsversagen“ oder „Notstand“ redet und das „Flüchtlingschaos“ beschwört, bestärkt am Ende Extremisten in ihren Überfremdungs- und Untergangsvisionen.“

+++ CDU-Parteivize Armin Laschet hat ein Ende des Streits in der Union über die Flüchtlingspolitik gefordert, um Parteien wie die Alternative für Deutschland (AfD) nicht zu stärken. „Streit unter Demokraten hilft am Ende den Rechtspopulisten“, sagte Laschet der Zeitung „Die Welt“. „Als CDU und CSU vor 20 Jahren mit der SPD über das Asylrecht stritten, saßen am Ende die Republikaner im Parlament“, führte der nordrhein-westfälische CDU-Landeschef aus.

Laschet forderte CSU und CDU auf, zu handeln statt zu streiten. Kritik übte Laschet insbesondere am Verhalten der CSU: „In einer solchen Situation muss man Ruhe bewahren und nicht jeden Tag neue Vorschläge machen, die die Menschen nur verwirren.“

+++ Weiter sagte Claudia Roth, sie habe „alles Verständnis“ dafür, dass Menschen angesichts der aktuellen Situation Sorgen hätten. „Aber es ist ein Unterschied, ob ich die Ängste ernst nehme und man zusammen anpackt, oder ob ich die Ängste schüre. Die CSU hat sich für das Schüren entschieden.“

+++ Scharf kritisierte Claudia Roth dagegen die Haltung der CSU. „Jetzt haben wir ein großes Problem. Und was passiert? Absurde Auseinandersetzungen, absurde Drohgebärden.“ Mit Blick auf CSU-Chef Horst Seehofer sagte die Grünen-Politikerin: „Ich verstehe ihn einfach nicht. Ich wundere mich, dass Horst Seehofer so eine Verzagtheit hat und verbal nicht ab-, sondern aufrüstet und sich dann wundert, wenn AfD und Pegida marschieren.“

Roth lobt Merkels Kurs in der Flüchtlingspolitik

+++ Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth hat den Kurs von Kanzlerin Angela Merkel in der Flüchtlingskrise gelobt. „Ich bin froh, dass Angela Merkel versucht, in einer Welt, die in Unordnung geraten ist, einen klaren Kopf zu behalten“, sagte die Grünen-Politikerin der „Passauer Neuen Presse“. Es brauche in der aktuellen Situation die Zuversicht Merkels, „dass wir die Mittel in der Hand haben, die Situation zu bewältigen“.

+++ Bei einem Besuch von Österreichs Bundeskanzler Werner Faymann in Paris hat sich Frankreichs Präsident François Hollande gegen bauliche Sicherungsmaßnahmen an Europas Innengrenzen ausgesprochen. Es dürften "im Inneren Europas keine Mauern und Zäune" errichtet werden, sagte Hollande am Freitag nach einem Treffen im Elysée-Palast. Österreichs konservative Innenministerin Johanna Mikl-Leitner hatte am Mittwoch angekündigt, angesichts des ungeordneten Andrangs von Flüchtlingen den Bau eines Zauns an der Grenze zu Slowenien zu prüfen. Anstatt innerhalb Europas die Grenzen wieder zu stärken, müsse die gemeinsame EU-Außengrenze besser gesichert werden, sagte Hollande.

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Die Bundesanwaltschaft hat nach eigenen Angaben keine „belastbaren“ Hinweise darauf, dass terroristische Vereinigungen im Ausland die Flüchtlingsströme gezielt nutzen, um Terroristen nach Deutschland einzuschleusen. „Aber bei dieser großen Anzahl von Flüchtlingen, bei diesem riesigen Zustrom ist das immer nur eine Momentaufnahme“, sagte der neue Generalbundesanwalt Peter Frank der ARD am Freitag am Rande einer Fachtagung in Karlsruhe. „Diese Fragen und vor allem diese Einschätzungen können sich letztendlich täglich und wöchentlich ändern.“

Die sogenannte Rückkehrer-Problematik beschäftigt die deutschen Sicherheitsbehörden seit Beginn des Bürgerkriegs in Syrien und des Erstarkens der Terrormiliz Islamischer Staat. Nach Erkenntnissen von Verfassungsschutz und Bundeskriminalamt sind seit Beginn der Kämpfe in Syrien 2011 mehr als 750 Islamisten aus Deutschland in das Krisengebiet ausgereist. Ein Drittel der Ausgereisten ist inzwischen wieder in Deutschland. Mehr als 70 davon haben nach Einschätzung der Verfassungsschützer Kampferfahrung. Diese Rückkehrer gelten als besonders gefährlich.

+++ Flüchtlinge sollen ab sofort nur noch an fünf Übergängen über die bayerisch-österreichische Grenze gebracht werden. Darauf haben sich Deutschland und Österreich geeinigt, wie eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums am Freitag der Deutschen Presse-Agentur sagte. An den fünf Stellen sollen demnach sogenannte Übergabe- und Kontrollstellen eingerichtet werden. „Man möchte ein geordnetes Verfahren erreichen und das über den gesamten Tag“, sagte die Sprecherin.

Medienberichte darüber, dass an den ausgewählten Grenzübergängen pro Stunde 50 Flüchtlinge einreisen könnten, bestätigte die Sprecherin nicht.

+++ In einem Brandbrief an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat Freilassings Bürgermeister Josef Flatscher (CSU) seinen Unmut über die aktuelle Flüchtlingspolitik geäußert. Der Politiker forderte die Bundesregierung in dem Schreiben auf, die kleine Grenzstadt im Berchtesgadener Land zu entlasten. Grenzkontrollen und Flüchtlingstransporte sollten „ab jetzt von Österreich aus durchgeführt werden“, betonte Flatscher. Grund sei, dass der Alltag der Menschen in der Stadt mit 16 000 Einwohnern durch die vielen ankommenden Flüchtlinge stark eingeschränkt sei.

+++ Die Situation für die Flüchtlinge vor dem bayerischen Grenzübergang Wegscheid bei Passau wird etwas komfortabler. Die österreichischen Behörden haben am Freitag ein 1000 Quadratmeter großes winterfestes Zelt für die wartenden Flüchtlinge aufgebaut. Bisher hatten die Menschen oftmals stundenlang auf der Straße oder einer feuchten Wiese ausharren müssen, bis sie mit Bussen in die deutschen Unterkünfte gebracht wurden. Besonders in den späten Abendstunden waren die Temperaturen stark gesunken - die Gesundheit der Migranten, darunter viele Kinder und Säuglinge, war gefährdet.

+++ SPD und Grüne in Bayern fordern von der Landesregierung dringend eine bessere Verteilung der ankommenden Flüchtlinge. Vor einem Spitzengespräch mit Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) beklagten SPD-Fraktionschef Markus Rinderspacher und die Grünen-Fraktionsvorsitzende Margarete Bause am Freitag übereinstimmend, dass Kommunen in Grenznähe überlastet seien, während es vor allem in München, aber auch anderswo noch freie Kapazitäten gebe. „Ich hoffe nicht, dass dahinter Kalkül steckt“, sagte Bause.

+++ Kanzlerin Angela Merkel hat vor den Gesprächen mit CSU-Chef Horst Seehofer und dem SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel angekündigt, weiter mit Nachdruck an der Lösung der Flüchtlingskrise zu arbeiten. Zum Abschluss ihrer zweitägigen Chinavisite sagte Merkel am Freitag in der Provinzstadt Hefei auf die Frage, ob sie bei ihrem Besuch auch Kraft für die Auseinandersetzungen am Wochenende getankt habe, sie habe „mit großem Interesse diese Reise absolviert, genauso wie ich meine Arbeit Zuhause mit großem Interesse und mit großem Nachdruck tue“. Merkel ergänzte: „Insofern ist das hier eine wichtiger Reise, glaube ich, aber die Dinge Zuhause sind genauso wichtig.“

+++ Angesichts des enormen Finanzbedarfs für die berufliche Integration von Flüchtlingen mahnt der stellvertretende Unions-Fraktionschef Michael Kretschmer klare Prioritäten der Bundesregierung an. „Bei der Verteilung der drei Milliarden Euro für die Bewältigung der Asyl- und Flüchtlingsaufgabe muss ein Schwerpunkt auf Ausbildung und Qualifikation gelegt werden“, sagte der Bundestagsabgeordnete und sächsische CDU-Generalsekretär der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Bei über einer Million Flüchtlinge allein in diesem Jahr „brauchen wir verbindliche Angebote und Abläufe. Wir müssen jetzt dringend die Voraussetzungen für die Integration schaffen - andernfalls laufen wir in die gleichen Probleme wie bei den Gastarbeitern.“ Kretschmer sieht aber gute Erfolgsaussichten: „Bereits im kommenden Jahr können wir zusätzlich 10 000 Ausbildungsplätze für junge Flüchtlinge schaffen. Wir sollten die Ausbildung in privaten Betrieben durch Ausbildungsassistenten und überbetriebliche Ausbildungseinrichtungen unterstützen - die Erfahrungen damit sind sehr gut.“

SPD-Generalsekretärin: Streit zwischen CDU und CSU ist "Kasperltheater"

+++ SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi sieht im Streit um die Flüchtlingspolitik die Union am Zug. "Das ist ein Streit zwischen CDU und CSU", sagte Fahimi am Freitag im ZDF-"Morgenmagazin". Die SPD sei der Teil der Bundesregierung, der "konstruktiv und pragmatisch Lösungen vorschlägt". Die CSU biete dagegen mit ihren Forderungen und Drohungen ein "Kasperletheater", das nicht "hilfreich" sei. "Dieses Land braucht eine stabile Bundesregierung", betonte Fahimi. Die CSU müsse endlich aufhören, "sich wie ein kleines Kind zu verhalten". Die Forderung der CSU nach Einführung von Transitzonen im Grenzgebiet wies Fahimi erneut zurück. Die SPD lehne dies ab, weil es die "Inhaftierung" von Flüchtlingen bedeute. Zudem seien sie wirkungslos, da dann die Flüchtlinge einfach "über die grüne Grenze" kommen würden. Ihre Partei halte an ihrem Vorschlag fest, in der Nähe der Grenze Registrierungsstellen zu schaffen, in denen rasch über die Asylanträge der Flüchtlinge entschieden werden könne. Die Einführung einer Obergrenze sei nicht möglich, weil Deutschland zur Aufnahme von Asylsuchenden verpflichtet sei.

+++ Anders als zuvor war am Freitagmorgen auch in den Notquartieren im Raum Passau noch Platz für Migranten. In der Dreiländerhalle und den sogenannten Paul-Hallen warteten gegen 6.00 Uhr noch jeweils etwa 800 Menschen auf ihre Weiterfahrt in die Erstaufnahmeeinrichtungen. „Ob die Lage sich weiter entspannt, können wir derzeit noch nicht sagen. Erst im Laufe des Vormittags werden wir eine Vorhersage der österreichischen Kollegen bekommen, wie viele Busse am Freitag kommen sollen“, sagte der Sprecher der Bundespolizeiinspektion Freyung, Thomas Schweikl.

+++ Auf dem Weg von der Türkei nach Griechenland sind in der Nacht zum Freitag mindestens zehn weitere Flüchtlinge in der Ägäis ertrunken. Ihr Boot sei vor der Insel Kalymnos gesunken, 135 Menschen hätten gerettet werden können, teilte die Hafenpolizei mit. Erst am Mittwoch waren bei mehreren Schiffsunglücken vor griechischen Inseln 17 Menschen ums Leben gekommen, darunter elf Kinder. Beim jüngsten Drama sank das Boot in der Nacht vor der Küste von Kalymnos. Rettungskräfte suchten in der Dunkelheit nach Überlebenden. Beteiligt waren vier griechische Patrouilleboote, ein Schiff der EU-Grenzschutzagentur Frontex, ein Hubschrauber sowie ein Fischer- und ein Touristenboot. Trotz der kühlen Temperaturen und der rauen See machen sich weiter hunderte Menschen pro Tag auf die lebensgefährliche Reise von der Türkei auf die nahen griechischen Inseln. Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR hatte sich am Donnerstag tief beunruhigt gezeigt, dass sich das Schicksal der Menschen durch die schlechteren Wetterverhältnisse noch verschlimmere. Die Behörden auf den Inseln sind seit Monaten überfordert. Griechenlands Regierungschef Alexis Tsipras rief die EU-Partner auf, durch legale Einreisemöglichkeiten für Flüchtlinge die Krise zu entschärfen.

+++ Der Zustrom von Flüchtlingen an der österreichisch-deutschen Grenze bei Passau hat am Donnerstag wohl etwas nachgelassen. Nach ersten Schätzungen kamen an den Übergängen Wegscheid und Passau-Achleiten sowie am Bahnhof Passau weniger als 6000 Menschen an, wie ein Sprecher der Bundespolizei am späten Donnerstagabend berichtete. Nicht nur die geringere Anzahl, auch die regelmäßigere Zufuhr von österreichischer Seite habe dazu geführt, dass die Menschen zudem schneller in die Unterkünfte auf deutscher Seite gebracht werden konnten. Passau-Achleiten war bereits gegen 22.30 Uhr geräumt und in Wegscheid hatten kurz vor Mitternacht nur noch wenige Hundert Menschen auf die Weiterfahrt gewartet. In der Nacht zuvor waren erst gegen 03.00 Uhr am Morgen die letzten wartenden Flüchtlinge von den Grenzorten in die Unterkünfte gebracht worden.

Am Freitag soll zudem die Situation für die Flüchtlinge am Grenzübergang Wegscheid etwas komfortabler werden. Nach Informationen der Bundespolizei wollen die österreichischen Behörden ein 1000 Quadratmeter großes winterfestes Zelt für die wartenden Flüchtlinge aufbauen. Bisher hatten die Menschen auf der Straße oder einer feuchten Wiese ausharren müssen, bis sie mit Bussen in die deutschen Unterkünfte gebracht wurden.

Die Entwicklungen am Mittwoch im Überblick

+++ Vier Tage nach dem Spitzentreffen zum Flüchtlingschaos auf der Westbalkanroute hat die EU-Kommission einen ersten Fortschrittsbericht veröffentlicht. Von den 50.000 neuen Aufnahmeplätzen für Migranten, die bis Jahresende entlang der Route entstehen sollen, können demnach 12.000 in Ländern wie Österreich und Serbien sofort eingerichtet werden. Für die geplante Verstärkung des Grenzschutzes in Slowenien haben Staaten nach den Angaben vom Donnerstagabend bislang 183 Beamte zugesagt. Damit ist das Ziel, innerhalb einer Woche 400 Beamte zu entsenden, noch weit entfernt.

Die Vorhaben sind Teil eines 17-Punkte-Plans, auf den sich Deutschland und zehn andere vom Flüchtlingszustrom besonders betroffene Staaten in der Nacht zum Montag in Brüssel verständigt hatten.

+++ Wegen der dramatischen Flüchtlingslage hat Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) dem hochverschuldeten Griechenland deutsche Unterstützung zugesichert.

+++ Europa kann nach Aussage von Grünen-Politikerin Claudia Roth an der Flüchtlingsfrage auseinanderbrechen. „Es wird Zeit, dass ganz Europa Verantwortung übernimmt für die vielen Flüchtlinge und nicht nur einige wenige Länder“, sagte die Vizepräsidentin des Bundestages am Donnerstagabend bei einem Besuch an der österreichisch-deutschen Grenze nahe Passau. Nur gemeinsam könne die Krise bewältigt werden. Sie hoffe, dass die Deutschen weiterhin eine große Herzlichkeit zeigten und würdigte die immense Hilfsbereitschaft.

Roth lobte auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) für ihre Entscheidung, die Menschen nach Deutschland kommen zu lassen. „Die Flüchtlinge verlassen ihre Heimat nicht, um bei uns ein Taschengeld zu bekommen. Sie haben einen tödlichen Weg hinter sich.“

Falsch abgebogen: Österreichische Busfahrer unter Schleuserverdacht

+++ Auf dem Weg zum Grenzübergang nach Passau sind am Donnerstag zwei Busfahrer aus Österreich falsch abgebogen - und stehen nun unter Schleuserverdacht. Sie waren nämlich auf der deutschen Seite gelandet, und weil beide Fahrzeuge mit Flüchtlingen voll besetzt waren, werde gegen beide Fahrer nun wegen des Verdachts der Schleusung ermittelt, sagte der Sprecher der Bundespolizeiinspektion Freyung, Frank Koller. Die Fahrer hatten angegeben, an einer Kreuzung, kurz vor dem ehemaligen Grenzübergang Achleiten-Passau, in eine falsche Straße eingebogen zu sein.

Als die Busse dann mit etwa 100 Flüchtlingen in Richtung Grenze fuhren, waren sie bereits auf deutschem Hoheitsgebiet. „Schleusung ist eine Straftat. Da müssen wir zwingend ermitteln“, erläuterte Koller. Ob die Fahrer in Untersuchungshaft kommen, entscheidet nun ein Passauer Staatsanwalt. „Aufgrund der besonderen Umstände ist damit aber nicht zu rechnen“, sagte der Sprecher der Bundespolizei.

Nach der Befragung und Zeugenvernehmung werden die beiden Fahrer wohl auf freien Fuß gesetzt. Eine Anzeige folgt aber auf jeden Fall. Die Flüchtlinge wurden am Abend mit anderen Bussen in deutsche Notquartiere gebracht.

+++ Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ist bei der Bundesanwaltschaft massenhaft wegen angeblichen Hochverrats angezeigt worden. Dahinter steckt offenbar eine Kampagne von rechtsextremen Gruppen.  

+++ Die Ausgaben für Flüchtlinge stellen die staatlichen Haushaltsplaner vor Herausforderungen: Der Deutsche Städtetag bezifferte am Donnerstag die Kosten für Länder und Kommunen im kommenden Jahr auf bis zu 16 Milliarden Euro. Im Bundesfinanzministerium gibt es einem Bericht zufolge Überlegungen, wegen der Mehrausgaben für 2016 vom Ziel eines ausgeglichenen Haushalts abzurücken. Der Unions-Wirtschaftsflügel warnte vor neuen Schulden.

BKA-Chef: Flüchtlingskrise gefährdet innere Sicherheit

+++ Die Flüchtlingskrise zieht nach Einschätzung des Bundeskriminalamts (BKA) eine Verschärfung der Sicherheitslage in Deutschland nach sich. "Mit der ständig steigenden Flüchtlingszahl verschärft sich auch die Sicherheitslage", sagte BKA-Präsident Holger Münch dem Magazin "Focus". "Die Konflikte unter Asylsuchenden nehmen zu, die Stimmung im rechten Lager heizt sich auf. Diese Dynamik macht mir Sorgen."

Münch bezeichnete die derzeitige Lage als "schwierig und angespannt". "Wir müssen schnellstmöglich wieder geordnete Verfahren und stabile Strukturen schaffen." Zu den Anschlägen auf Flüchtlingsheime sagte der BKA-Chef: "Die Zahl solcher Straftaten steigt dramatisch, die Dynamik ist ungebrochen."

+++ Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU) rechnet in der Flüchtlingskrise nicht mit einer schnellen Lösung. Der große Andrang der Schutzsuchenden könne „nicht einfach umgekehrt werden“, sagte er am Donnerstag in Berlin vor Teilnehmern einer Konferenz zur „Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie“. Der Wegfall von Staatlichkeit in den Herkunftsländern der Flüchtlinge könne „nicht über Nacht repariert werden“.

„Diese Krise ist ein humanitärer Imperativ“, betonte Altmaier, der von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zum Flüchtlingskoordinator bestimmt worden war. Deutschland werde eines Tages daran gemessen werden, ob es in dieser Krise versagt habe oder nicht.

+++ Die Notquartiere für Flüchtlinge im Raum Passau sind seit Donnerstagmorgen komplett überfüllt. Es mangelt mittlerweile massiv an Bussen, die die Menschen in Notquartiere bringen. Allein in Wegscheid und dem Grenzübergang Achleiten-Passau seien in der Nacht zu Donnerstag knapp 5000 Migranten angekommen. Gegen 3.00 Uhr morgens seien die letzten wartenden Flüchtlinge von den Grenzorten in die Unterkünfte gebracht worden. „Die Menschen mussten länger in der Kälte ausharren, als uns lieb war", sagte ein Sprecher der Bundespolizeiinspektion Freyung.

+++ EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und Österreichs Bundeskanzler Werner Faymann haben sich einig gezeigt, dass "Zäune keinen Platz in Europa haben". Dies erklärten sie am Mittwochabend nach einem Telefongespräch zur Flüchtlingskrise. Zuvor hatte die österreichische Innenministerin Johanna Mikl-Leitner angekündigt, entlang eines Teils der Grenze zu Slowenien einen Zaun zu errichten, um den ungeordneten Zugang von Flüchtlingen zu stoppen.

+++ Vor dem Koalitionsgipfel zur Asylpolitik erhöht die CSU den Druck auf die Bundesregierung. Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU) sagte der „Süddeutschen Zeitung“ (Donnerstag), das Grundvertrauen der Bürger in die Regierung sei berührt, der Rechtsstaat beginne vor der massenhaften illegalen Einwanderung zu kapitulieren. Söder fügte hinzu: „Wir haben eine echte Koalitionskrise.“ Im Verhältnis zwischen CDU und CSU handele es sich „um die schwierigste Situation seit 1976“, als die CSU vorübergehend die Fraktionsgemeinschaft mit der CDU im Bundestag verließ. Im Konflikt über die Flüchtlingspolitik gehe es um die Kernkompetenz der Union: „Innere Sicherheit und Rechtsstaat.“

Österreichs Innenministerin: "Müssen an Festung Europa bauen"

+++ Die österreichische Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) hat in der Flüchtlingskrise eine stärkere Abschottung Europas gefordert. „Die derzeitige Situation in Slowenien, Österreich oder auch in Deutschland beweist, dass wir so rasch wie möglich an einer Festung Europa bauen müssen“, sagte Mikl-Leitner der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (Donnerstag). Ein kontrollierter Zutritt nach Europa und restriktive Kontrollen direkt an der europäischen Außengrenze seien nötig. „Sonst werden wir der Situation nicht Herr werden“, sagt die Ministerin von der konservativen ÖVP.

Sie verteidigte die geplante Errichtung „technischer Sicherungen“ wie eines rund 30 Kilometer langen Zauns rund um den Übergang Spielfeld an der Grenze zu Slowenien. „Wir alle kennen die Situation vor Ort: Dort gibt es Rangeleien, dort gibt es Menschengruppen, die von hinten nach vorne drücken, und dazwischen sind Frauen und Kinder. Deshalb brauchen wir massive und stabile Vorkehrungen, um den Andrang der Flüchtlinge dauerhaft kanalisieren zu können“, sagte sie dem Blatt.

+++ Angesichts des anhaltend großen Flüchtlingsandrangs will die Bundesregierung die Kontrollen an der deutschen Grenze fortsetzen. Geplant ist zunächst eine Verlängerung der Grenzkontrollen um zwei Wochen bis zum 13. November. Das kündigte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) in einem Schreiben an die EU-Kommission in Brüssel an. Der Brief liegt der Deutschen Presse-Agentur vor. Sofern sich die Lage bis dahin nicht signifikant ändere, würden die Kontrollen anschließend „für die Dauer von zunächst drei Monaten fortgeführt“, heißt es darin weiter.

+++ CSU-Chef Horst Seehofer will in der Flüchtlingskrise innerhalb weniger Wochen eine Reduzierung der Flüchtlingszahlen durchsetzen. Der bayerische Ministerpräsident erhöhte am Mittwoch den Druck auf Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und forderte sie auf, die Zuwanderung zu begrenzen.

+++ Die Bundesregierung will die Zahl der Asylbewerber aus Afghanistan in Deutschland deutlich reduzieren. „Afghanistan steht im laufenden Monat und auch im Verlauf des ganzen Jahres inzwischen auf Platz zwei der Liste der Herkunftsländer. Das ist inakzeptabel“, sagte Innenminister Thomas de Maizière (CDU) am Mittwoch in Berlin. Es kämen auch zunehmend Angehörige der afghanischen Mittelschicht. „Wir sind uns einig mit der afghanischen Regierung: Das wollen wir nicht.“ Die Jugend und die Mittelschicht sollten in Afghanistan bleiben, um das Land aufzubauen.

75 Busse mit Flüchtlingen aus Österreich in Niederbayern erwartet

+++ Der Andrang von Flüchtlingen an der österreichisch-deutschen Grenze hält auch am Mittwoch an. „Wir erwarten heute 75 Busse mit etwa 3000 Migranten an den beiden Grenzorten Passau und Wegscheid“, sagte der Sprecher der Bundespolizeiinspektion Freyung, Frank Koller. Mittlerweile laufe die Zusammenarbeit mit den österreichischen Behörden etwas besser. „Wir bekommen eine Vorabinformation“, sagte Koller. „Dann kommen aber doch immer mehr Busse als erwartet.“ Wichtig wäre, dass die Busse nicht alle auf einmal an der Grenze ankommen und auch die deutschen Grenzpunkte anfahren, die gerade Kapazitäten zur Aufnahme der Menschen haben.

+++ Einen Tag nach der CSU hat auch Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) das Verhalten Österreichs in der Flüchtlingskrise kritisiert. In den vergangenen Tagen seien die Flüchtlingszahlen wegen des Rückstaus auf der Balkanroute sehr stark angestiegen, sagte de Maizière am Mittwoch in Berlin. Es sei nur mit äußerster Anstrengung gelungen, die Asylbewerber in Bayern aufzunehmen und weiterzuverteilen.

„Dabei war das Verhalten Österreichs in den vergangenen Tagen nicht in Ordnung“, beklagte er. „Wir haben zu beanstanden, dass Flüchtlinge ohne jede Vorwarnung nach Eintritt der Dunkelheit an bestimmte Stellen gefahren worden sind und dort unvorbereitet und ohne jede Vorsorge an die deutsche Grenze gekommen sind.“

+++ Die Flüchtlingskrise wird zur Regierungskrise: Lässt CSU-Chef Horst Seehofer nun die Große Koalition platzen? Laut einem Medienbericht ist dies CSU-intern ein Thema.

Bayerns Innenminister Hermann droht mit Verfassungsklage

+++ Bayerns Innenminister Joachim Herrmann hat nach dem Ultimatum von Ministerpräsident Horst Seehofer (beide CSU) an die Bundesregierung die bayerische Drohung mit einer Verfassungsklage bekräftigt. "Es wird an diesem Thema weiter gearbeitet, wir nehmen das sehr ernst", sagte Herrmann am Mittwoch im "Morgenmagazin" von ARD und ZDF. "In der Flüchtlingspolitik "überschreitet die Bundesregierung augenblicklich ganz eindeutig ihre verfassungsrechtlichen Kompetenzen", sagte Herrmann. Deshalb erwarte Bayern, dass die Bundesregierung "als Gesamtheit ihren Kurs korrigiert".

+++ Der Andrang von Flüchtlingen an der österreichisch-deutschen Grenze hält unvermindert an. Am Dienstag kamen bis in die Abendstunden etwa 5500 Menschen im Raum Passau an. Das sagte  ein Sprecher der Bundespolizei am Mittwochmorgen. Und: „Auch wenn die Gesamtzahl etwas niedriger ist als am Montag, sind die Rahmenbedingungen kritischer. Die Flüchtlinge kämen diesmal zu späterer Stunde an der Grenze zu Niederbayern an und müssten somit bei niedrigeren Temperaturen auf ihren Weitertransport warten. Um 21 Uhr hätten noch 1000 bis 1200 Flüchtlinge am Grenzübergang Achleiten gewartet - am Vortag seien es um diese Uhrzeit nur noch etwa halb so viele gewesen. Am Grenzübergang Wegscheid zählten die Beamten weitere 650 Menschen.

+++ Die Zahl der nach Deutschland eingereisten Flüchtlinge steigt immer weiter: Seit Anfang September sind nach Angaben von Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) mindestens 318.000 Menschen in den Freistaat gekommen. Das sei die Zahl der Flüchtlinge, die von der bayerischen Polizei und der Bundespolizei gezählt worden sei, sagte Herrmann nach einer Kabinettssitzung am Dienstag in München. Bei der Sitzung wurde außerdem entschieden, dass

abgelehnte Asylbewerber schneller abgeschoben werden sollen

. Dazu sollen die Zuständigkeiten schrittweise von den Landkreisen auf die Bezirksregierungen übertragen werden, um die Verfahren zu bündeln und zu beschleunigen.

Flüchtlinge: Seehofer stellt Merkel Ultimatum

+++ Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) verlangte von Merkel ultimativ einen Kurswechsel in der Flüchtlingspolitik: Bis Allerheiligen an diesem Sonntag werde er noch abwarten, ob die bayerischen Forderungen nach Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung in Berlin Gehör fänden, sagte Seehofer der „Passauer Neuen Presse“ (Dienstag). „Sollte ich keinen Erfolg haben, müssen wir überlegen, welche Handlungsoptionen wir haben.“ Seehofer hatte zuletzt wiederholt mit „Notmaßnahmen“, „Notwehr“ und sogar mit einer bayerischen Verfassungsklage gedroht, sollte es zu keiner Begrenzung der Rekord-Flüchtlingszahlen kommen.

An diesem Samstag will sich Seehofer zunächst mit Merkel treffen. Am Sonntag ist ein Dreiertreffen mit SPD-Chef Sigmar Gabriel geplant.

+++ Für mehr als Hunderttausend neue Flüchtlinge im Norden Syriens seit Beginn der russischen Luftschläge verschlechtert sich die Lage zusehends. „Die Situation ist hoffnungslos in den überfüllten Lagern“, sagte ein Sprecher des Norwegischen Flüchtlingsrates in Amman. Aktivisten berichteten zudem von Regen und zunehmend schlechtem Wetter in Nordsyrien, Zelte der Geflohenen würden zerstört. Neben Unterkünften fehle es an Nahrung und Medizin.

dpa/AFP/js

Hier der Ticker zur Flüchtlingskrise vom Dienstag zum Nachlesen

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