Illner (ZDF) zum Syrien-Konflikt: Gabriel mit düsterer Prognose für Deutschland

Über die Rolle Europas im Syrien-Konflikt ging es in der Talkrunde bei "Maybrit Illner“. Ex-Außenminister Sigmar Gabriel analysierte die Lage kühl.
Berlin - Ernst war die Stimmung am Donnerstagabend in der Talkrunde bei "Maybrit Illner“. „Was war das für ein Nachrichtentag“, leitete Illner den Beginn der Sendung ein. Nicht nur der Brexit, sondern vor allem auch der Krieg in Nordsyrien habe die Welt beschäftigt. Unter dem Titel "Erdogans Krieg – wie machtlos ist Europa?" hatte sie ihre Gäste eingeladen. „Was muss Europa in dieser Lage tun - außer weiter zuzusehen?“, fragte sie Politiker, Journalisten und Nahost-Experten.
Maybrit Illner (ZDF): Sigmar Gabriel sieht Europa nach Syrien-Offensive in der Verantwortung
Einige Stunden vor dem Beginn der Aufzeichnung hatten sich Türkei und USA gerade auf 120 Tage Feuerpause geeignet. Aktueller hätte das Thema also kaum sein können. Starke Worte für die aktuelle Situation und die Verantwortung Europas fand Ex-Außenminister Sigmar Gabriel (SPD). In der Vergangenheit sei die EU froh gewesen, „dass die schmutzigen Dinge andere machen“. Jetzt gebe es keine andere Möglichkeit mehr, als zu handeln. "Wir werden uns da einmischen müssen - und das wird ganz unangenehm", sagte er.
Unangenehm könnte es für Deutschland laut Gabriel auch werden, wenn es um die Rücknahme von IS-Kämpfern geht. Wie er erklärte, sehe er keine andere Möglichkeit, als sie zurückzunehmen und in der Bundesrepublik vor Gericht zu stellen. „Wir werden sie zurücknehmen müssen, wenn es dort kein Verfahren gibt - und wir sollten uns jetzt darauf vorbereiten und nicht erst, wenn sie am Flughafen stehen“, warnte der frühere Außenminister und Vorsitzende des Vereins „Atlantik-Brücke“.
Maybrit Illner (ZDF): Manfred Weber (CSU) bezeichnet Europa “handlungsunfähig“
Auch Manfred Weber (CSU), Vorsitzender der EVP-Fraktion im EU-Parlament, vertrat eine ebenfalls kritische Meinung zu der Rolle Europas in diesem Konflikt. „Europa ist in diesen Tagen handlungsunfähig“, sagte er, „und das ist traurig.“ Die Türkei habe in der letzten Zeit faktisch keine große Rolle gespielt. Doch nun müsse Europa „zum Punkt kommen“. Die EU dürfe sich nicht erpressen lassen. „Vor dem Hintergrund, dass 50 Prozent der Exporte der Türkei in die EU gehen, hätten wir zumindest eine Handlungsmöglichkeit“, so Weber weiter. Für ihn stellt sich die Frage: „Gibt es ein Europa, das in solchen Konflikten Verantwortung übernimmt?“
Dann kam es auch zum Zoff zwischen Weber und Gabriel. Letzterer ging den CSU-Mann frontal an. Webers Auffassung, dass Europa in der Lage sei, im Fall einer Öffnung der türkischen Grenzen die Land- und Seegrenzen der EU gegen die Flüchtlinge aus der Türkei zu sichern, wies Ex-SPD-Chef Gabriel klar zurück: „Aber Herr Weber, das ist doch Volksverdummung. Wir haben doch gesehen, was in Griechenland passiert, wenn jeden tausende von Schlauchbooten in Richtung griechische Inseln geschickt werden. Und keiner hat was gemacht. Ich finde, man darf die Deutschen auch nicht hinter die Fichte führen.“
Die Drohung des türkischen Präsidenten, die Grenze zu öffnen, verhinderte bislang in erster Linie, dass die europäischen Staats- und Regierungschefs neue Sanktionen gegen die Türkei verhängten. Stattdessen kritisierten sie bislang lediglich die Offensive.
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Sigmar Gabriel bei Maybrit Illner (ZDF): Deutschland trägt Mitschuld an Syrien-Konflikt
Gabriel stellte außerdem fest, dass die militärische Offensive in Syrien nicht überraschend gekommen sei. Deutschland trage eine Mitschuld, weil man zu lange nicht reagiert habe. Die Mitgliedschaft in der Nato würde die Türkei nicht darin hindern, sich weiter Russland zu zuwenden und sich außerdem selbst nuklear zu bewaffnen. „Ich will nicht, dass wir hier heute dicke Backen machen, aber meine Kinder unter einer nuklear bewaffneten Türkei leben müssen“, sagte er.
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nema
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