Update 23. Oktober, 12.01 Uhr: Sowohl inhaltlich als auch hinsichtlich der Art und Weise sorgt Annegret Kramp-Karrenbauer mit ihrem Syrien-Vorstoß für Aufregung - auf Parteiebene und auch medial. Speziell der vermeintliche Alleingang der Bundesverteidigungsministerin ist es, der Kritiker auf den Plan ruft. Darüber wurde in der ARD-Tagesschau ein polarisierender Kommentar von Journalistin Tina Hassel ausgestrahlt.
Update 23. Oktober, 7.01 Uhr: Die Türkei und Russland haben sich auf die gemeinsame Kontrolle von Gebieten an der türkisch-syrischen Grenze geeinigt und eine weitere Eskalation des Nordsyrien-Konflikts zunächst vermieden. In der am Dienstagabend zwischen Kremlchef Wladimir Putin und dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan geschlossenen Vereinbarung wurde eine 150-Stunden-Frist (rund sechs Tage) für den Abzug der Kurdenmiliz YPG aus Grenzgebieten gesetzt. Das läuft auf eine weitere Waffenruhe hinaus. Eine zuvor von den USA ausgehandelte Feuerpause war am Dienstagabend ausgelaufen.
Russland unterstützt im Syrien-Konflikt den umstrittenen Machthaber Baschar al-Assad, pflegt aber als Vermittler auch enge Kontakte zur Türkei. Laut dem Abkommen mit Ankara sollen unter anderem russische Militärpolizisten und „syrische Grenzwächter“ ab Mittwochmittag die „Entfernung der YPG-Elemente und ihrer Waffen“ aus einem Gebiet bis zu 30 Kilometer von der türkischen Grenze entfernt unterstützen. Danach sollen gemeinsame russisch-türkische Patrouillen beginnen.
Dass trotz des neuen Abkommens mit Russland weitere kriegerische Handlungen nicht ausgeschlossen sind, zeigte eine Warnung, die Erdogan am späten Abend auf dem Rückweg nach Ankara ausstieß: „Die Frist des Abkommens mit den USA endet heute Nacht um 22.00 Uhr. Die gegebenen Versprechen wurden nicht vollständig eingehalten. Sobald wir zurückkehren, werden wir die endgültigen Ergebnisse bekommen, und wenn es so ist, dann werden wir die nötigen Schritte setzen“, sagte er laut der Zeitung „Hürriyet“. Die Türkei hatte mehrfach mit der Wiederaufnahme ihrer Offensive gedroht, falls die Kurden ihre Kämpfer nicht vollständig abziehen sollten.
19.47 Uhr: Die kurdischen Kämpfer in Syrien sollen sich nach US-Angaben inzwischen aus der von der Türkei geplanten "Sicherheitszone" zurückgezogen haben. Der Oberbefehlshaber der kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) habe US-Vizepräsident Mike Pence in einem Brief mitgeteilt, dass alle seine Einheiten aus dem Gebiet an der Grenze zur Türkei abgerückt seien, sagte am Dienstag ein Regierungsmitarbeiter in Washington.
19.24 Uhr: Russland organisiert gemeinsam mit der Türkei in der so bezeichneten Sicherheitszone im syrischen Grenzgebiet zur Türkei Patrouillen. Das teilte der russische Außenminister Sergej Lawrow am Dienstag nach einem Treffen des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan mit Kremlchef Wladimir Putin in Sotschi mit.
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat das Ergebnis seines Treffens mit Kremlchef Wladimir Putin als „historisch“ gewürdigt. „Heute haben wir mit Herrn Putin in Sachen Terrorbekämpfung, Gewährleistung der Integrität Syriens und der politischen Einheit sowie der Rückkehr der Flüchtlinge eine historische Vereinbarung unterzeichnet“, sagte Erdogan in einer Pressekonferenz am Dienstagabend in Sotschi.
19.14 Uhr: Die Türkei verlängert die zunächst bis Dienstagabend angesetzte Waffenruhe für Nordsyrien um weitere 150 Stunden oder mehr als sechs Tage. Das teilte der russische Außenminister Sergej Lawrow nach einem Treffen von Kremlchef Wladimir Putin mit seinem türkischen Kollegen Recep Tayyip Erdogan in Sotschi mit.
Der russische Präsident Wladimir Putin hat die Türkei und Syrien zu einem Dialog im Syrien-Konflikt aufgerufen. Stabilität sei nur zu erreichen in Syrien, wenn die territoriale Unversehrtheit des Landes gewährleistet sei, sagte Putin am Dienstag nach mehr als sechsstündigen Verhandlungen mit seinem türkischen Kollegen Recep Tayyip Erdogan. Ausländische Truppen, die sich ohne Billigung Syriens dort aufhielten, müssten das Land verlassen. Es seien bei dem Treffen Vereinbarungen erzielt worden, die das Schicksal im Norden Syriens lösen sollten, sagte Putin.
18.48 Uhr: Der türkische Präsident Erdogan und sein russisches Pendant Wladimir Putin sprechen schon seit knapp sechs Stunden miteinander. Putin hatte zu Beginn des Treffens am früheren Dienstagnachmittag lange und schwierige Gespräche angekündigt. „Die Situation in der Region ist nicht einfach, das verstehen wir alle“, sagte er.
Nach dem international umstrittenen Einmarsch türkischer Truppen in Syrien war Erdogan in die Schwarzmeer-Stadt Sotschi zu Krisengesprächen gereist. Russland unterstützt im Syrien-Konflikt vor allem den umstrittenen Machthaber Baschar al-Assad, pflegt aber als Vermittler auch enge Kontakte zur Türkei.
18.40 Uhr: Hat die Türkei bei ihrer Militäroffensive in Nordsyrien verbotene Waffen eingesetzt? Die Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) prüft nun solche Vorwürfe.
Aktuell würde geprüft, ob die Vorwürfe der kurdischen Selbstverwaltung in Nordsyrien glaubwürdig sind, teilte die Organisation mit Sitz in Den Haag am Dienstag mit. Eine offizielle Untersuchung sei bislang nicht eingeleitet worden, erklärte die OPCW weiter. Die Organisation werde "die Situation weiter beobachten".
Die kurdische Selbstverwaltung in Nordsyrien hatte der Türkei am Donnerstag vorgeworfen, bei ihrer am 9. Oktober begonnenen Militäroffensive auf die syrische Grenzstadt Ras al-Ain verbotene Waffen wie Phosphor und Napalm eingesetzt zu haben. Die Türkei hatte die Vorwürfe umgehend zurückgewiesen. Es sei "allgemein bekannt, dass die türkischen Streitkräfte keine chemischen Waffen in ihrem Inventar haben", sagte der türkische Verteidigungsminister Hulusi Akar.
Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte gab an, den Einsatz chemischer Waffen nicht bestätigen zu können. Die oppositionsnahe Organisation teilte aber mit, dass Verletzte mit Verbrennungen in ein Krankenhaus in der unweit von Ras al-Ain gelegenen Stadt Tal Tamr gekommen seien.
Die kurdische Autonomieverwaltung hatte in ihren Online-Kanälen ein Video veröffentlicht, auf dem Kinder mit Verbrennungen zu sehen waren, die laut einem Arzt aus der Provinz Hassake von Napalm oder Phosphor stammen könnten.
In Syrien wird der Begriff Napalm zur Bezeichnung von Brandbomben verwendet, die auf Napalm-ähnlichen Substanzen basieren. Phosphor kann als Nebelkampfstoff eingesetzt, aber auch zur Herstellung tödlicher Brandbomben genutzt werden. Diese Verwendung ist völkerrechtswidrig.
16.20 Uhr: Kanzlerin Angela Merkel hat sich hinter den Vorstoß ihrer Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (beide CDU) gestellt, eine international kontrollierte Sicherheitszone im syrischen Grenzgebiet zur Türkei einzurichten.
Der Gedanke, dort Schutzzonen einzurichten, sei sehr vielversprechend, sagte Merkel am Dienstag in der Sitzung der Unionsfraktion. Ein „Versuch ist es allemal wert“, wurde Merkel von Sitzungsteilnehmern mit Blick auf die Vorschläge Kramp-Karrenbauers zitiert. Die Pläne sollten nun in der Koalition besprochen werden. Deutschland wolle einen Beitrag „vor unserer Haustür“ leisten, sagte Merkel demnach. Die jetzige Lage in Nordsyrien sei nicht gut. „Wir haben die Pflicht zu schauen, wie man die Dinge dort regeln kann“, so die Kanzlerin.
14.40 Uhr: Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan ist in Sotschi zu einem Krisengespräch mit dem Kremlchef Wladimir Putin zusammengekommen. „Die Situation in der Region ist nicht einfach, das verstehen wir alle“, sagte Putin zu Beginn des Treffens in Russland. Er hoffe, dass das hohe Niveau der türkisch-russischen Beziehungen Fortschritte für eine Lösung des Syrien-Konflikts bringe.
Russland unterstützt im Syrien-Konflikt vor allem den umstrittenen Machthaber Baschar al-Assad. Als Vermittler pflegt Russland aber auch enge Kontakte zur Türkei.
Der Kreml kündigte vor dem Treffen an, den Vorschlag von Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer für eine international kontrollierte Sicherheitszone im syrischen Grenzgebiet zur Türkei zu prüfen.
13.10 Uhr: Als „Dieb“ hat Syriens Machthaber Baschar al-Assad den türkischen Präsidenten Recep Tayyip beschimpft. Erdogan habe in der Vergangenheit in Syrien Fabriken, Getreide und Öl gestohlen. Nun stehle er syrischen Boden, sagte Assad, der am heutigen Dienstag Truppen in der Provinz Idlib besuchte.
Obwohl er die Kurden nicht beim Namen nannte, äußerte er sich auch zur Türkei-Offensive in Nordsyrien. „Wir haben euch gesagt: Wettet nicht auf das Ausland, sondern auf die Armee, das Volk und das Heimatland“. Darauf habe niemand gehört. Ganz nach Plan der Amerikaner hätten die Türken nun innerhalb kurzer Zeit große Gebiete besetzt.
11.15 Uhr: Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan plant, die Militäroffensive gegen die Kurdenmiliz YPG in Nordsyrien fortzusetzen, wenn das Abkommen zur Waffenruhe nicht umgesetzt werden sollte.
„Wenn die Versprechen, die Amerika unserem Land gegenüber gemacht hat, nicht eingehalten werden, dann werden wir unsere Offensive da wo sie aufgehört hat und diesmal mit einer noch größeren Entschlossenheit fortsetzen“, drohte er in Richtung Donald Trump und der USA kurz vor seinem Abflug nach Russland. In Sotschi will sich der türkische Präsident mit Wladimir Putin treffen, um über die Lage in Syrien zu sprechen.
Am heutigen Dienstag um 21 Uhr (MESZ) läuft die fünftägige Waffenruhe, die US-Vizepräsident Mike Pence nach Gesprächen in Ankara verkündet hatte, ab.
9.40 Uhr: Die Forderung der Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer, eine international kontrollierte Sicherheitszone im syrischen Grenzgebiet zur Türkei einzurichten, erhielt nicht nur Zustimmung. Aus dem vom SPD-Außenminister Heiko Maas geführten Auswärtigen Amt hieß es, dass es zu diesem Vorschlag „Diskussionsbedarf“ gebe.
Mit der SPD sei dieser Vorschlag nicht abgestimmt gewesen, sagte SPD-Verteidigungspolitiker Fritz Felgentreu am Dienstagmorgen im Verteidigungsausschuss des Bundestages. „Ich habe auch eine Menge Fragen in dem Kontext. Dass wir da skeptisch sind, das liegt auf der Hand“, so Felgentreu. Der Vorschlag habe ihn überrascht. In Deutschland über einen solchen Vorschlag zu diskutieren, sei zwar erst einmal „nicht illegitim“. Bei den Diskussionen sollte allerdings auch etwas Realistisches herauskommen, sagte der Verteidigungsexperte. Er betonte: „Am Ende muss die Bundesregierung geschlossen handeln.“ Ein einzelnes Ministerium könne keine internationale Politik gestalten.
Update vom 21. Oktober, 19.00 Uhr: Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer hat eine international kontrollierte Sicherheitszone im syrischen Grenzgebiet zur Türkei gefordert. Einen entsprechenden Vorschlag habe sie am Montag mit Kanzlerin Angela Merkel abgestimmt und westlichen Verbündeten vorgeschlagen, sagte Kramp-Karrenbauer. Sie werde ihren Vorstoß am Rande des Treffens der Nato-Verteidigungsminister in Brüssel am Donnerstag und Freitag vorstellen.
Über eine mögliche Beteiligung der Bundeswehr müsse der Bundestag entscheiden, sagte die CDU-Vorsitzende. Ziel müsse auch ein ziviles Wiederaufbauprogramm sein. Die Situation in Syrien beeinträchtige die Sicherheitsinteressen Europas und Deutschlands massiv, sagte Kramp-Karrenbauer.
Deswegen „ist ein Impuls und eine politische Initiative von Deutschland ausgehend für einen europäischen Vorstoß in der Nato sinnvoll“, sagte die Ministerin. „Die Frage, wie diese Lösung aussehen kann, liegt in der Schaffung einer international kontrollierten Sicherheitszone unter Einbeziehung der Türkei und Russlands, mit dem Ziel, die Lage dort zu deeskalieren. Mit dem Ziel, den Kampf gegen den Terror der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) fortzusetzen. Mit dem Ziel, den gerade begonnenen Verfassungsprozess nach der UN-Resolution auch wirklich fortsetzen zu können“, sagte Kramp-Karrenbauer.
Update vom 21. Oktober, 17.22 Uhr: Der US-Sender CNN berichtete unter Berufung auf einen US-Offiziellen, fast 500 Soldaten sowie Hunderte Fahrzeuge hätten die Grenze zum Irak überquert. Das wäre die bisher größte Truppenverlegung in Syrien.
Die syrische Regierung konnte einen für das Regime wichtigen Sieg erringen. Erstmals ist eine zentrale Stelle wieder vollständig unter Kontrolle.
US-Verteidigungsminister Mark Esper verteidigte den Abzug mit der Begründung, dass die „Invasion der Türken“ in Nordsyrien unmittelbar bevorgestanden habe. Mit diesem Nato-Partner habe ein „potenzieller Konflikt“ gedroht. „Wir hatten keine Verpflichtung, die Kurden gegen einen langjährigen Nato-Partner“ zu verteidigen, sagte Esper bei einem Besuch in Afghanistan. Allerdings hatte US-Präsident Donald Trump dem türkischen Einmarsch mit dem angekündigten Abzug der US-Truppen erst den Weg bereitet.
Update vom 21. Oktober, 15.49 Uhr: Der Iran hat den türkischen Plan für Beobachtungsposten in Syrien scharf kritisiert. Der Sprecher des iranischen Außenministeriums, Abbas Mussawi, nannte den vom türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan am Freitag angekündigten Schritt, zwölf Beobachtungsposten in Syrien errichten zu wollen, am Montag auf einer Pressekonferenz "inakzeptabel". Eine solche Maßnahme werde vom Iran als "Aggression gegen die Souveränität eines unabhängigen Staates" gesehen, die auf "Widerstand" Teherans und anderer Länder stoßen werde.
"Die Türken können Stützpunkte auf ihrem eigenen Territorium haben, aber wenn Sie meinen, türkische Militärbasen in Syrien zu errichten, ist das inakzeptabel", sagte Mussawi. Der Iran hatte wiederholt einen sofortigen Stopp der türkischen Offensive in Nordsyrien gefordert.
Am Donnerstag hatten die USA und die Türkei eine fünftägige Waffenruhe für Nordsyrien ausgehandelt, die den Kämpfern der kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) den Abzug aus einer geplanten "Sicherheitszone" an der türkischen Grenze ermöglichen soll. Die Waffenruhe endet am Dienstagabend.
Update vom 21. Oktober, 15.10 Uhr: Grünen-Politikerin Claudia Roth traut der Waffenruhe in Nordsyrien nicht. Im Interview mit der Welt nannte sie als Hauptgrund dafür, dass die Kurden, die eine „Sicherheitszone“ verlassen sollen, nicht in die Gespräche eingebunden waren.
Die Folgen des Deals zwischen den USA und der Türkei bezeichnete Roth als „verheerend“, denn der „türkische Präsident Erdogan kriegt, was er will“, so die Grünen-Politikerin weiter. Im Detail würden durch den Deal das Assad-Regime in die kurdischen Gebiete zurückkehren, Russland werde gestärkt und die Kurden würden das Nachsehen haben.
Wie Heiko Maas sieht auch Claudia Roth in Erdogans Vorgehen eine Verletzung des Völkerrechts. Sie fordert den kompletten Stopp von Rüstungsexporten aus Deutschland und der EU in die Türkei.
Update vom 21. Oktober, 14.39 Uhr: Die Waffenruhe in Nordsyrien ist kurz vor dem Ende. Die Kurdenmiliz YPG setzt ihren Abzug aus den umkämpften Gebieten aktuell weiter fort.
Seit Beginn des Rückzugs aus der Grenzstadt Ras al-Ain am Sonntag hätten 100 Fahrzeuge die syrische Grenze in die Region Dahuk im Nordirak überquert, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur aus kurdischen Quellen am Montag.
Die Feuerpause soll den Kurdenmilizen Gelegenheit geben, sich aus dem Gebiet auf der syrischen Seite der Grenze zurückzuziehen, in dem die Türkei eine von ihr so genannte Sicherheitszone errichten möchte.
Unklar ist aber, ob alle Parteien über das gleiche Abzugsgebiet sprechen. Für die Kurdenmilizen gilt der Rückzug nur für die Region zwischen den Städten Ras al-Ain und Tall Abjad. Die Türkei dagegen erwartet, dass die YPG aus einem viel größeren Gebiet von 32 Kilometern Tiefe und 120 Kilometern Länge abzieht. Später soll die „Sicherheitszone“ auf eine Länge von 440 Kilometer ausgedehnt werden. In der gemeinsamen türkisch-amerikanischen Erklärung zur Waffenruhe ist kein Gebiet spezifiziert.
Update vom 21. Oktober, 13.04 Uhr: Die Bundesregierung hat sich in der Diskussion über mögliche Sanktionen gegenüber der Türkei erneut zurückhaltend geäußert. Der Forderung nach einer schnellen Verschärfung bei der Vergabe von Exportgarantien erteilte man eine Absage.
Ein Sprecher des Auswärtigen Amts sagte am Montag in Berlin, es gebe die Hoffnung und man wirke auf die Beteiligten entsprechend ein, dass aus der derzeitigen Waffenruhe ein dauerhafter Waffenstillstand werde. Diese Chance wolle man nicht ungenutzt lassen. Aus diesem Grund stelle sich die Frage etwa einer möglichen Deckelung der sogenannten Hermes-Bürgschaften „heute noch nicht“.
Regierungssprecher Steffen Seibert betonte: „Wir beobachten die weitere Entwicklung sehr genau in Nordsyrien.“ Die Exportgarantien würden schon jetzt im Einzelfall sehr genau geprüft.
Update vom 21. Oktober, 12.16 Uhr: Die USA haben den Truppenabzug aus Nordsyrien fortgesetzt. Ein Konvoi habe die Grenze zum Irak überquert, meldete die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte am Montag. Der US-Sender CNN berichtete unter Berufung auf einen US-Offiziellen, es habe sich um fast 500 Soldaten sowie Hunderte Fahrzeuge und damit um die bisher größte Truppenverlegung in Syrien gehandelt.
Ein Video der kurdischen Nachrichtenseite Hawar News zeigte, wie Menschen in der nordsyrischen Stadt Kamischli gepanzerte Fahrzeuge der US-Armee mit Steinen beschmeißen und die Soldaten beschimpften.
US-Verteidigungsminister Mark Esper hatte am Wochenende erklärt, der Abzug der US-Truppen aus Syrien werde „Wochen, nicht Tage“ dauern. Dieser solle „sehr überlegt und sehr sicher“ verlaufen. Die Soldaten sollen sich demnach vom Irak aus weiter am Kampf gegen die IS-Terrormiliz beteiligen.
Update vom 21. Oktober, 12.11 Uhr: In Deutschland brennt die Debatte, wie man auf die türkische Offensive in Nordsyrien reagieren soll. Der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter hat sich jetzt für den Aufbau einer humanitären Schutzzone ausgesprochen. Dafür brachte er zudem einen Einsatz von 30.000 bis 40.000 Soldaten aus EU-Ländern ins Spiel.
Man müsse konstruktive Vorschläge machen und dann „natürlich auch bereit sein, europäische Soldaten, darunter auch die Bundeswehr, dorthin zu senden“, sagte Kiesewetter am Montag im Inforadio des RBB. Auch Sanitätskräfte, Entwicklungshelfer und Personal für den Wiederaufbau seien nötig.
Nach Kiesewetters Meinung soll die EU der Türkei die Errichtung einer solchen Schutzzone unter internationalem Mandat, also etwa der Vereinten Nationen, anbieten. Dies wäre eine ungeheure Anstrengung, aber „wenn wir Europäer uns weiter nicht anstrengen, werden wir zum Spielball“, sagte der CDU-Politiker. „Wenn wir uns dort nicht engagieren, werden wir die Auswirkungen massiv auf europäischem Boden zu spüren bekommen.“
Die Bundesregierung äußerte sich zu der Forderung zurückhaltend: Der Sprecher des Auswärtigen Amtes sagte, ein solcher Vorschlag sei bisher nicht Gegenstand von Beratungen im EU-Kreis gewesen. Seibert antwortete auf die Frage, ob die Bundesregierung bereit sei, deutsche Soldaten unter einem entsprechenden Mandat in die Region zu schicken, dies stehe derzeit nicht zur Debatte.
Update vom 21. Oktober, 10.46 Uhr: Nach Meinung von Bundesaußenminister Heiko Maas steht die Offensive der Türkei in Nordsyrien „nicht im Einklang mit dem Völkerrecht“. Das sagte der SPD-Politiker in der ZDF-Sendung „Berlin direkt“ am Sonntagabend. Maas‘ Meinung entspricht der Einschätzung des wissenschaftlichen Dienstes des deutschen Bundestages. In dem entsprechenden Gutachten heißt es, dass „selbst bei großzügiger Auslegung“ kein Recht auf Selbstverteidigung zu erkennen sei, berichtet die dpa.
Jetzt drohte Heiko Maas Ankara zudem mit Konsequenzen: Der Außenminister warnte Erdogan davor die europäischen Zahlungen, die im Rahmen des Flüchtlingsabkommens mit der Türkei überweisen werden zu stoppen.
Es sei weiterhin ein Dialog mit der Türkei nötig, auch darüber, ob syrische Bürgerkriegsflüchtlinge aus der Türkei möglicherweise gegen ihren Willen in die angestrebte Sicherheitszone nach Nordsyrien gebracht werden sollen. Dabei spiele auch das Flüchtlingsabkommen zwischen der EU und Ankara eine Rolle. „Wir werden nicht Geld zahlen für Dinge, die nach unserer Auffassung nicht legitim sind oder legal sind“, betonte Maas. Weitere Maßnahmen gegen die Türkei innerhalb der EU schloss der SPD-Politiker nicht aus.
Auf die persönlichen Attacken des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan reagierte Maas gelassen. Auf die Beleidigungen wolle er nicht eingehen, sagte der Außenminister. "Im Ergebnis ist es mir allerdings lieber, Herr Erdogan schießt mit Worten als mit Raketen. Wenn wir uns darauf verständigen können, kann er mich gerne weiter beschimpfen."
Nach der Einschränkung der deutschen Waffenexporte an Ankara hatte Erdogan Maas vergangene Woche scharf angegriffen. "Du verstehst nichts von Politik, du bist ein politischer Neuling", sagte Erdogan.
Update vom 21. Oktober, 9.18 Uhr: Während Donald Trump bereits wirtschaftliche Sanktionen gegen die Türkei verhängt hat, konnten sich die EU-Staaten bislang nicht auf gemeinsame Maßnahmen festlegen. Genau diese stellt nun der SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich in Aussicht: „Ich glaube, dass es viele Staaten in der Europäischen Union gibt, die vor dem Hintergrund des völkerrechtswidrigen Verhaltens der türkischen Regierung zu Konsequenzen auf europäischer Ebene bereit sind“, sagte Mützenich am Montag im Deutschlandfunk angesichts der türkischen Militäroffensive gegen die Kurdenmiliz YPG in Nordsyrien.
„Man muss sich genau die Möglichkeiten innerhalb der Zollunion, also des Vertrages mit der Europäischen Union, anschauen“, sagte er. Das hätten die Sozialdemokraten schon in der vergangenen Woche angeregt.
Zuletzt waren von Grünen, FDP und Linken, aber auch vom CDU-Vorstandsmitglied Christian Baldauf, Stimmen für ein Ende der sogenannten Hermes-Bürgschaften laut geworden. Darauf angesprochen sagte Mützenich: „Hermes-Bürgschaften müssen nicht gewährt werden, wenn zum Beispiel in der Türkei noch Deutsche festgehalten werden, die sich nichts haben zuschulden kommen lassen außer der Tatsache, dass sie Erdogan kritisiert haben.“
Hermes Bürgschaften sind ein bedeutender Teil deutscher Exportwirtschaft. Letztlich sind es Garantien für deutsche Unternehmen vor Verlusten, falls ausländische Geschäftspartner nicht zahlen. Der Staat springt in diesem Fall ein.
Update 21. Oktober, 6.41 Uhr: Für seinen ungewöhnlichen Brief an den türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan hat US-Präsident Donald Trump viel Spott geerntet - jetzt hat auch die Demokratin Hillary Clinton mit Häme reagiert. Trumps unterlegene Rivalin bei der Präsidentschaftswahl 2016 verbreitete auf Twitter eine Parodie des Schreibens: Einen angeblichen Brief des damaligen US-Präsidenten John F. Kennedy an Sowjetführer Nikita Chruschtschow in der Kuba-Krise 1962.
"Sei kein Idiot, okay?", beginnt das Schreiben, das von der US-Sendung "Jimmy Kimmel Live" stammt. "Hol' deine Raketen aus Kuba raus. Alle werden sagen: 'Yay! Chruschtschow! Du bist der Beste!'" Lenke der Sowjetführer nicht ein, würden dagegen alle sagen "Was für ein Arschloch" und sein "Müll-Land" als "Soviet Bunion" (deutsch: Sowjet Fußballenentzündung) bezeichnen.
"Du gehst mir wirklich auf die Nerven", setzt der imaginäre Kennedy in dem auf den 16. Oktober 1962 datierten Schreiben fort - und beendet den Brief mit "Ich rufe nachher bei dir durch. Umarmung, John Fitzgerald Kennedy".
Die Parodie nimmt den ungewöhnlichen Tonfall aufs Korn, den Trump in seinem Schreiben an Erdogan in der Syrien-Krise angeschlagen hatte. Der US-Präsident hatte seinen türkischen Amtskollegen mit den Worten "Seien Sie kein Narr!" davor gewarnt, bei der Militäroffensive gegen die Kurden tausende Menschen "abzuschlachten", und eine "Zerstörung" der türkischen Wirtschaft angedroht.
Clinton postete den angeblichen Kennedy-Brief nun mit den Worten "In den Archiven gefunden...". Die Kuba-Krise hatte die Welt 1962 an den Rand eines Atomkriegs gebracht. Washington hatte inmitten des Kalten Krieges sowjetische Raketen auf Kuba entdeckt. Chruschtschow willigt schließlich in den Abzug der Raketen ein - unter der Bedingung, dass die USA nicht auf Kuba einmarschieren und ihre in der Türkei stationierten Atomraketen abtransportieren.
Update 22.09 Uhr: Die türkische Militäroffensive gegen die Kurdenmiliz YPG in Nordsyrien steht nach Auffassung von Bundesaußenminister Heiko Maas „nicht im Einklang mit dem Völkerrecht“. Zu der türkischen Argumentation, sie habe das Völkerrecht auf ihrer Seite, sagte der SPD-Politiker in der ZDF-Sendung „Berlin direkt“ am Sonntagabend: „Nach allem, was wir wissen und nach allem, was die Türkei selbst als Rechtsgrundlage angeführt hat, können wir das nicht teilen. Wir glauben nicht, dass ein Angriff auf kurdische Einheiten oder kurdische Milizen völkerrechtlich legitimiert ist.“ Auf die Nachfrage, ob es sich also um einen Bruch des Völkerrechts durch die Türkei handele, sagte Maas: „Wenn es keine Grundlage im Völkerrecht gibt für eine solche Invasion, dann ist sie auch nicht im Einklang mit dem Völkerrecht.“
Update 21.30 Uhr: Auch bei „Anne Will“ ist die Militär-Offensive der Türkei am Sonntagabend Thema. In der Talkshow diskutieren die Gäste über Erdogans Siegeszug.
Update 09.23 Uhr: Die Kurdenmiliz kündigte nun zum ersten Mal an, sich zurückziehen zu wollen. Rund um die belagerte Zone Ras al-Ain. Der YPG-Sprecher Redur Khalil erklärte der Nachrichtenagentur AP zufolge, dass man mit diesem Vorgehen versuchen wolle, eingeschlossene Kämpfer der Kurden und Zivilisten aus der Zone zu befreien. Die Türkei hatte dies der Kurdenmiliz zugesagt.
Daher sieht der Plan vor, sich um 30 Kilometer in einem 120 Kilometer breiten Gebiet zwischen den Städten Ras al-Ain und Tal Abjad zurückzuziehen. Die Aktion soll, laut YPG-Sprecher, von der US-Regierung koordiniert werden.
Update: 08.55 Uhr: Bei der türkischen Militäroffensive in Nordsyrien ist nach Angaben der türkischen Regierung trotz der mit den USA ausgehandelten Waffenruhe ein türkischer Soldat getötet worden. Ein weiterer Soldat sei bei dem Angriff kurdischer Milizkämpfer am Sonntag verletzt worden, teilte das Verteidigungsministerium in Ankara mit. Die Soldaten wurden demnach bei einer "Aufklärungs- und Überwachungsmission" in der Region um Tal Abjad unter anderem mit Panzerabwehrwaffen attackiert. Um sich zu verteidigen, hätten die Soldaten zurückgeschossen.
Update vom 20. Oktober: Die Spitzen der großen Koalition treffen sich am Sonntagabend in Berlin, um unter anderem über die Bilanz der Regierungsarbeit zur Mitte der Wahlperiode zu beraten. Dabei soll auch über den militärischen Feldzug der Türkei gegen die Kurdenmiliz YPG im Norden Syriens soll gesprochen werden. Deshalb wird an den Beratungen nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur auch Außenminister Heiko Maas (SPD) teilnehmen. Am Vortag kritisierte Annegret Kramp-Karrenbauer, die deutsche Verteidigungsministerin und CDU-Vorsitzende stark das Vorgehen der Türkei auf dem CSU-Parteitag in München.
Update 19. Oktober 22.55 Uhr: Die Türkei hat die USA aufgerufen, ihren "Einfluss" zu nutzen, um den Abzug der kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) aus Nordsyrien zu erreichen. "Uns liegt an diesem Abkommen", sagte der türkische Präsidentensprecher Ibrahim Kalin der Nachrichtenagentur AFP mit Blick auf die am Donnerstag erreichte Vereinbarung über eine fünftägige Waffenruhe, um den Abzug der YPG aus einer "Sicherheitszone" an der türkischen Grenze zu erlauben.
"Es sieht ihren Abzug binnen fünf Tagen vor und wir haben unsere amerikanischen Kollegen aufgefordert, ihren Einfluss und ihre Verbindungen zu nutzen, damit sie ohne Zwischenfälle abziehen", sagte der Sprecher von Präsident Recep Tayyip Erdogan. Er versicherte, die Türkei würde ihren Teil der Vereinbarung mit den USA einhalten. Für militärische Zwischenfälle seit Donnerstag seien allein die YPG verantwortlich.
Update 19. Oktober 20.58 Uhr: Recep Tayyip Erdogan fährt während der Waffenruhe verbal schwere Geschütze auf. Wie die Bild berichtet, drohte der türkische Präsident bei einer Veranstaltung in der Provinz Kayseri damit, „die Köpfe der Terroristen zu zerquetschen“, sollten sich die Kurden nicht wie vereinbart zurückziehen. Der Staatschef der Türkei stuft die Kurden-Miliz YPG als terroristische Vereinigung ein. Erdogan erklärte zudem, seine Streitkräfte würden die Offensive „in der Minute fortsetzen, in der die 120 Stunden (Waffenruhe) zu Ende gehen“, sollte der vereinbarte Deal nicht halten.
Zudem betonte Erdogan dem Blatt zufolge, mit Russlands Präsident Wladimir Putin über die Gebiete der von der Türkei geplanten „Sicherheitszone“ in Nordsyrien, wo aktuell syrische Soldaten stationiert seien, diskutieren zu wollen. Sollten beide Seiten keine Einigung erzielen, werde die Türkei „ihre eigenen Pläne“ in Angriff nehmen. Das Treffen ist für Dienstag geplant.
Update 19. Oktober 19.07 Uhr: Die Türkei und die kurdischen Milizen in Nordsyrien haben sich gegenseitig die Verletzung der vereinbarten Waffenruhe vorgeworfen. Das türkische Verteidigungsministerium erklärte, die "Terroristen" der kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) hätten 14 Angriffe verübt. Die von der YPG dominierten Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) warfen ihrerseits Ankara vor, die von den USA ausgehandelte Waffenruhe nicht einzuhalten und den Abzug ihrer Kämpfer aus der Stadt Ras al-Ain zu blockieren.
Update 19. Oktober 9.17 Uhr: Der Mehrheitsführer der Republikaner im US-Senat, Mitch McConnell, hat die Syrien-Politik von Präsident Donald Trump scharf kritisiert. "Die US-Truppen aus Syrien abzuziehen, ist ein schwerer strategischer Fehler", schrieb McConnell in einem am Freitag veröffentlichten Gastbeitrag für die "Washington Post". Der Rückzug mache die USA unsicherer, stärke deren Feinde und schwäche wichtige Verbündete. Die Kombination aus dem US-Abzug und der türkischen Militäroffensive verursache einen "strategischen Albtraum für unser Land".
Die USA hatten vergangene Woche nach einer überraschenden Ankündigung von Präsident Trump Soldaten aus Stellungen in Nordsyrien abgezogen. In der Folge begann die türkische Armee ihre lange angekündigte Offensive gegen die Kurdenmiliz YPG, die von den USA zuvor lange im Kampf gegen die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) unterstützt worden war.
In Washington sorgte der US-Truppenabzug für massive Kritik - auch in Trumps eigener Partei. Auch McConnell, der normalerweise ein treuer Unterstützer des US-Präsidenten ist, hat die Entscheidung bereits kritisiert.
In der "Washington Post" schrieb der einflussreiche Republikanerchef nun: "Selbst wenn die am Donnerstag verkündete fünftägige Waffenruhe hält, haben die Ereignisse der vergangenen Woche den Kampf der USA gegen den Islamischen Staat und andere Terroristen zurückgeworfen." Auch im Irak sei die IS-Miliz nach dem von Ex-Präsident Barack Obama beschlossenen Truppenabzug wieder "aufgeblüht", warnte McConnell.
Dasselbe werde auch in Syrien und Afghanistan passieren, "wenn wir unsere Verbündeten im Stich lassen und uns aus diesen Konflikten zurückziehen, bevor sie gewonnen sind". "Amerikas Kriege sind nur dann 'endlos', wenn Amerika sich weigert, sie zu gewinnen", schrieb McConnell mit Blick auf Trumps Ankündigung, die USA sollten sich aus "lächerlichen endlosen Kriegen" zurückziehen. Den Namen des US-Präsidenten nannte er in seinem Gastbeitrag nicht.
21.18 Uhr: Im Konflikt zwischen dem türkischen Militär und der kurdisch dominierten YPG-Miliz im Norden Syriens könnte vor allem eine dritte Partei extrem profitieren. Die in Nordsyrien gefangenen Anhänger des sogenannten Islamischen Staates. Durch das Abrücken der US-Streitkräfte und die dadurch begünstigte türkische Offensive, gelang schon vielen inhaftierten IS-Kämpfern die Flucht.
Eine Entwicklung die auch der Kanzlerin Sorgen bereitet, die am Donnerstag befürchtete, dass der Einsatz der Türkei die Erfolge der kurdischen Milizen im Kampf gegen den IS zunichtemachen könne. Der Terrorexperte und Buchautor Peter Neumann teilt die Sorgen der Kanzlerin und erklärt gegenüber bild.de: „ISIS hat genau auf diese Gelegenheit gewartet.“
Bereits seit zwei Jahren würde der Anführer des IS davon sprechen, dass man das Kalifat wiederaufbauen würde, wenn die Amerikaner das Interesse an der Region verlieren und sich zurückziehen würde. Eine Prognose, die sich jetzt bewahrheiten könnte. Auch die Kämpfer die aus der kurdischen Gefangenschaft fliehen konnten, sieht Neumann als Gefahr: „Viele werden zunächst in Syrien bleiben und sich dort wieder der Terrororganisation anschließen. Für andere geht es zurück in die Türkei, von wo aus sie ursprünglich nach Syrien gelangt sind. Und von einigen wissen wir, dass sie wieder in die europäische Heimat zurückwollen.“
Darüber hinaus warnt der Terrorismusexperte vor einem schleichenden Prozess. Es würden morgen nicht auf einmal hunderte Kämpfer vor der Tür stehen, meint Neumann. Für die kurdischen Milizen könnte die drohenden Terror-Gefahr - auch für Europa - darüber hinaus zum politischen Druckmittel werden, um mehr Unterstützungen aus Zentral-Europa zu bekommen.
Update 20.32 Uhr: Das Auswärtige Amt in Berlin hat am Freitag den türkischen Botschafter Ali Kemal Aydin zu einem espräch empfangen. Wie das ZDF unter Berufung auf Diplomatenkreise berichtete, ging der Wunsch nach einem Treffen von der türkischen Seite aus. Aydin besprach sich demnach mit dem Politischen Direktor Jens Plötner - einem der engsten Berater von Außenminister Heiko Maas (SPD). Zum Inhalt des Gesprächs wollte sich das Auswärtige Amt nicht äußern.
Die Bundesregierung hat wegen des Syrien-Konflikts einen teilweisen Rüstungsexportstopp gegen die Türkei verhängt. Nach der Einschränkung der Ausfuhren verspottete der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan zuletzt Außenminister Maas. Maas habe keine Ahnung von Politik - er sei ein „Dilettant“, sagte Erdogan.
Aydin wiederum verurteilte in dieser Woche die in Deutschland laut gewordene Kritik am Militärgruß türkischer Fußball-Nationalspieler mit scharfen Worten. „Es grenzt wirklich an Fremdenfeindlichkeit, Diskriminierung und Rassismus“, sagte er.
Update 19.03 Uhr: Die für den Nordosten Syriens verkündete Waffenruhe zwischen der Türkei und Kurdenmilizen hält den Vereinten Nationen zufolge weitgehend. In den meisten Gebieten sei es ruhig, sagte der Sprecher von UN-Geralsekretär António Guterres, Stéphane Dujarric, am Freitag in New York. Allerdings hatte es rund um die Grenzstadt Ras al-Ain zuletzt weiterhin Beschuss mit Granaten und durch Schusswaffen gegeben. Die UN berief sich auf Informationen ihres Nothilfebüros Ocha, das mit „vertrauenswürdigen Quellen“ in dem Bürgerkriegsland zusammenarbeite.
Derweil gehe die humanitäre Hilfe für Zehntausende infolge der Kämpfe vertriebene Menschen weiter - alleine in den vergangenen zwei Tagen seien 60 000 Hilfsbedürftige unterstützt worden. Die Ausgabe von Wintersachen habe begonnen, sagte Dujarric.
Update 18.15 Uhr: Der Abzug der US-Truppen aus Nordsyrien könnte sich zu einem strategischen Eigentor für US-Präsident Donald Trump entwickeln, denn wie die jüngste Umfrage des renommierten Meinungsinstitutes Gallup zeigt, wünscht sich die Mehrheit der US-Bürger Trump aus dem Amt. 52 Prozent der befragten Amerikaner sprechen sich für die Einleitung des Amtsenthebungsverfahrens aus. Das berichtet bild.de. Vor vier Monaten sprachen sich bei einer ähnlichen Befragung noch lediglich 45 Prozent gegen den US-Präsidenten aus.
Ein Blick in die Geschichte prophezeit darüber hinaus eine düstere Zukunft für Donald Trump. Denn das letzte Mal war 1974 die Mehrheit der Bevölkerung für die Amtsenthebung des Präsidenten. Damals sprachen sich 58 Prozent gegen den amtierenden Präsidenten Richard Nixon aus. Nixon, der ebenfalls Mitglied der Republikaner war, trat nur wenige Tage nach der Umfrage aufgrund des Watergate-Skandals zurück. Die Aussichten sind also nicht gerade gut für Donald Trump.
Update 18.07 Uhr: Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron hat nach eigenen Angaben über den Kurzbotschaftendienst Twitter vom Abzug der US-Truppen aus Syrien erfahren. "Ich dachte, dass wir in der Nato seien, dass die Vereinigten Staaten und die Türkei in der Nato seien", sagte Macron am Freitag am Rande des EU-Gipfels in Brüssel. "Wie alle anderen habe ich über einen Tweet erfahren, dass die Vereinigten Staaten entschieden haben, ihre Truppen abzuziehen."
Macron sagte nicht, auf welche Twitter-Botschaft er sich bezog. US-Präsident Donald Trump hatte am 7. Oktober überraschend über den Onlinedienst verkündet, es sei an der Zeit, dass sich sein Land aus den "lächerlichen endlosen Kriegen" zurückziehe. Zugleich begannen die US-Streitkräfte mit dem Abzug ihrer Truppen aus Nordsyrien.
In der Folge begann die türkische Armee ihre lange angekündigte Offensive gegen die Kurdenmiliz YPG in Nordsyrien. Macron kündigte am Freitag an, er wolle gemeinsam mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und dem britischen Premierminister Boris Johnson eine diplomatische Initiative starten. In deren Rahmen ist auch ein Treffen mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan geplant. Frankreich ist mit Spezialkräften an der Anti-IS-Koalition in Syrien beteiligt.
Update 15.52 Uhr: Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hat der Türkei Kriegsverbrechen in Nordsyrien vorgeworfen. Die türkischen Streitkräfte und ihre syrischen Verbündeten hätten bei ihrer Militäroffensive gegen die kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) "Kriegsverbrechen, Massentötungen und unrechtmäßige Angriffe" verübt, teilte Amnesty am Freitag mit. Die Organisation erklärte, über "erdrückende Beweise für willkürliche Angriffe in Wohngebieten" zu verfügen.
Amnesty-Generalsekretär Kumi Naidoo bescheinigte der türkischen Armee und ihren syrischen Verbündeten eine "vollkommene Gleichgültigkeit gegenüber dem Leben von Zivilisten". Dem Amnesty-Bericht zufolge griffen die von Ankara kontrollierten Streitkräfte unter anderem ein Wohnhaus, eine Bäckerei und eine Schule an.
Amnesty beruft sich auf Videoaufnahmen sowie Aussagen von 17 Zeugen, unter ihnen Rettungskräfte, medizinisches Personal, humanitäre Helfer, Vertriebene und Journalisten. Ein kurdischer Mitarbeiter des Roten Kreuzes sagte demnach, er habe nach einem türkischen Luftangriff am 12. Oktober in der Nähe einer Schule verkohlte Leichen aus einer Ruine getragen. Die türkische Regierung kommentierte den Amnesty-Bericht zunächst nicht.
Update vom 18. Oktober, 15.40 Uhr: Seit der Vereinbarung der Waffenruhe sei es in vielen zuvor umkämpften Gegenden friedlich, hieß es aus Kurdenkreisen. Rund um die Grenzstadt Ras al-Ain habe es allerdings weiterhin Granatenbeschuss und Maschinengewehrfeuer gegeben, berichtete die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte. Die Angabe stieg von fünf auf sieben getötete Zivilisten und vier syrische Kämpfer sowie mindestens 21 verletzte Personen. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan sagte auf die Frage nach Gefechten am Freitag in Istanbul, das sei „Spekulation und Desinformation“, der man nicht glauben solle. Die Türkei erklärte außerdem, ihre Offensive werde nicht gestoppt, sondern „unterbrochen“.
EU-Ratschef Donald Tusk hat die von der Türkei und den USA vereinbarte Waffenruhe für Nordsyrien scharf kritisiert. „Diese sogenannte Waffenruhe ist nicht das, was wir erwartet haben“, sagte Tusk am Freitag zum Abschluss des EU-Gipfels in Brüssel. „Das ist in Wirklichkeit kein Waffenstillstand, das ist die Aufforderung an die Kurden zu kapitulieren.“
Am Mittwoch, den 9. Oktober, hat der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan den Startschuss für eine lang geplante Offensive gegen Kurdenmilizen in Nordsyrien gegeben. Das Ziel der Türkei laut Erdogan: „Den Terrorkorridor, den man an unserer südlichen Grenze aufbauen will, zu zerstören und Frieden und Ruhe in die Region zu bringen.“
Der Einsatz ist international stark umstritten und wird heftig kritisiert. Kritiker machen auch den USA schwere Vorwürfe, weil die türkische Offensive durch den Abzug der US-Truppen aus dem Grenzgebiet überhaupt erst möglich wurde. US-Präsident Donald Trump hat daraufhin Sanktionen gegen die Türkei verhängt. Er drohte, "die Wirtschaft der Türkei umgehend zu zerstören, wenn die türkische Führung ihren gefährlichen und zerstörerischen Weg fortsetzt".
Ziel der Operation ist die kurdische YPG-Miliz, die auf syrischer Seite der Grenze ein großes Gebiet kontrolliert. Die Türkei sieht in ihr einen Ableger der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK und damit als Terroristen. Der Angriff sei eine Selbstverteidigungsmaßnahme. Während die Türkei betont, ausschließlich Terrorzellen anzugreifen, berichten Aktivisten aus Syrien von Angriffen auf Zivilisten und einem Flüchtlingschaos. Die Hilfsorganisation „Ärzte ohne Grenzen“ hat ihre Mitarbeiter aus der Region abgezogen - in dem Wissen um die schwerwiegenden Folgen für Verletzte. Die Lage vor Ort sei jedoch zu unsicher. Mindestens zwei Journalisten sind Berichten zufolge bei einem Angriff auf einen zivilen Konvoi getötet worden.
Die Türkei will die Kurdenmilizen aus der Grenzregion vertreiben und dort in einer sogenannten „Sicherheitszone“ syrische Flüchtlinge ansiedeln, die derzeit in der Türkei und Europa leben. Die Kämpfe konzentrieren sich auf die syrische Grenzstadt Ras al-Ain. Die Türkei hat seit Beginn des Bürgerkrieges im Nachbarland Syrien rund 3,6 Millionen Flüchtlinge aufgenommen - mittlerweile kippt aber die anfangs von vielen gelebte Willkommenskultur, unter anderem wegen der schlechten wirtschaftlichen Lage im Land.
Am Donnerstagabend kam es zu einer neuen Entwicklung: Nach stundenlangen Verhandlungen mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan hat US-Vizepräsident Mike Pence am Donnerstagabend in Ankara eine Vereinbarung über eine Waffenruhe in Nordsyrien verkündet. Die Türkei kündigte zwar an, ihre Militäroffensive für fünf Tage auszusetzen, damit die kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) ihre Kämpfer aus einer geplanten "Sicherheitszone" entlang der türkischen Grenze abziehen. In Nordsyrien griffen türkische Luftwaffe und Artillerie aber am Freitag weiter an. Laut Aktivisten seien mindestens fünf Zivilisten bei einem türkischen Luftangriff getötet worden.
FDP-Chef Christian Lindner unterläuft in einer Rede vor dem Bundestag ein Versprecher, der ihn den Spott der ZDF-Sendung „heute Show“ aus. Immerhin bringt der Ober-Liberale sogar Kanzlerin Angela Merkel zum Schmunzeln.
Bei einem Luftangriff in Syrien sind zahlreiche türkische Soldaten getötet worden. Die Türkei öffnet derweil die Grenze für Geflüchtete nach Europa.
AFP/dpa
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