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„Da sind doch Sie dran schuld!“ - Lauterbach muss bei „Lanz“ für Corona-Politik einstecken

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Karl Lauterbach zu Gast bei Markus Lanz in der Sendung vom 09.02.2023
Karl Lauterbach zu Gast bei Markus Lanz in der Sendung vom 09.02.2023 © ZDF/Cornelia Lehmann

Bei „Markus Lanz“ muss sich Gesundheitsminister Karl Lauterbach eine Menge Kritik für sein Verhalten in der Corona-Krise anhören.

Hamburg – In der Coronavirus-Pandemie ist Karl Lauterbach schon früh als großer Mahner aufgetreten. Auch bei „Markus Lanz“ am Donnerstagabend (9. Februar) warnt er noch: „Die Pandemie ist nicht vorbei.“ Die Zahlen ließen nun allerdings einen entspannten Umgang mit dem Thema zu, meint der Gesundheitsminister. Deshalb sehe die Bundesregierung von einschneidenden Maßnahmen ab.

Lanz-Debatte über Corona: Prantl ungehalten - „Mir war dieser Staat noch nie so fremd“

Beim Stichwort Maßnahmen wird Süddeutsche-Journalist Heribert Prantl ungehalten. Die zahlreichen Vorschriften in der Pandemie hielt er für übertrieben und nicht zielführend; sie hättten zu sehr in das Leben der Menschen eingegriffen. „Mir war dieser Staat noch nie so fremd“, lautet sein Urteil. Der Jurist räumt ein, dass er die eingeleiteten Schritte zum Beginn der Infektionsphase angebracht fand. Später seien sie und die verbundene Verfolgung der Regelbrecher hingegen nur noch „unbarmherzig“ und „unheimlich“ gewesen.

Lauterbach verteidigt das Vorgehen und verweist auf die Querdenker-Szene, die die Bewältigung der Pandemie zusätzlich erschwert habe. „Da sind doch Sie dran schuld“, antwortet Prantl dem SPD-Politiker postwendend. Dessen „Panikmache“ habe den Widerstand erstarken lassen, weil jeder Andersdenkende gleich als Verschwörungstheoretiker betitelt wurde.

Die Ärztin Agnes Genewein schließt sich der Kritik an. Spätestens nach der ersten Phase der Pandemie wäre ein größerer Vertrauensvorschuss für die Krankenhäuser angebracht gewesen, findet sie. Diese Einrichtungen seien es schließlich gewohnt, gegen Infektionskrankheiten anzukämpfen.

Lauterbach bei „Lanz“ im Corona-Kreuzfeuer: Vorbild Schweden?

Bei der aufbrandenden Kritik an den Corona-Maßnahmen wurde in der Vergangenheit wiederholt der Vergleich zu Schweden herangezogen. Die Nordeuropäer schränkten das Leben ihrer Bevölkerung nur minimal ein. Warum hat sich die Bundesregierung daran kein Beispiel genommen?

„Diesen Weg hätten wir nie beschreiten können“, hält Lauterbach fest und liefert zwei Argumente mit. In Schweden seien zum einen mehr Menschen in den Altersheimen gestorben, was hier als unverantwortlich eingestuft worden wäre. Zum anderen habe die stärkere Urbanisierung in Deutschland die Eindämmung des Covid-Erregers erschwert.

Markus Lanz gibt sich mit dieser Antwort nicht zufrieden und suggeriert, dass die Schweden klüger agiert haben, weil sie auf Freiwilligkeit setzten. Prantl springt auf diesen Zug auf und verurteilt die Idee der Zwangsimpfung, die letztlich nicht durchsetzbar war. Der SZ-Kommentator ist überzeugt, dass die Akzeptanz für die Impfung durch Werbung und nicht durch Abschreckung gewachsen wäre.

Lauterbach verteidigt noch einmal sein Vorgehen. Das Warnen vor möglichen Corona-Folgen stuft er als verantwortungsbewusstes Handeln und nicht als Panikmache ein. Prantl erinnert ihn daran, das Wort „Killervirus“ benutzt zu haben. Den anschließenden Daueralarm habe die Bevölkerung wegen solcher Übertreibungen kaum noch ernstgenommen.

„Markus Lanz“: Waren die Schulschließungen ein Symptom der Planlosigkeit?

Zu den kontrovers diskutierten Maßnahmen während der Corona-Pandemie zählten unbestritten die Schulschließungen. Genewein zeigt auf, wie folgenreich die Unterrichtsausfälle für das Medizinwesen waren. Das Krankenhauspersonal reduzierte sich beispielsweise dramatisch, weil einfach keine Kinderbetreuung vorhanden war. Ihre Einrichtung habe daher Abteilungen schließen und den Fokus auf dringende Fälle legen müssen.

„Markus Lanz“ - das waren seine Gäste am 09. Februar

Lauterbach versucht den Schwarzen Peter anschließend Markus Söder zuzuschieben. Der CSU-Ministerpräsident habe in Bayern Schulschließungen durchgesetzt und alle anderen Bundesländer zogen sofort nach. Auswertungen ergaben inzwischen, dass die Schließungen nur wenig Positives bewirkt haben. Der Gesundheitsminister räumt diese Tatsache ein, besteht jedoch darauf, nicht bewusst falsch gehandelt zu haben.

Markus Grill sieht genau hier das Problem. Die Bundesregierung habe häufig viel zu planlos agiert. Der Gesundheitsexperte war völlig überrascht, dass in einem Land wie Deutschland so wenige Strukturen funktionieren, wenn der Ernstfall ausbricht.

In Prantls Augen hätte sich die Politik einen Großteil der Kritik an den Maßnahmen ersparen können, wenn sie sie häufiger öffentlich im Parlament debattiert hätte. Die Bürger könnten die Entscheidungen auf diesem Wege nachvollziehen und würden so Fehlentscheidungen seltener anprangern.

Corona-Politik: Vernachlässigte Kinder zahlen laut Ärztin hohen Preis

Kritik steckt die Bundesregierung zurzeit wegen den Auswirkungen der Pandemie-Politik auf Kinder und Jugendliche ein. Diese Gruppe habe durch die Pandemie mit gravierenden psychischen Problemen zu kämpfen, unterstreicht Genewein. „Es kommen viel, viel kränkere Kinder bei uns an“, erklärt die Ärztin. Insbesondere Angststörungen hätten Hochkonjunktur. „Sie haben Angst vor allem Möglichen.“

Diese Ängste seien zum Teil durch Isolation ausgelöst. Viele Eltern hätten ihre Sorgen auch auf ihren Nachwuchs übertragen. Als Folge sieht Genewin vermehrt Kinder, die überredet werden müssen, zur Schule zu gehen. Diese Betroffenen könnten durch das Fernbleiben vom Unterricht weiter zurückgeworfen werden, sodass der Staat sie über Jahre unterstützen muss.

Genewein ist froh, dass mit Lauterbach nun ein Gesundheitsminister im Amt sei, der immerhin einige Maßnahmen für die Heranwachsenden beschlossen habe. In der jüngeren Vergangenheit sei die Kindermedizin ihrer Meinung nach „vor die Wand gefahren“ worden. Sie spricht sogar von einer „massiven Unterversorgung“ in der Kindermedizin. Um den Turnaround zu schaffen, müssten zudem die Corona-Hilfen ausgezahlt werden, die immer noch nicht bei den Kliniken angekommen seien.

„Markus Lanz“ – Das Fazit der Sendung

Karl Lauterbach kassierte – stellvertretend für die Bundesregierung – harsche Kritik für die dauerhaften und teils überzogenen Maßnahmen in der Corona-Pandemie. Gerade die Ärztin Agnes Genewein stellte klar: Die Probleme sind noch lange nicht bewältigt. (Kevin Richau)

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