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Netanjahu besucht Berlin: Israels Premier trifft Scholz – Kanzler äußert „große Sorge“ über Justizreform

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Von: Bedrettin Bölükbasi

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Der israelische Premierminister Netanjahu besucht Berlin und trifft Scholz. An der Gedenkstätte Gleis 17 lobte er die Partnerschaft mit Deutschland.

Update vom 16. März, 16.05 Uhr: Israel will den Verkauf seines Luftabwehrsystems Arrow-3 an Deutschland vorantreiben. „Wir haben darüber gesprochen, den Verkauf von Arrow 3 an Deutschland voranzubringen“, sagte der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu nach seinem Gespräch mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Angesichts der schmerzvollen Geschichte beider Länder wäre dies von „historischer Bedeutung“.

„Vor 78 Jahren waren wir ein Nichts“, sagte Netanjahu. „Weniger als 80 Jahre später spricht der Repräsentant des souveränen jüdischen Staates mit dem Regierungschef eines neuen Deutschlands, eines anderen Deutschlands, darüber, die israelischen Verteidigungssysteme zum Schutz des deutschen Luftraums einzusetzen.“

Die Bundesregierung prüft mit Blick auf den Ukraine-Krieg und die Bedrohung durch Russland den Kauf eines Raketenschutzschilds. Im Gespräch ist das israelische System Arrow-3. Es wird von dem Unternehmen Israeli Aerospace Industries in Zusammenarbeit mit dem US-Konzern Boeing hergestellt. Voraussetzung für die Beschaffung wäre allerdings auch eine Zustimmung der USA.

Netanjahu-Besuch in Berlin: Kanzler zeigt sich besorgt über israelische Justizreform

Update vom 16. März, 15.15 Uhr: Bei seinem Treffen mit dem israelischen Regierungschef Benjamin Netanjahu hat sich Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) besorgt über die Pläne zur Justizreform in Israel geäußert. „Als demokratische Wertepartner und enge Freunde Israels verfolgen wir diese Debatte sehr aufmerksam und – das will ich nicht verhehlen – mit großer Sorge“, sagte Scholz auf der gemeinsamen Pressekonferenz mit dem israelischen Premier.

Er sei sich mit Netanjahu einig, dass die Unabhängigkeit der Justiz „ein hohes demokratisches Gut“ sei, so der Kanzler weiter. Scholz begrüßte die Initiative des israelischen Präsidenten Isaac Herzog, einen Kompromiss in dem Streit herbeizuführen, „um einer weiteren Polarisierung in Israel entgegenzuwirken“. Herzog habe konkrete Vorschläge unterbreitet, betonte Scholz und fügte hinzu: „Wir würden uns als Freunde Israels wünschen, dass auch über diesen Vorschlag das letzte Wort noch nicht gesprochen ist.“

Israelischer Premier Netanjahu zu Gast in Berlin: Gespräche zu bilateraler Zusammenarbeit

Erstmeldung vom 16. März: Berlin – Wegen einer geplanten Justizreform stehen der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu und sein rechts-religiöses Kabinett im eigenen Land scharf in der Kritik. Inmitten des innenpolitischen Wirbels nimmt er aber eine außenpolitische Auszeit und besucht nun Berlin. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat Netanjahu am Donnerstagmittag (16. März) im Kanzleramt in Berlin empfangen.

Im Fokus des Gesprächs stehen die bilaterale Zusammenarbeit sowie internationale und regionale Sicherheitsthemen, insbesondere die Bedrohung durch den Iran. Auch eine Beschaffung des von Israel und den USA hergestellten Raketenschutzschirms Arrow-3 durch Deutschland dürfte Thema sein.

Netanjahu in Berlin: Gemeinsamer Besuch von Gleis 17 mit Scholz – „vertrauensvolles Bündnis“

Zuvor hatten Netanjahu und Scholz gemeinsam die Gedenkstätte Gleis 17 besucht und die Verbundenheit beider Länder und die anhaltende Verantwortung Deutschlands für den Holocaust betont. Der Gedenkort am Bahnhof Grunewald erinnert an den Beginn der Deportationen von Berliner Juden vor mehr als 80 Jahren.

Netanjahu in Berlin
Bundeskanzler Olaf Scholz (r) empfängt Benjamin Netanjahu vor dem Bundeskanzleramt. © Kay Nietfeld/dpa

Netanjahu betonte, wie wichtig die Wehrhaftigkeit des Staates Israel sei. „Wir wissen, dass die Forderungen nach der Auslöschung Israels nicht aufgehört haben“, sagte er am Gleis 17. Eine wichtige Lektion des Holocaust sei, derlei Bedrohungen früh entgegenzutreten, um solche Katastrophen zu verhindern. Zugleich betonte Netanjahu die zuverlässige Partnerschaft mit Deutschland und sprach von einem „vertrauensvollen Bündnis“.

Netanjahu besucht Berlin: Scholz macht auch „Verantwortung aus der Geschichte“ aufmerksam

Seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges habe sich die Welt verändert, sagte der israelische Regierungschef und ergänzte: „Deutschland hat sich verändert.“ Vor 75 Jahren sei der jüdische Staat gegründet worden, Juden hätten seitdem gelernt, „sich selbst zu verteidigen“. Es sei heute wichtiger denn je, „Anzeichen des Bösen frühzeitig zu erkennen“. Die Bedrohungen für Juden seien heute andere, gab Netanjahu unter anderem mit Blick auf den Iran an.

Bundeskanzler Scholz unterstrich, dass Grunewald ein Ort sei, von dem aus viele Menschen in den sicheren Tod deportiert worden seien. „Und deshalb werden wir die Verantwortung, die wir aus dieser Geschichte haben, nicht vergessen und ihr immer gerecht werden“, so der Kanzler. Dazu gehöre auch die enge Verbundenheit zum Staat Israel. Statt wie ursprünglich geplant am Freitagmorgen will Netanjahu bereits am Donnerstagabend abreisen. Nach israelischen Medienberichten soll ein Sicherheitsvorfall im Norden Israels der Hintergrund sein. (bb/dpa/afp)

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