Türkei macht ernst: Wer sind die Menschen, die Erdogan nach Deutschland abschiebt?

Mindestens elf Personen mit vermeintlichem IS-Bezug kommen aus der Türkei in Deutschland an. Sind sie Gefahr oder nur eine Drohung des türkischen Präsidenten Erdogan?
- Die Türkei schiebt aktuell Personen mit Syrien- und IS-Bezug und deutscher Staatsbürgerschaft in die Bundesrepublik ab.
- Während der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan mit weiteren Abschiebungen droht, sind die deutschen Sicherheitsbehörden mit den aktuell ankommenden Personen befasst.
- Wer sind die Menschen, die von der Türkei nun nach Deutschland kommen?
Ankara/Berlin - Die Türkei hat begonnen, radikale Islamisten und mutmaßliche Anhänger der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) nach Deutschland abzuschieben. Davor kamen viele Anhänger auf eigene Faust zurück - die Form der Abschiebung ist dementsprechend ein Novum. Doch wer kommt da eigentlich zurück nach Deutschland?
Bereits am Montag (11. November) landeten die ersten mutmaßlichen IS-Mitglieder mit deutschem Pass in Deutschland, von der Türkei abgeschoben. Weitere sollen folgen. Während der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan mit weiteren Abschiebungen droht, sind die deutschen Sicherheitskräfte mit den aktuellen Rückkehrern beschäftigt. Vor allem die schnelle Vollstreckung durch die Türkei stellt sie vor vollendete Tatsachen. Mittlerweile wird die Türkei sogar verdächtigt, deutsche Panzer illegalerweise an syrische Rebellen weitergegeben zu haben.
Türkei-Abschiebung: Irakische Großfamilie aus Hildesheim
Wie die Bild berichtet erwarten die Behörden am Donnerstag (14. November) die Ankunft einer deutsch-irakischen Großfamilie. Es soll sich um ein Ehepaar mit fünf Kindern handeln, die dem salafistischen Milieu in Hildesheim zugeordnet werden. Erst im Januar sollen sie in die Türkei gereist sein, eine Betreuung durch das deutsche Konsulat lehnten sie ab.
Seit Ende März sitzen sie laut der Zeitung in Abschiebehaft, wo das fünfte Kind geboren wurde. Mit einer Festnahme müssen die Eltern allerdings nicht rechnen - denn es gäbe keine Hinweise auf eine IS-Mitgliedschaft. Der CDU-Innenexperte Armin Schuster würde die Familie zwar „nicht als ungefährlich bezeichnen“, es handele sich aber um „keine hochkarätig schwerwiegenden Fälle“.
Türkei-Drohung: Überwachung durch Behörden oder Haft?
Zwei Ehefrauen von IS-Kämpfern, die am Freitag (15. November) aus der Türkei abgeschoben werden sollen, werden sich allerdings sehr wohl einer Prüfung unterziehen müssen. Sie seien laut Bild aus einem von Kurden bewachten Lager in der Türkei geflohen, wo sie wegen ihrer IS-Mitgliedschaft inhaftiert waren.
Mit einer Haft müssten sie allerdings nicht rechnen, würden aber „Gegenstand sicherheitsbehördlicher Maßnahmen sein“, wie Bild erfahren haben will. CDU-Mann Schuster erklärt: „Wenn es nicht für die Inhaftierung reicht, kommen die mutmaßlichen IS-Anhänger auf freien Fuß und werden umfangreich überwacht.“ Gefährlich würde es erst werden, wenn „wir diese Menschen nicht auf dem Schirm haben“ - so wie etwa bei Personen, die sich in Deutschland radikalisieren.
Mittelfristig plant die Türkei auch die Abschiebung zweier deutscher Konvertitinnen, die ebenfalls aus diesem Lager in Nordsyrien hatten fliehen können. Zuvor soll sichergestellt werden, dass die Kinder, die bei ihnen sind, tatsächlich ihre eigenen Kinder - und damit deutsche Staatsbürger - sind.
Erdogan droht mit weiteren Abschiebungen aus der Türkei: Viele Deutsche noch im Ausland
In der Türkei sollen derzeit mindestens 14 Erwachsene aus Deutschland sowie 15 Kinder in Abschiebehaft sitzen. Alle von ihnen sollen sowohl IS- als auch Syrien-Bezug haben. Nach Angaben Erdogans sitzen mehr als 1000 Anhänger des IS in türkischen Gefängnissen, darunter 737 ausländische Staatsbürger.
Der IS hat seine einstigen Herrschaftsgebiete im Irak und in Syrien verloren und gilt militärisch als besiegt. Nach einem Bericht der US-geführten Anti-IS-Koalition vom Juni halten sich in dem Gebiet aber noch zwischen 14 000 und 18 000 IS-Anhänger auf, darunter 3000 Ausländer. Derweil droht auch der US-amerikanische Präsident Donald Trump der EU mit IS-Kämpfern.
Video: Türkei schiebt 10 Deutsche ab - möglicherweise auch IS-Anhänger
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat einen Mann aus Köln in seinem Türkei-Urlaub verhaften lassen. Und auch eine Frau aus Hamburg durfte nicht mehr ausreisen.
Hakan Sükür ist in der Türkei unerwünscht. Der Ex-Fußballstar erhebt Vorwürfe gegen Recep Tayyip Erdogan und hat einen Tipp für Mesut Özil und Ilkay Gündogan.
Am Sonntag und Montag kam es zu Anschlägen auf einen Linken-Politiker. Dabei sind Schüsse gefallen. Möglicherweise sind radikale Erdogan-Anhänger verantwortlich.
jw/dpa/AFP