Gesine Schwan strahlt nicht mehr

Berlin - Gesine Schwan hat zum zweiten Mal gegen Horst Köhler verloren. Doch dieses Mal ist der Umstand tragischer 2004. Die Kandidatin erbittet sich jetzt Ruhe.
Gesine Schwan will sich zunächst einmal zurückziehen. Sie brauche jetzt vor allem eines: “Ein bisschen Ruhe“, sagt die 66-Jährige. Die letzten Wochen haben Spuren hinterlassen, ihre Niederlage bei der Wahl am Samstag wohl auch Verletzungen. Das strahlende Lachen der SPD-Kandidatin ist seither erloschen. Zu ihren Zukunftsplänen will sie sich noch nicht äußern. SPD-Chef Franz Müntefering sagt: “Sie wird bei uns bleiben und sie wird zwischen uns bleiben.“ Die Doppeldeutigkeit scheint ihm nicht mal bewusst zu sein.
Bilder von der Bundespräsidentenwahl
Schwan ist die große Verliererin der Bundespräsidentenwahl. Sie ist die einzige Kandidatin in der Geschichte der Bundesrepublik, die in der Bundesversammlung gleich zwei Mal gescheitert ist. Nur ist ihre Niederlage diesmal so viel bitterer als 2004. Damals hatte sie, getragen von einer Woge der Sympathie, noch mindestens zwölf Stimmen aus dem gegnerischen Lager erhalten. Horst Köhler setzte sich zwar im ersten Wahlgang durch, Schwan wurde aber trotzdem als Gewinnerin gefeiert, als Kandidatin, die das Herz vieler Menschen erobert hatte.
Unsere Bundespräsidenten
Am Samstag konnte Schwan nicht einmal die eigenen Reihen schließen. Mindestens elf Wahlleute aus den Reihen von SPD und Grünen verweigerten ihr die Unterstützung. Schwan erhielt nur 503 Stimmen, obwohl das rot-grüne Lager 514 Delegierte hatte. Die SPD-Spitze versuchte umgehend, die Schuld dafür den Grünen anzulasten. “Ich bin mir sicher, dass alle 419 Delegierten von uns für Schwan gestimmt haben“, betonte Müntefering. Die Abweichler säßen woanders.
Heftiger Schlagabtausch mit Birthler
Damit dürfte der SPD-Chef nicht ganz falsch liegen. Die Abgeordnete Silke Stokar von den Grünen bekannte sich nach der Wahl ganz offen dazu, Köhler gewählt zu haben, weil sie “keine Verabredungen mit der Linkspartei“ gewollt habe. Sie sei sicher, dass auch andere Parteifreunde das gemacht hätten. Tatsächlich hatte es bei den Grünen zuletzt erhebliche Bedenken gegen Schwan gegeben, insbesondere wegen ihrer Äußerung, die DDR sei kein Unrechtsstaat gewesen. Noch am Freitagabend war Schwan in einer Sondersitzung der Fraktion deshalb heftig mit der früheren Bürgerrechtlerin und heutigen Stasi-Akten-Beauftragten Marianne Birthler aneinandergeraten. Danach appellierte die Fraktionsspitze an die Delegierten, sich zumindest zu enthalten, wenn man im ersten Wahlgang schon nicht für Schwan stimmen wolle.
Angst vor Rote-Socken-Kampagne
Trotzdem klingen die Schuldzuweisungen der SPD jetzt hohl. Das gilt insbesondere für Frank-Walter Steinmeier und Franz Müntefering, die Schwans noch unter Parteichef Beck beschlossene Kandidatur von Anfang an nur mit mäßiger Begeisterung unterstützten. Zu groß war die Angst vor einer Rote-Socken-Kampagne im Bundestagswahlkampf.
Aber Schwan machte auch selbst Fehler. Wurde sie 2004 gerufen, hieß es diesmal, sie habe sich selbst ins Spiel gebracht. Bei manchem in der SPD stieß zudem auf Unbehagen, wie offensiv die erklärte Antikommunistin um die Linkspartei warb, ohne deren Unterstützung sie keine Chancen gehabt hätte. Die Rechnung ging nicht auf: Am Ende erhielt deren Kandidat Peter Sodann im ersten Wahlgang sogar noch zwei Stimmen mehr, als die Linkspartei auf die Waage brachte.
Wäre es nach Steinmeier gegangen, wäre diesmal wohl Joschka Fischer gegen Köhler angetreten. Der Außenminister soll Ende 2007 einen entsprechenden Vorschlag in engster Runde gemacht haben. Beck habe das jedoch abgelehnt, weil er damals noch Köhler mitwählen wollte, heißt es.
dpa