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Stephan Leyhe vor dem Start in den Mammut-Weltcup: Im Team zu sein ist das erste Ziel

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Von: Dirk Schäfer

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Skispringer beim Anlauf
In die Spur finden: Das möchte Stephan Leyhe (hier beim Weltcup Ende 2021 in Wisla) schnell, um einen sicheren Platz im DSV-Team zu haben. In Polen wird die Spur übrigens wie im Bild aus Eis sein, gelandet wird auf Plastik(matten). © imago/Newspix

Mehr als 20 Grad warm wird der Herbst in diesen Tagen, auch in Süddeutschland. Dort denken aber alle schon an den Winter. Auch Stephan Leyhe. Schon in einer Woche beginnt die Weltcup-Saison der Skispringer.

Für den in Hinterzarten lebenden Schwalefelder beginnt sie wie fast immer: Er hatte eine Vorbereitung, die keine besonderen Ausschläge ins Positive oder Negative brachte und steht als Teammitglied im Schatten der großen Namen Geiger, Eisenbichler und Wellinger. Fluggefühl, empfehlenswerte Platzierungen, Status als unersetzliches Teammitglied – alles muss sich Leyhe wieder erarbeiten. Im Jahr nach seiner Rückkehr nach Verletzungspause war es für ihn wieder eine normale Sommervorbereitung.

Aber einer, der im Sommer schon große Bäume ausreißt, war Leyhe auch 2022 nicht; so wie etwa David Kubacki (Polen), der souverän die Wertung des Sommer-Grand-Prix gewann. „Solide“ nennt Leyhe seinen Sommer, in dem er in den Wochen vor der Deutschen Meisterschaft bei vier von sechs Wettkämpfen sprang. 30., 26., 15. und 18. wurde der Willingen-Sieger von 2020 – ergab Platz 40 im Gesamt-Ranking. „Es waren ein paar gute Sachen dabei, ab und zu lief es nicht so“, blickt der Upland-Adler zurück und verrät, dass es kein ganz einfacher Sommer für ihn gewesen sei.

Stephan Leyhe sieht im Hybrid-Springen kein Problem

„Im Gegensatz zu vorigem Jahr, als ich wusste, ich muss nach der Verletzung erstmal reinfinden, war es diesmal schwer, die Form zu finden. Punktuell hatte ich die, dann habe ich etwas Neues ausprobiert, das nicht so funktioniert hat“, so Leyhe. Vom Grundniveau her seien die Sprünge gleichbleibend gewesen: „nie extrem gut, aber auch nie richtig schlecht. So waren dann auch die Grand-Prix-Ergebnisse.“

Und jetzt, knapp fünf Wochen nach dem Grand-Prix-Finale in Klingenthal, geht es für Leyhe und Co. schon um die ersten Weltcuppunkte. „Ein erstes Abtasten“, wie der 30-Jährige den Auftakt in Wisla nennt. Dort fand bisher am ersten Dezember-Wochenende das Springen statt. Weil an den ersten Wochenenden der Fußball-WM in Katar allerdings vier Spiele zwischen 11 und 20 Uhr stattfinden, die Fis aber die guten TV-Sendezeiten nicht opfern möchte, wurden die beiden Einzelspringen von Wisla auf den 5. und 6. November nach vorn geschoben.

Rüsten für die neue Saison: die Willinger Michelle Göbel, die erst Anfang Dezember die ersten Winter-Wettkämpfe hat, und Stephan Leyhe trafen sich zur Einkleidung in Herzogenaurach. Während der Saison werden sie sich kaum sehen, glaubt Leyhe.
Rüsten für die neue Saison: die Willinger Michelle Göbel, die erst Anfang Dezember die ersten Winter-Wettkämpfe hat, und Stephan Leyhe trafen sich zur Einkleidung in Herzogenaurach. © pr

Weil zwei „Hybrid-Wettkämpfe“ mit Eisspur und Aufsprungmatten die Austragung garantieren sollen, kann sich der Weltverband auch noch selbst loben, weil er einen nachhaltigeren Weltcup ermöglicht: Auf teure und energieaufwendige Produktion von Kunstschnee kann verzichtet werden. „Es ist schon etwas anders, einfach weil es vom Zeitpunkt her früher ist. Aber in der Eisspur anfahren und auf Matten landen, das ist das, was wir Jahr für Jahr in der Herbstvorbereitung machen“, sagt Stephan Leyhe zum ungewohnten Weltcup-Beginn.

Die Saison dauert bis zum 2. April. Kann man seine Form überhaupt so lange halten? „Ich bin gespannt, wer das kann“, so Leyhe. „Deshalb sage ich immer, der Gewinn des Gesamt-Weltcups ist nie weniger wert als zum Beispiel eine WM-Medaille, weil du über die ganze Wintersaison gut sein musst. Es werde entscheidend sein, die Tage bzw. Wochenenden auszuwählen, an denen die Belastung richtig ist oder eben auch Entlastung wichtig sei. Die Erfahrung des Schwalefelders: „Wenn man auf Formsuche ist, fällt es schwer, dem Körper mal Ruhe zu geben. Denn da ist man im Zwiespalt: Man müsste eigentlich Pause machen aber man will sich auch beweisen, um im Team zu bleiben.“

Leyhes Ziel: Mehr Punkte als vorige Saison

Nach Wisla gibt es eine Pause bis zum 25. November, ehe es am finnischen Polarkreis in Kuusamo mit jeder Menge Echt-Schnee weitergeht. Diese erneute Pause könne ein Vorteil sein, so Leyhe, „wenn du noch nachbessern musst an der Technik oder am System. Wenn es gut läuft, weißt du immerhin sehr früh, dass du auf einem guten Weg bist. Ob seine Frühform gut genug ist für einen der sechs deutschen Startplätze, weiß Leyhe noch nicht.

„Im Moment ist noch alles offen“, sagt der Mann vom SC Willingen, dessen Teamkollegen Karl Geiger und vor allem Andreas Wellinger, der Deutscher Meister wurde, im Sommer und Herbst überzeugten. Markus Eisenbichler hat wegen einer Muskelzerrung im Kniebereich keinen Sommer-Wettkampf absolviert, soll aber zum Weltcupstart zurückkehren.

Skispringen: Ein Upländer freut sich auf die USA

Pius Paschke (20.) und Philipp Raimund (25.) lagen in der Gesamtwertung auch klar vor Leyhe. „Wir haben nach wie vor ein starkes, in der Breite gut aufgestelltes Team. Auch Philipp, unser Jüngster, hat gezeigt, dass er sich gut entwickelt hat über den Sommer. Insgesamt ist es jetzt noch sehr schwer, etwas über die eigenen Chancen zu sagen“, ordnet der Upländer sich und seine Mitstreiter grob ein.

Lange Saison, mittelmäßige Frühform: Nicht von ungefähr kommen Stephan Leyhes gewohnt zurückhaltend formulierte Ansagen: „Mein Ziel ist es zunächst, fester Teil des Teams zu werden bzw. zu bleiben. Das ist in unserem Team nicht selbstverständlich“, sagt der Team-Bronzemedaillen-Gewinner von Olympia 2022. Und schlägt vor, für konkretere Ziele „vielleicht so Ende Januar“ noch einmal zu telefonieren. Er halte es generell wie in den letzten Jahren, so Leyhe: „Ich möchte mehr Punkte holen im Weltcup als in der vorigen Saison. Letztes Jahr war ich 22. Das will ich verbessern.“

Der Weltcup-Kalender

4.-6. November: Wisla
25.-27. November: Ruka/Kuusamo
9.-11. Dezember: Titisee-Neustadt
16.-18. Dezember: Engelberg
Vierschanzentournee: 28./29. Dezember Oberstdorf, 31. Dezember/1. Januar Garmisch, 3./4. Januar Innsbruck, 5./6. Januar Bischofshofen
14./15. Januar: Zakopane
20./21. Januar: Sapporo
20. - 22. Januar: Kulm/Bad Mitterndorf (Skifliegen)
3.- 5. Februar: Willingen
10. - 12. Februar: Lake Placid
17./18. Februar: Rasnov
24. Februar - 4. März: Planica (Weltmeisterschaft)
Raw Air: 10. - 12. März: Oslo, 14.-16. März Lillehammer, 17.-19. März Vikersund (Skifliegen)
25./26. März: Lahti
30. März - 2. April Planica (Skifliegen)

Freilich stehen vor allem gute Platzierungen bei den Highlights auf dem Wunschzettel, von denen der Winter einige zu bieten hat: Vierschanzentournee, Skifliegen und „On top“ die Weltmeisterschaft in Planica. „für mich ist natürlich auch Willingen ein Höhepunkt, und ich persönlich freue mich auch eine Woche später auf das Springen in Lake Placid“, verrät Leyhe. Neue Schanzen im Weltcup gebe es selten, „und man hat nicht so oft die Gelegenheit, nach Amerika zu fliegen.“

Als der Wahl-Schwarzwälder zuletzt in den Staaten war, seinerzeit in Iron Mountain, startete er noch im Continental-Cup. Und 2023 könnte er Teilnehmer an der Premiere des Super-Team-Wettkampfes sein. Der Modus mit nur zwei Mann starken Teams ist neu. „Gut, dass man sich Gedanken macht, wie Skispringen noch interessanter wird“, sagt Leyhe. „Wenn ich bei einem der beiden Super-Team-Events springe, werde ich die Neuerung sicher gut finden, weil das dann wohl bedeutet, dass ich zu den zwei Besten im Team gehöre.“ (Dirk Schäfer)

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