So wurde in Arolsen ein diakonisches Konzept für örtliche Belange entwickelt und umgesetzt. Es fußt(e) auf den Ideen und praktischen Beispielen des evangelischen Sozialreformers und Begründers des Kaiserwerther Verbandes, Pastor Theodor Fliedner, sowie des protestantischen Pfarrers und Leiters der diakonischen Anstalten in Bethel,
Ein Brief war der Anfang
Ein Brief der Fürstin Helene, die 1862 Pfarrer Fliedner um Entsendung einer Diakonisse aus dem Kaiserswerth bat, zeigt, dass sie sich um soziale Themen kümmerte und das Geschehen außerhalb Waldecks genau verfolgte.
Aus Kaiserswerth kamen gut ausgebildete Pflegekräfte. Wilhelmine Rothe, eine aus Korbach stammende Krankenschwester, war die erste Diakonisse in Arolsen und sie tat ihren Dienst im damals neuen Landkrankenhaus Arolsen.
Durch das später entstandene Diakonissenhaus bekamen junge Frauen - was damals nicht selbstverständlich war - eine pflegerische und eine erzieherische Ausbildung und einen Arbeitsplatz mit sozialer Absicherung. Das sei revolutionär gewesen, bekräftigt Pfarrerin Kerstin Ries-Beuthert.
Armes Waldecker Land
In einem Vortrag zu 300 Jahre Arolsen über die Entstehung des WDS beleuchtete Pfarrer Beuthert die soziale Situation in dem kleinen Fürstentum: 1861 bestand die waldeckische Bevölkerung aus 50 531 Bewohnern, davon lebten 35 Prozent als Tagelöhner und 32,6 Prozent in der Landwirtschaft, wobei die wenigstens Landeigentum hatten.
Zudem gab es mehr Frauen als Männer. Das hing mit der Erbfolge zusammen, die den erstgeborenen Sohn zum Alleinerben machte und die anderen Söhne in vielen Fällen zum Auswandern nach Westdeutschland oder nach Nordamerika bewegte. Industrie gab es hier nicht, andere Beschäftigungsmöglichkeiten waren rar. Frauen boten sich ebenfalls kaum reguläre Einkünfte. Die Menschen hungerten. Und in den Krankenstuben bot sich ein Bild des Jammers, wie aus den Erinnerungen des Herbser Lehrers Höhle hervorgeht.
Beginn am Stadtrand
Mit der Stiftung der Fürstin Helene wurde der Bau des Mutterhauses am Stadtrand des kleinen Städtchens mit noch nicht einmal 300 Einwohnern ermöglicht. Hinzu kam die finanzielle Unterstützung durch vermögende Unternehmer. Getragen wurde die Einrichtung der Armenfürsorge durch ein Frauenkomitee.
Das war die Keimzelle für das Diakonissenhaus, aus dem so viele in der Pflege und sozialen Berufen Tätige kamen kamen. Bis ins 21. Jahrhundert lebten noch Diakonissen im Mutterhaus. (Armin Haß )