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Naturschutz und mehr - Hobbyimker im Imkerverein Arolsen haben 550 Bienenvölker

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Von: Achim Rosdorff

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Honigernte im Imkerverein Arolsen.
Honigernte im Imkerverein Arolsen. © Privat

Mit ihren weißen Schutzanzügen erinnern Imker ein wenig an Astronauten. Dabei haben sie den Naturschutz auf der Erde im Blick, zum Beispiel im Imkerverein Arolsen.

Die Gründungsmitglieder des Vereins hatten schon 1947 das Ziel, die Bienen und die Natur zu schützen. Seither werden die Lebensbedingungen für die kleinen Summer immer schwieriger. Ihre Grundlagen zu schützen, das haben sich die 66 Arolser Imker auf die Fahnen geschrieben. Jung und Alt – im Alter von 18 bis 86 Jahren – sind dabei und betreuen zurzeit etwa 550 Bienenvölker.

Honigbiene an einer Weidenblüte.
Honigbiene an einer Weidenblüte. © Privat

„Wir treffen uns in der Regel an jedem ersten Mittwoch im Monat zum Stammtisch. Hier wird über aktuelle Themen mit Handouts informiert. So erfahren wir, was es an Neuigkeiten gibt und welche Arbeiten am Bienenstand anstehen“, erzählt Karin Bach, seit Mai 2022 Erste Vereinsvorsitzende. Beim gemütlichen Beisammensein gebe es immer wieder rege Diskussionen. Jetzt im Sommer gehe es vor allem um praktische Themen.

Die Imker treffen sich oft am Bienenstand oder in ihrer Vereinskneipe „zur Post“ in Wetterburg. Der nächste Stammtisch findet am Mittwoch, 7. September, ab 19 Uhr in der Werkstatt von Hobbyimker Vernaleken in Volkmarsen statt.

„Viele Imker unterstützen sich gegenseitig, bei Bedarf bekommen sie von uns wertvolle Infos, zum Beispiel zur Beute (Behausung). Eine eigene Homepage haben wir derzeit im Aufbau“, so Bach.

Besonderheiten des Imkerhobbys

Doch was ist eigentlich das Besondere am Hobby Imkerei, was treibt die Vereinsmitglieder dazu, sich intensiv mit den Bienen zu beschäftigen? „Die hochorganisierte Staatenbildung der Bienen ist beispielsweise sehr spannend und fasziniert enorm. Interessant ist es, welch überragende Bedeutung sie für die Artenvielfalt vieler Lebensräume, aber auch für die Erträge der Landwirtschaft hat – das rückt immer mehr in den Vordergrund“, erklärt Karin Bach.

Bienen an einer Sonnenblumenblüte.
Bienen an einer Sonnenblumenblüte. © Privat

Die Honigbiene sei zwar das kleinste „Haustier“ des Menschen, stehe aber durch ihren Bestäubungswert an drittwertvollster Stelle. Im Einklang mit den Bedürfnissen der Bienen zu imkern und sie so zu halten, dass ihre Lebensbedingungen möglichst weitgehend denen in freier Natur entsprechen, bedeute einen aktiven Beitrag zum Naturschutz.

So sind nicht nur die aktiven Imker begeistert dabei, auch ihre Angehörigen unterstützen insbesondere vor und bei der Honigernte die Imkerei. „Die Verbundenheit drückt sich auch im Miteinander von Jung und Alt aus, und die Leidenschaft ist ansteckend – einige unserer Mitglieder machen mit zwei Generationen gleichzeitig mit“, sagt die Vereinsvorsitzende und betont: „Wir freuen uns über jeden Interessierten, dem wir unser Hobby und die Liebe zur Natur nahebringen können. Gerne kann jede oder jeder Interessierte bei unseren Stammtischen reinschnuppern oder bei einigen Imkern einfach mal mitlaufen. Besondere Eigenschaften benötigt man nicht. Es muss einem aber klar sein, dass Imkern weit mehr ist als einfach nur Bienen zu halten.“

Imker bei der Bienenvolkskontrolle.
Imker bei der Bienenvolkskontrolle. © Privat

Das Hobby Imkern ist gar nicht teuer. Über eine Mitgliedschaft im Imkerverein ist man grundversichert und bei der Tierseuchenkasse gemeldet. Der Beitrag setzt sich aus den Fixkosten für den Landesverband, Ortsverein und DIB zusammen sowie den variablen Kosten pro eingetragenem Bienenvolk (Versicherung gegen Diebstahl, Sturmschäden, Sanierung im Seuchenfall). Neuimker können zum Start beispielsweise auch Beuten (Bienenbehausungen) leihen und später eigenes Material erwerben.

„Über die neuen Kontakte und interne Netzwerke kommt man an Bienenvölker aus der Region, die an unsere klimatischen Verhältnisse gewöhnt sind“, so Bach. Die Anschaffungskosten von einem Bienenvolk inklusive Beute liegt je nach Größe und Beutentyp zwischen 200 und 400 Euro.

Zeitaufwand variabel

Den Zeitaufwand für sein Hobby bestimmt jeder Imker selbst. Er ist allerdings abhängig davon, welchen Schwerpunkt man einschlägt: Honig/Wachs gewinnen, Völker vermehren oder Königinnen züchten oder weitere Bienenprodukte, etwa Wachs für Kerzen, vermarkten möchte“, erklärt Karin Bach.

Die aktivste und zeitaufwendigste Zeit eines Imkers beginnt im April, wenn die Völker stark wachsen und eine wöchentliche Kontrolle erfolgen sollte, um ein ungewolltes Schwärmen zu vermeiden. Ein nicht eingefangener Bienenschwarm wird den kommenden Winter zumeist nicht überleben.

Zwischen Mai und Juli erfolgt üblicherweise die Honigernte. Parallel dazu kann Pollen von starken Völkern geerntet werden, je nachdem, wie viel die Pflanzen rund um den Standort hervorbringen. Dabei wird der Eigenbedarfes des Volkes berücksichtigt. Ab Juli und August steht die Spätsommerpflege an, denn die Völker sollen gesund, stark und mit ausreichend Futter über den Winter gebracht werden.

Zwischen Oktober und März erfolgen regelmäßige Kontrollen der Völker und Bienenstände ohne übermäßige Störungen. Außerdem wird das Material für die kommende Saison vorbereitet, vielmals auch Bienenwachskerzen gegossen oder Met/Liköre angesetzt.

Karin Bach: „Unterschätzen sollte man den Aufwand nicht, denn in jedem Fall übernimmt man Verantwortung für jedes eigene Volk und die der Imker im Umkreis.“

Kontrolle von Belastungen

In der Landwirtschaft wird aktuell verstärkt Pflanzenschutzmittel wie Herbizide und Pestizide auf die Felder gespritzt. Auf mögliche Probleme mit den Schadstoffen im Honig, zum Beispiel bei Rapshonig, und den Kontrollen angesprochen, sagt Karin Bach: „Idealerweise arbeiten Landwirte und Imker in einer gewissen Kooperation. Die Absprachen sollen gewährleisten, dass zum Beispiel notwendige Behandlungen nur mit zugelassenen Mitteln, so gering wie möglich und vor allem außerhalb der Flugzeit erfolgen oder auch Rapsfelder erst nach einer Behandlung angewandert werden.“

Immerhin profitiere ein Landwirt von der Bestäubungsleistung und der Imker vom Honigertrag. Dies betreffe neben reinem Rapshonig aber auch den Frühtrachthonig generell, da mitunter beispielweise auch in Obstbaumplantagen behandelt werde.

Über den Landesverband hessischer Imker bestehe bei Bewilligung von Fördermitteln die Möglichkeit, Honig- und Wachsproben vergünstigt untersuchen zu lassen. Unabhängig davon könne jeder Imker diese Untersuchungen auch selbst finanzieren. Beides werde von einigen Imkern im Verein auch genutzt. Karin Bach: „Zusätzlich werden von einigen Instanzen auch Honig-, Futterkranz- oder auch Bienenproben über Bienensachverständige oder Vereinsvorstände eingefordert.“

Kritik von Veganern

Also, kann man Honig ruhigen Gewissens essen? Veganer sagen nein und lehnen den Genuss gänzlich ab. Dazu sagt die Vereinsvorsitzende: „Sicherlich gibt es schwarze Schafe bei der Honigproduktion, gerade auch bei der industriellen Honigvermarktung.“

Allerdings werde bei den im Internet veröffentlichten Argumenten gegen den Honigkonsum sehr viel verallgemeinert und der Sachverhalt oberflächlich und einseitig betrachtet. Der regionale Imker vor Ort arbeite im Idealfall sehr aufmerksam, vorsichtig und mit Offenheit gegenüber dem Bienenvolk. Er ernte nur überschüssigen Honig, Pollen, Propolis und vielleicht etwas Gelee Royale.

Bienenschwarm im Holunder.
Bienenschwarm im Holunder. © Privat

Hintergrund: Ein Bienenvolk benötigt im Jahr etwa 70 kg Honig zur eigenen Energieversorgung und etwa 25 kg Pollen als Nahrung für die Bienenlarven. Was die Bienen darüber hinaus sammeln (bei Honig zum Beispiel etwa 25 - 30 kg pro Volk), kann der Imker ernten, ohne dem Bienenvolk zu schaden oder später zwingend Ersatzfütterungen vornehmen zu müssen. Honig besteht zwar zu 80 % aus Zucker, dieses ist aber überwiegend Trauben- und Fruchtzucker, der einfacher für den menschlichen Körper zu verarbeiten ist als gewöhnlicher Haushaltszucker. Darüber hinaus enthält er entzündungshemmende Enzyme, bioaktive Stoffe und Antioxidantien, die auch für Menschen gesund sind.

Die Erste Vorsitzende des Imkervereins Arolsen hat Spaß an ihrem Hobby und ist für jede Diskussion offen.
Die Erste Vorsitzende des Imkervereins Arolsen hat Spaß an ihrem Hobby und ist für jede Diskussion offen. © Privat

„Wir sind uns der Leistung der Honigbiene und des gesamten Volkes bewusst, die erbracht werden muss, um den Honig in hoher Qualität (geringer Wassergehalt, Anreicherung mit Enzymen) herzustellen und unterstützen dies durch eine gute imkerliche Praxis“, betont Karin Bach. Die bei Bedarf erforderlichen und sinnvollen Ersatzfütterungen würden sorgfältig ausgewählt, so dass die Völker stark und gesund überwintern können. Der dadurch erhöhte Honigpreis würde viele Käufer abschrecken, dabei könne der billigere aus dem Ausland importierte oder industriell verarbeitete Honig, der oft sogar mit Sirup getreckt sei, diese Gesundheitswirkung nicht leisten. Hinzu komme: Der überwiegende Teil der Imker lege großen Wert auf insektenfreundliche Blumen, Stauden, Sträucher und Bäume.

„Immer mehr Landwirte erkennen den Wert von Insekten und legen schon im Sommer Blühstreifen an oder säen Zwischenfrüchte. Hierbei werden weder beim Imker noch beim Landwirt Unterschiede zwischen Honigbiene und Wildbienen, Hummeln oder Schmetterlingen gemacht, und die entstehenden Früchte dienen vielmals noch als Wildvogelfutter im Herbst und Winter. Außerdem legen viele Imker auch kleine Teiche zur Wasserversorgung der Bienen an, aus denen eigene Biotope für Tiere und Pflanzen entstehen. Eine Verallgemeinerung mit der Industrie und Verurteilung von gewissenhaften Imkern sollte also vermieden werden“, betont Karin Bach und sagt: „Ein Besuch bei uns, den regionalen Imkern vor Ort, würde vielleicht auch dem ein oder anderen Veganer ein ruhigeres Gewissen beim Honigkonsum bereiten. Für Diskussionen sind wir jedenfalls immer offen.“

Info

www.die-honigmacher.de

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