1. WLZ
  2. Waldeck
  3. Bad Arolsen

Rotarier aus Korbach und Bad Arolsen bringen Hilfsgüter von Waldeck bis nach Lwiw

Erstellt:

Kommentare

Rotarier helfen in der Ukraine: Einer der Paul-Wasserfilter wird in Polen umgeladen für den Transport in die Ukraine. Thomas Ebert, Dirk Trompeter und Franz-Peter Kaiser (alle vom Rotary-Club Korbach-Bad Arolsen), Dawid Pufelski von Operation Aid sowie Piotr Balicki (Rotary-Club Jaroslaw).
Rotarier helfen in der Ukraine: Einer der Paul-Wasserfilter wird in Polen umgeladen für den Transport in die Ukraine. Thomas Ebert, Dirk Trompeter und Franz-Peter Kaiser (alle vom Rotary-Club Korbach-Bad Arolsen), Dawid Pufelski von Operation Aid sowie Piotr Balicki (Rotary-Club Jaroslaw). © Armin Haß

Bei einer der größeren Hilfsaktionen des Rotary Clubs Korbach-Bad Arolsen wurden Hilfsgüter im Wert von 20.000 Euro über Polen in die seit 2022 von Russland angegriffene Ukraine geliefert. Wir haben den Transport begleitet.

Bad Arolsen / Lwiw – Das Rotarier-Trio aus Korbach und Bad Arolsen, Dirk Trompeter, Thomas Ebert und Franz-Peter Kaiser, transportierte mit einem VW-Bus und einem Anhänger acht tragbare Trinkwasserfilter Paul und einen Generator sowie Verbandsmaterial, Medikamente, Gehhilfen und Inkontinenzartikel.

Die Hilfsgüter kamen durch Spenden zusammen. Kostenfrei wurden Fahrzeug und Proviant für die langen Fahrten über jeweils 1200 Kilometer nach Jaroslaw in Ostpolen und zurück zur Verfügung gestellt. WLZ-Redakteur Armin Haß aus Bad Arolsen begleitete die Drei.

Ansprechpartner in Polen

Die im vorigen Jahr durch Franz-Peter Kaiser zu Piotr Bialicki vom Rotary Club Jaroslaw geknüpften Kontakte brachten den Hilfstransport ins Rollen und eröffneten nicht zuletzt die Möglichkeit einer raschen und sicheren Verteilung der Hilfsgüter. Mit der 15-stündigen Fahrt in die Stadt im Karpatenvorland war die erste Etappe des Unternehmens absolviert.

Über die Freunde in Jaroslaw war der wichtige Anknüpfungspunkt an die vor einem Jahr in Stockholm gegründete und durch größere Sponsoren geförderte internationale Organisation Operation Aid hergestellt worden. In Polen werden zwei Stützpunkte betrieben, einer davon in der Nähe von Jaroslaw in einem früheren Schulgebäude.

Medizinische Versorgung verwundeter Soldaten

Dawid Pufelski leitet diesen Stützpunkt und ist selbst als Fahrer immer wieder mit Hilfsgütern in den Donbass unterwegs. Die Arbeit von Operation Aid wird durch feste Kräfte und Freiwillige aus verschiedenen Ländern Europas unterstützt. Durch ihre Hilfe gelangen solche Güter wie die aus dem Waldecker Land und lastwagenweise Lebensmittelpakete zu Menschen in den östlichen Gebieten der Ukraine, die sich die Waren wegen der stark gestiegenen Preise nicht leisten können.

Pufelski ist wiederum über Operation Aid mit weiteren Organisationen verbunden, die effektiv und unbürokratisch Zivilisten vielfältige Hilfe zukommen lassen sowie die medizinische Versorgung verwundeter Soldaten stärken.

Grenzkontrolle verzögerte sich

Die Rotarier-Gruppe reiste nach dem Umladen von Hilfsgütern im polnischen Stützpunkt ins 120 Kilometer entfernte Lwiw, das frühere Lemberg, um dort die Verladung der medizinischen Hilfsmittel in ein Ambulanzfahrzeug für ein Militärhospital zu begleiten.

Die Fahrt nach Lwiw dauert normalerweise gut zwei Stunden, aber auch für den bei den ukrainischen Behörden gemeldeten und damit bevorrechtigten Kleinbus war die Reise mit Formalitäten an der Grenze und einer Kontrolle der mitreisenden Deutschen verbunden und verzögerte sich.

Grenzschutzbeamtin bedankt sich

Auch wenn es im Westen der Ukraine momentan aufgrund der mit westlicher Militärhilfe gesicherten Flugabwehr relativ ruhig ist, so gibt es immer wieder Militär- und Polizeikontrollpunkte. So zog sich der durch den polnischen Pfarrer Krzysztof Blazejewski begleitete Mini-Konvoi etwas in die Länge. Durch Kontakte zu dem griechisch-katholischen Kollegen Taras Chornyi gelang an der idyllisch auf einem Hügel des Dorfes stehenden Kirche in Chyshky ein konspirativer Treff mit zwei Vertretern des Grenzschutzes zur Übergabe der medizinischen Hilfsmittel.

In fließendem Englisch dankte die Grenzschutzbeamtin Irena für die Lieferung und fügte hinzu: „Wir können alles gut gebrauchen.“

Blau-gelbes Blütenmeer über den Gräbern

Szenenwechsel: Lwiw, Lemberg, als Weltkulturerbe-Stadt von der UNESCO geadelte einstige k.u.k.-Metropole der österreichisch-ungarischen Doppelmonarchie, quillt über vor Menschen. Durch Binnenflüchtlinge aus den östlichen Landesteilen ist die Zahl der Einwohner von 730 .000 erheblich angestiegen. Die Straßen sind mit Autos verstopft.

Bei der Fahrt durch Lwiw fällt der Blick auf einen Wald von blau-gelben Fahnen und rot-schwarzen Flaggen der Armee: Am alten Soldatenfriedhof mit Toten aus mehreren vorangegangen Kriegen sind aus der jüngsten Generation im Kampf gegen die russischen Angreifer Gefallene beigesetzt. 700 Grabstellen sind es, die jüngsten aus dem April dieses Jahres. Aus einem blau-gelben Blütenmeer ragen die Kreuze mit Fotos der Gestorbenen heraus. Viele der getöteten Soldaten sind in den 1990-er Jahren geboren. Da war die Ukraine erst einige Jahre offiziell unabhängig, die Sowjetunion hatte 1991 aufgehört zu existieren.

Die jungen Männer sind an der Front

In den Straßen der Altstadt von Lwiw herrscht reger Betrieb, alte Straßenbahnen und neuere Busse bahnen sich den Weg durch die großenteils verstopften Straßen zwischen klassizistischen Gebäuden, die im alten Kern Lwiws von der ehrwürdigen St. Georg-Kathedrale der griechisch-katholischen Kirche überragt werden. Nur wenige Autominuten entfernt bieten Apple-Stores begehrte westliche Elektronik an, sind Restaurants und gut gefüllte Lebensmittelläden geöffnet oder flanieren junge Familien durch die langsam ergrünenden Parks. Doch das ruhige Bild trügt: Es fehlen die jungen Männer neben den Müttern mit Kinderwagen. Die Väter oder Freunde sind im Militärdienst und verteidigen die Ukraine.

Dawid Pufelski, der nervös seine Zigarette ausgemacht hat, chauffierte die Rotarier von Lwiw nach Jaroslaw zurück. Der junge Mann hat nach dem Studium ein Bauunternehmen aufgemacht und unter dem Eindruck des Krieges gegen die Ukraine seinen Beruf vorläufig an den Nagel gehängt.

Elend ist überall präsent

Der junge Familienvater steckt voller Geschichten und Berichte aus dem Kriegsgebiet im Donbass. Das Donnern von Bomben und Raketen, die verminten Straßen und Wege, Beschuss von Hilfsfahrzeugen, das Elend der in den Dörfern zurückgebliebenen Menschen.

„Sind das Nazis, die Russland vernichten wollen?“, fragt er sarkastisch, während er Bilder aus den zerstörten Dörfern zeigt.

Sauberes Wasser ist überlebenswichtig

Diesen Menschen, besonders den Kindern, gibt Operation Aid durch besondere Schutzräume mit selbst gebauten Öfen und Stromgeneratoren Hoffnung. Hier sind die von den Rotarierern gelieferten Wasserfilter besonders in der wärmeren Jahreszeit willkommen: In den tragbaren Behältern mit einem Volumen von 100 Litern kann auch bakteriell oder durch Viren verschmutztes Wasser zuverlässig gefiltert werden. Die Systeme wurden in Kassel von Prof. em. Dr. Franz-Bernd Frechen, Universität Kassel, ehemaliger Leiter des Fachgebiets Siedlungswasserwirtschaft, konstruiert und werden in den Baunataler Werkstätten angefertigt. Nun leisten die Pauls (für: Portable Aqua Unit for Lifesaving) auch in der Ukraine wichtige Dienste. Dawid Pufelski ist erstaunt über das einfache System, mit dem dank einer Nano-Membran ohne Energie und Chemikalien zehn Jahre lang täglich 1200 Liter Wasser gefiltert werden können.

Zum Staunen brachte die Besucher aus dem Waldecker Land ein Abstecher zu einem geheimen Ort im Raum Lwiw: In einer Werkstatt wird gegenwärtig ein 20-Fuß-Container von den Blechen befreit. Dann werden wärmedämmende Wände eingebaut und zum Schluss Röntgen- und Ultraschallgeräte sowie Anästhesie-Ausrüstung mit zwei OP-Betten installiert. Finanziert wird dieses Projekt von zehn verschiedenen Organisationen.

Improvisationstalent und handwerkliches Geschick

Das Operationsmodul ist auf einem Tieflader befestigt und bekommt den Strom aus einem Generator und ergänzend für 24 Stunden aus einer Batterie zwischen Zugmaschine und Container. Damit können die Militärärzte und die Sanitäter hinter der Front lebenswichtige Eingriffe vornehmen und danach mit den verwundeten Soldaten herausmanövriert werden aus dem Kriegsgebiet.

Zwei junge Männer schweißen und schrauben in der Werkstatt, und sie freuen sich, den deutschen Besuchern ihr Werk erklären zu können. Dieses Beispiel zeigt, wie in der Ukraine mit technischem Geschick und Improvisationstalent wichtige Unterstützung geleistet werden kann.

Zwei Monate dauert es, um den rollenden OP an die Armee ausliefern zu können. Sponsoren, die Container und entsprechende Laster bereitstellen wollen, sind weiter gefragt. (Armin Haß)

Auch interessant

Kommentare