Traumhafter Auftakt der Arolser Barock-Festspiele

Wäre es nicht wunderbar? Ein Leben im Einklang mit der Natur, wo Glück und Freiheit herrschen, wo liebliche Hirtenweisen das Herz erfreuen.
Bad Arolsen - Der alte Wunsch kennt einen mythischen Sehnsuchtsort – Arkadien, wie die griechische Landschaft im Zentrum der Peloponnes heißt. In eben diese Traumlandschaft entführen die 36. Arolser Barock-Festspiele unter dem Motto „Auf nach Arkadien!“
Ein wirklicher Traum für Barock-Fans und alle, die es werden wollen, war bereits das Eröffnungskonzert am Mittwoch in der fast ausverkauften Fürstlichen Reitbahn. Aufgrund der Pandemie war das Festival vor zwei Jahren komplett ausgefallen, 2021 gab es nur ein einziges Konzert via Livestream. Nun erklang Alte Musik, wie sie lebendiger kaum sein kann.
Die Crème de la Crème war am Start: die künstlerische Leiterin Dorothee Oberlinger als Königin der Blockflöte, ihr Ensemble 1700 und der Ausnahme-Sänger Bruno de Sá. Der Brasilianer mit einer extrem hohen Stimme ist ein männlicher Sopran, ein Sopranist.
Virtuosität ohne Grenzen
Nach der Devise „#baroque influencers: i pastori arcadia“ huldigte man der 1690 in Rom gegründeten Accademia dell’Arcadia. Bedeutende italienische Komponisten hatten ihr angehört, etwa Alessandro Scarlatti, Giovanni Bononcini oder Arcangelo Corelli. Auch ein deutscher Überflieger mischte im Programm mit: Georg Friedrich Händel, als junger Mann ein Reisender durch Bella Italia.

Die Musik umfasste ein Bild des Lebens, vom zarten Seelenhauch bis zum stürmischen Presto. Bruno de Sá führte seine lichte Stimme bis in höchste Höhen, bewies hellwachen Sinn für Verzierungen, ließ brillante Koloraturen ertönen. Exzellent spielte das Ensemble 1700. Oberlingers Virtuosität kannte keine Grenzen, etwa in einer von Francesco Geminiani bearbeiteten Sonate Corellis. Einmal überraschte ein liedhafter, ja folkiger Ausflug mit tiefer Flöte nach Schottland.
Handel als Zugabe
Eine von vielen Delikatessen war die Arie „Ombra mai fu“. Hier nicht etwa als Welthit von Händel, sondern in der früheren Version von Bononcini, der seinen 15 Jahre jüngeren Rivalen deutlich beeinflusst hat. Die knapp 500 Besucher nahmen den Abend mit tosendem Applaus auf, teilweise im Stehen.
Händel-Zugaben krönten das Konzert: Auf die überschäumende Arie „Il volo così fido“ folgte – vom Sopranisten feinfühlig gesungen – „Verso gia l’alma col sangue“. Letztere ist die Sterbearie des Acis, den der einäugige Riese Polifemo erschlagen hat. Ein trauriges, schier herzzerreißendes Stück. Im Paradies herrscht doch nicht nur eitel Sonnenschein. (Georg Pepl)