Urteil am Freitag erwartet: Amokfahrer von Berlin soll dauerhaft in Psychiatrie

Rund zehn Monate nach der tödlichen Amokfahrt auf dem Berliner Kurfürstendamm haben sich Staatsanwaltschaft, Nebenklage und Verteidigung für die dauerhafte Unterbringung des 30-jährigen Fahrers in einer Psychiatrie ausgesprochen.
Bad Arolsen / Berlin - Staatsanwältin Silke van Sweringen warf Gor H. in ihrem Plädoyer am Mittwoch vor dem Landgericht Berlin einen Mord sowie in 16 Fällen versuchten Mord und gefährliche Körperverletzung vor. Der Mann ist jedoch aufgrund einer psychischen Erkrankung schuldunfähig.
H. raste am 8. Juni nahe der Berliner Gedächtniskirche mit einem Kleinwagen in eine Schulklasse aus Bad Arolsen und weitere Passanten. Eine 51-jährige Lehrerin aus Wolfhagen starb noch vor Ort. Ein Lehrer, zwölf Schülerinnen und Schüler sowie drei weitere Menschen wurden schwer bis lebensgefährlich verletzt.
Von Wahnvorstellungen geleitet
Der Beschuldigte habe „eine albtraumhafte Tat“ begangen, sagte van Sweringen. „Er hat dadurch großes Leid über viele Menschen gebracht.“ H. leide an einer paranoiden Schizophrenie, sehe und höre Dinge, die nur in ihm vorgingen. „Er entschied sich mutmaßlich, gegen seine Dämonen vorzugehen“, sagte die Vertreterin der Anklagebehörde über die Tat. Womöglich habe er in den Jugendlichen vermeintliche Verfolger gesehen, gegen die er habe vorgehen wollen. „Er handelte aus einer nicht genau bekannten Motivation, aber mit einem Vernichtungswillen“, resümierte van Sweringen.
Gutachten zufolge leidet er seit über zehn Jahren an paranoider Schizophrenie. Seine Medikamente nehme er aber nicht regelmäßig, führte die Staatsanwältin aus. Da weitere Taten möglich seien, müsse er deshalb „zum Schutz der Allgemeinheit“ dauerhaft in einer psychiatrischen Klinik untergebracht werden. Die Staatsanwältin beantragte zudem den Entzug der Fahrerlaubnis und eine lebenslange Sperre.
Urteil wird für Freitag erwartet
Die fünf Anwältinnen und Anwälte, die Opfer der Amokfahrt als Nebenklägerinnen und -kläger vertreten, schlossen sich der Forderung der Staatsanwaltschaft an.
„Die Tat war spontan und ist wie aus dem Nichts entstanden“, sagte Verteidiger Marc Höfler in seinem Plädoyer. Sie hätte mit Sicherheit nicht stattgefunden, wäre H. medikamentös richtig eingestellt gewesen. Sein Mandant müsse sich „in einem Zustand allerhöchster Anspannung befunden haben“.
Der Unterbringung werde er nicht entgegentreten, ergänzte er. Ihre Entscheidung will die Strafkammer am Freitag verkünden. (Alexander Wenzel, afp)