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Paulines Backstube an der Landstraße in Rhoden bleibt kalt

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Von: Armin Haß

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Mit Blumen dankten Ukrainerinnen dem Bäckermeister-Ehepaar Anja (3. von links) und Alexander Höölrigl (hinten 3. von links) für ihre Hilfe. Die beiden schließen am Karsamstag Backstube und Laden. Links hinten Bürgermeister Elmar Schröder, vorne links Mitarbeiterin Daniela Scholz. In der Bildmitte, mit schwarzem Shirt, Magdalena Schulz, die das bei der Stadt eingerichtete Büro im Rahmen des Projektes „Bridge to Diemelstadt“ leitet.
Mit Blumen dankten Ukrainerinnen dem Bäckermeister-Ehepaar Anja (3. von links) und Alexander Höölrigl (hinten 3. von links) für ihre Hilfe. Die beiden schließen am Karsamstag Backstube und Laden. Links hinten Bürgermeister Elmar Schröder, vorne links Mitarbeiterin Daniela Scholz. In der Bildmitte, mit schwarzem Shirt, Magdalena Schulz, die das bei der Stadt eingerichtete Büro im Rahmen des Projektes „Bridge to Diemelstadt“ leitet. © Armin Haß

Nach rund zwölf Jahren bleibt Paulines Backstube in Rhoden kalt. Alexander Höllrigl und seine Ehefrau Anja schließen ihre Bäckerei, nachdem der Absatz infolge der Bauarbeiten, der Corona-Pandemie und der stark gestiegenen Betriebskosten aufgrund des Ukraine-Krieges den Betrieb an den Rand der Wirtschaftlichkeit gebracht haben.

Diemelstadt-Rhoden – Auf diesen Nenner bringt es Alexander Höllrigl. 80 bis 90 Stunden in der Woche waren die beiden Bäckermeister mit Leib und Seele in ihrem Metier tätig und mit einem Verkaufswagen unterwegs, um im Umfeld Backwaren auszuliefern.

Handwerk im Rückzug

So makaber es klingen mag: Auch die schwindende Neigung, im Anschluss an Beerdigungen zu einem Trauerkaffee einzuladen und dazu auch Krümelkuchen einzukaufen, hat den Absatz schrumpfen lassen.

Höllrigl (55), derzeit im Vorstand der Bäcker-Innung Waldeck-Frankenberg, gehört damit einer Zunft an, die von immer weniger selbstständigen Bäckern getragen wird: Als er in Rhoden die damalige Bäckerei Sinemus zusammen mit seiner Ehefrau übernahm, seien es 48 Bäckereien im Landkreis gewesen, inzwischen sind es noch 21. Ab heute dann nur 20.

Aus Liebe von Bayern nach Rhoden

Dabei haben die Beiden im wahrsten Sinne mit Liebe in Rhoden angefangen. Beide lernen sich 2004 auf der Fachschule im Rahmen der Meisterausbildung kennen - und lieben. Anja Varlemann, so der Mädchenname der Rhoderin, heiratete später den aus Rosenheim stammenden Bäcker, und zum Glück kam der heute zwölf Jahre alte Sohn Bastian hinzu.

Neben dem bayerischen Zungenschlag gibt es auch alpenländische Spezialitäten, mit Höllrigl und seine Ehefrau bei dem Prüfungen von Backwaren mit „Sehr gut“ und „Gut“ abschnitten: Vinschgauer und selbst gehergestellte Brezeln gehören dazu, Kartoffelbrote oder das Krustenbrot.

Vorbereitung braucht viel Zeit

Was die Arbeitszeiten nach oben trieb, war die Herstellung mit selbst angesetzten Teigen, die Zeit brauchten, bis endlich mit dem Backen begonnen werden konnte. Da verschwand Alexander schon abends um halb zehn im Bett, um in der Nacht in der Backstube loszulegen.

„Die Stunden derfst net rechnen“, sagt Höllrigl mit seinem bayerischen Dialekt. Den zusätzlichen Aufwand bezeichnet er als „reinen Idealismus“.

„Ratschen“ mit den Kunden

Sogar eine Filiale in Germete eröffneten die Beiden. Mit dem Verkaufswagen war Höllrigl unter anderem in Wrexen, Orpethal und Neudorf unterwegs, auch wurden Seniorenheime mit Backwaren beliefert. Mit dem Ende der Bäckerei entfallen nun auch die Gespräche, über die sich besonders ältere Kunden im Roten Land freuten. Das „Ratschen“ gefiel auch Höllrigl, der durch die Lieferungen mal rauskam aus der Bäckerei.

Was nicht verkauft wurde, konnte mittwochs die Bad Arolser Tafel abholen. Und als nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine viele Flüchtlinge aus dem osteuropäischen Land kamen und in der ersten Zeit die Alimentierung durch Sozialleistungen noch nicht in Gang kam, da bekamen Flüchtlinge samstags Brote und andere Backwaren, die nicht verkauft wurden.

Brücke nach Diemelstadt

Dabei lernte man sich mehr oder weniger näher kennen. Magdalena Schulz, neue Büroleiterin für das Projekt „Bridge to Diemelstadt“, kam zum Dank für die Unterstützung mit Ukrainerinnen und ihren Kindern am Mittwoch zusammen mit Bürgermeister Elmar Schröder zur Backstube.

Dort überreichten die Frauen, die inzwischen über mehr oder weniger ausgeprägte Deutschkenntnisse verfügen, Blumen und einen Präsentkorb. Auch der Rathauschef dankte den Höllrigls und bedauerte, dass die Beiden sich gezwungen sehen, die Bäckerei zu schließen.

Noch keine konkreten Pläne

Wie es für Alexander und Anja Höllrigl weitergeht, steht noch nicht fest. Mit ihrer Ausbildung haben sie prinzipiell gute Chancen auf den Arbeitsmarkt. Aber auch was Anderes würde er arbeiten, sagt Höllrigl. Bleiben will die Familie in Rhoden, dort wohnen sie in der Nähe der Bäckerei. (Armin Haß )

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