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Rhoder Naturkundler im Gefolge der Kranich-Züge quer durch Europa unterwegs

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Eindrücke aus der Estremadura in Spanien, einem Rastplatz der Kraniche.
Eindrücke aus der Estremadura in Spanien, einem Rastplatz der Kraniche. © Manfred Hölker

Der Chemie- und Physiklehrer und Ornithologe Dr. Manfred Hölker ist den Kranichen, die jedes Jahr zweimal laut schnatternd über das Waldecker Land fliegen, auf ihrer 4000 Kilometer langen Reise durch Europa gefolgt.

Diemelstadt-Rhoden – Kraniche gelten bereits seit tausenden Jahren als die Vögel des Glücks. Sie verkünden als Zugvögel in Mitteleuropa den Beginn des Frühlings und des Herbstes.

Jeder Mensch, der einmal die posaunenden Flugrufe der Kraniche gehört hat, wird diese nicht vergessen. Kraniche sind für uns Menschen das Symbol für Freiheit und die Sehnsucht nach Ferne. Sowohl im Frühjahr als auch im Herbst begeistern sie die Menschen auch im Waldecker Land mit ihren keilförmigen Formationen in der Luft; bei witterungsbedingten Zug-Staus wie im Jahr 2023 sind sie dann sogar aus nächster Nähe auf unseren Äckern zu beobachten.

Inspiriert vom „Ruf der Kraniche“

Anlass genug für den heimischen Ornithologen Dr. Manfred Hölker, den Kranichen auf ihrer rund 4000 Kilometer langen Reise durch Europa zu folgen. Der Diemelstädter Lehrer begann die Reise mit seinem roten VW Bulli, den seine Schüler scherzhaft „HölCar“ nennen, am berühmten schwedischen Kranich-Tanzplatz am Hornborgasjön und folgte dem mitteleuropäischen Zugweg bis in die Korkeichenwälder der spanischen Extremadura.

„Seit meiner Kindheit haben mich Kraniche schon immer fasziniert“, erzählt Manfred Hölker. Inspiriert durch das Buch von Bernhard Weßling: „Der Ruf der Kraniche“ stand für mich fest, dass ich mein berufliches Auszeitjahr für die Erfüllung einer lang gehegten Expedition nutzen möchte: Die Reise mit den Kranichen durch Europa.

Sabbatjahr angespart

„Drei Jahre habe ich mehr gearbeitet und auf Gehalt verzichtet, um für ein Jahr vom Dienst befreit zu werden“ erzählt der Lehrer für Chemie und Physik an der Schlossbergschule Rhoden in Diemelstadt: „Reisen und die Natur erkunden liegen mir im Blut.“

Der Naturschützer Dr. Manfred Hölker ist Lehrer an der Schlossbergschule in Rhoden.
Der Naturschützer Dr. Manfred Hölker ist Lehrer an der Schlossbergschule in Rhoden. © privat

Zuerst wurden im Sommer 2022 Brutgebiete in Schweden, Finnland und Estland besucht. Bereits ab März sind an diesen Brutplätzen die trompetenartigen Balzrufe bis zu zwei Kilometer weit zu hören. Dann liegt zum Teil noch Schnee in diesen Regionen.

Kranich-Familien bleiben zusammen

Die zuerst ankommenden Kraniche können dann die besten Brutplätze besetzen. Die Balz der Kraniche ist legendär, die Paare tanzen fulminant. Die Brutgebiete befinden sich im Flachland in Bruchwäldern, Sümpfen, Mooren, Feuchtwiesen und Verlandungszonen von Gewässern.

Die Altvögel ziehen ein bis zwei Junge auf. Der Abzug aus den Brutgebieten beginnt dann im September und es werden Sammelplätze an der Ostsee in Mecklenburg, an der Elbe und Havel in Sachsen-Anhalt aufgesucht. Die Kranich-Familien bleiben dabei zusammen.

An durchziehende Formation „drangehängt“

Ab Oktober beginnt dann der Wegzug über traditionelle Zugrouten durch Mitteleuropa. Einer dieser Zug-Korridore verläuft durch das Waldecker Land.

„An eine dieser durchziehenden Kranich-Formationen habe ich mich dann angehängt“ erzählt Manfred Hölker. In den folgenden Tagen ging es über das Pariser Becken bis in die großen Feuchtwiesengebiete bei La Rochelle und Bordeaux.

Finden die Kranich-Trupps dann unterwegs geeignete Nahrungsflächen, so legen sie durchaus mehrtägige Rast ein. Als Nahrung werden herbstliche Erntereste von Mais, Getreide oder Erbsen auf den Äckern bevorzugt. Einige Kraniche bleiben aufgrund des Klimawandels inzwischen den ganzen Winter in den großen französischen Feuchtwiesen-Schutzgebieten.

Bis an die Korkeichenwälder der Estremadura

Anfang November ging es dann für die meisten Kraniche und Manfred Hölker über die westlichen Ausläufer der Pyrenäen. Dort versuchen die Kraniche die hohen Gebirgsregionen zu umgehen, es bildet sich ein Zug-Trichter zwischen Biarritz und San Sebastian. Anschließend fliegen die Kraniche auf die spanischen Hochflächen: Die Landschaft ist dort so weitläufig, dass man die Kraniche schnell aus den Augen verlieren kann.

„Den südlichsten Punkt der Reise mit den Kranichen erreichte ich in den Korkeichen-Wäldern der spanisch-portugiesischen Extremadura. Eine der faszinierendsten und schönsten Landschaften in ganz Europa.“

Die Kraniche ernähren sich hier überwiegend von herabgefallenen Eicheln und Oliven. Tagsüber sind sie in den weitläufigen Wäldern kaum zu entdecken. Da ist es einfacher, ihre Übernachtungsplätze aufzusuchen.

Kurz vor Sonnenuntergang fliegen die Kraniche an flachen Stauseen ein und übernachten stehend im Wasser. Dies als Schutz vor den wasserscheuen Füchsen.  

Beobachtet, bewundert und geliebt

„Die lange Reise mit den Kranichen führte mich durch zwölf europäische Länder. In all diesen Ländern wird der Kranich beobachtet, bewundert und geliebt“, berichtet der Ornithologe Dr. Manfred Hölker begeistert von seinem Jahr im Gefolge von großen Kranich-Zügen.

„Der Schutz der Brut-, Rast- und Überwinterungsgebiete steht in Europa im Mittelpunkt. In all diesen Ländern wurde fantastische Arbeit geleistet beim Schutz des Kranichs. Und dies verkünden die Kraniche alljährlich im Frühling und Herbst mit ihren Flugrufen. In Deutschland ist der Kranich nicht nur der Wappenvogel der Lufthansa, sondern ein Erfolgssymbol für sehr erfolgreiche Naturschutz-Maßnahmen“, fasst es Hölker zusammen.

Jeder kann einen Beitrag zum Schutz leisten

Die faszinierende Reise mit den Kranichen durch Europa endete wieder in Warburg, wo der engagierte Lehrer der Schlossbergschule seinen Wohnsitz hat.

Der Ornithologe ist überzeugt: „Jeder von uns kann seinen kleinen Beitrag leisten: Die Unterstützung bei der Ausweisung von Schutzgebieten oder aktive Maßnahmen für den Erhalt der Natur. Scheinbar nur regional, aber umfassend global wirksam.“

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