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Landwirte sehen sich im ungleichen Ringen mit Solarparks um Fläche

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Von: Matthias Schuldt

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Im Fokus: Freiflächen-Photovoltaik-Anlagen © Matthias Schuldt

Edertals Planungsausschuss diskutierte über den Druck, dem sich Bauernhöfe durchs Konkurrieren um Flächen mit anderen Nutzern ausgesetzt sehen - auch Solarparks.

Edertal – Wo haben Interessierte künftig in Edertal die realistische Chance, einen neuen Solarpark genehmigt zu bekommen, eine „Photovoltaik-Freiflächenanlage“? Und welche Vorbedingungen müssen für die realistische Chance erfüllt sein? Dazu lässt die Gemeinde gerade von einem Fachbüro eine „Potenzialanalyse“ erstellen, und der Planungsausschuss schlug in seiner jüngsten Sitzung einen weiteren Pflock als Vorbedingung ein: Eine landwirtschaftliche Fläche, die mit einem Solarpark überbaut werden soll, darf keine höhere „Bodenwertzahl“ als 40 aufweisen. Die Zahl gibt die landwirtschaftliche Ertragsfähigkeit an. Die Spanne reicht von „0“ für sehr schlecht bis in der Regel „100“, in sehr seltenen Fällen auch knapp darüber.

Bauamtsleiter Alexander Paul legte dem Ausschuss eine Karte vor, der zufolge gut 6,5 Prozent der Gemeindefläche theoretisch noch für Freiflächen-PV-Anlagen in Frage kämen, legt man den Maßstab mit allen Vorbedingungen an. Ziel der Landesregierung ist, ein Prozent Hessens durch Solarparks zu nutzen. „Das ist aber keine Verpflichtung, an die sich die einzelne Kommune halten muss , sondern eine Empfehlung des Landes“, stellte Ausschussvorsitzender Markus Jungermann (SPD) klar.

Gemeinde Edertal entscheidet weiter in jedem Einzelfall über Solarpark-Genehmigung

Und er betonte noch einen Punkt: „Die Potenzialanalyse zeigt zwar künftig mögliche Freiflächen für Photovoltaik auf, aber die Gemeindevertretung entscheidet in jedem einzelnen Antragsfall, ob sie tatsächlich einem Genehmigungsprozess, einer Bauleitplanung, zustimmt.“ Ohne ein solches Verfahren kann kein Investor sein Vorhaben verwirklichen, hat die Landesregierung festgelegt. Damit habe die Gemeinde am Ende des Tages stets den Daumen darauf, ob und falls ja, wie viel Photovoltaik sie etwa auf landwirtschaftlicher Fläche akzeptiere.

Landwirtin: 2000 bis 3000 Euro Pacht pro Hektar kann kein Bauernhof erwirtschaften

Die Fachkundigen aus der Landwirtschaft im Planungsausschuss beruhigte das aber nicht: Karl-Heinz Schäffer (CDU) stimmte gegen die „40“ als Bodenwertzahl-Untergrenze. „Ich hielte die 30 für einen geeigneteren Wert“, begründete der Landwirt sein Votum. Seine Berufskollegin Alexandra Knöfel (FDP) enthielt sich, weil sie eine Debatte um die Bodenwertzahl als wenig hilfreich betrachtet für die Beurteilung des Gesamtproblems.

Dieses Problem sieht sie, wie Schäffer, in der Konkurrenz um Flächen, der sich die landwirtschaftlichen Betriebe ausgesetzt sehen. „2000 bis 3000 Euro Pacht pro Hektar kann kein Hof erwirtschaften. Solche Preise werden aufgerufen, wenn Investoren Land anders nutzen möchten“, erklärt Knöfel. Ohne klarere Zeichen seitens der Edertaler Politik gegen diese Entwicklung erwartet sie einen schleichenden, kaum aufzuhaltenden weiteren Anstieg der Pachtpreise, mit Folgen auch für die Lebensmittelpreise.

Landwirtin: 60 Prozent der landwirtschaftlich genutzten Fläche in Hessen angepachtet

Weiter steigende Pachtpreise seien gerade in Hessen ein großes Problem, weil 60 Prozent der landwirtschaftlich bearbeiteten Flächen angepachtet seien und nicht im Eigentum des bewirtschaftenden Betriebes lägen, erläutert Alexandra Knöfel: „Das erschwert es jungen Leuten erst recht, in die Landwirtschaft einzusteigen“, unterstreicht die Landwirtin.

Sie verweist als Gegenbeispiel auf Frankreich, wo Pachtpreise für landwirtschaftliche Flächen staatlich gedeckelt seien. „Wenn eine landwirtschaftliche Fläche für einen Solarpark geopfert wird, geschieht das auf mindestens 30 Jahre“, warnt die Anrafferin vor so einer langen Bindung.

Forderung: in Edertal Solarpark-Flächen auf 1 Prozent der landwirtschaftlich nutzbaren Fläche begrenzen

Sie plädiert – zusätzlich zu allen anderen Vorbedingungen – für eine Höchstgrenze von einem Prozent der Fläche, die für Photovoltaik-Parks in Edertal genutzt werden darf. „Nicht gemessen an der Gesamtfläche Edertals, sondern gemessen an der landwirtschaftlich nutzbaren Fläche“, ergänzt sie. Diese als Acker oder Weide bewirtschaftbare Fläche beträgt nur etwa 40 Prozent der Gesamtfläche. Die liberale Landwirtin möchte so einem weiter schleichenden Anstieg bei den Pachtpreisen zumindest von dieser Seite aus entgegen wirken.

Ihr Credo, mit dem sie nicht alleine steht: Mehr Unabhängigkeit in der Lebensmittelversorgung sei für die Region mindestens ebenso wichtig, wie mehr Unabhängigkeit in der Energieversorgung. Sie setzt sich daher dafür ein, so viele Dächer wie irgend möglich mit Photovoltaik-Paneelen zu belegen. Offen zeigt sie sich auch für die Kombination aus Betrieb von Photovoltaik und Landwirtschaft auf derselben Fläche, etwa mittels hoher Solarbäume. Diese Lösungen seien allerdings bei Investoren nicht so beliebt, weil das Einrichten eines solchen Parks mit höheren Kosten verbunden sei meint sie. (Matthias Schuldt)

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