Konsequenz für Verbraucher: Strompreise steigen weiter

Netze überlastet: Stromerzeuger müssen abgeschaltet werden

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In welchem Umspannwerk und an welchem Transformator welche Erzeugungsanlagen abgeschaltet werden müssen, teilt Netzbetr eiber Avacon der EWF mit. Das Foto zeigt das Umspannwerk Korbach. 

Die Anzahl der Anlagen, die Erneuerbare Energie erzeugen, wächst, die Zahl starker Stürme ebenso: Das Stromnetz der Region kann die so erzeugten Strommassen häufig nicht fassen – deshalb wurden in diesem Jahr bereits mehrfach Erzeugungsanlagen im Landkreis abgeschaltet oder gedrosselt.

Die Betreiber bekommen dafür eine Entschädigung, die Kosten trägt am Ende jeder Verbraucher.

Dass seit einigen Wochen immer wieder Stromerzeugungsanlagen mit einer Leistung von mehr als 100 Kilowatt elektrisch (KWel) abgeschaltet werden, schrieb ein Leser der Waldeckischen Landeszeitung. In dieser Form und in diesem Ausmaß sei das in vorherigen Jahren noch nie vorgekommen, so der Mann. Nachfragen bei Energie Waldeck-Frankenberg (EWF) und Tennet zeigen: Er hat recht.

Dabei geht es um Jahrzehnte alte Leitungen, die die Strommengen nicht fassen können, gerade wenn Stürme Windräder so stark antreiben wie in den vergangenen Wochen. Da es keine „nennenswerten Speichermöglichkeiten im Stromnetz gibt“, wie Anita Wolbring von EWF sagt, müsse verhindert werden, dass Leitungen überlastet sind. „Dazu werden Erzeugungsanlagen zeitweise ganz oder teilweise abgeschaltet.“ Doch nicht EWF entscheidet darüber, welche Anlagen für welchen Zeitraum vom Netz genommen werden.

Überlastungen können zu "ernsthaften Schäden" führen

Tennet, ein großer Netzbetreiber, „gibt die Menge an Strom an, die in einem großräumigen Bereich nicht mehr ins Netz eingespeist werden darf“, erklärt Markus Lieberknecht, Sprecher des Unternehmens. Es werde aber nicht über einzelne Anlagen entschieden. Dies müssten die jeweiligen Verteil- oder Ortsnetzbetreiber machen, an deren Netzen die Anlagen angeschlossen sind, so der Sprecher. Für Waldeck-Frankenberg entscheidet darüber Avacon, ein dem EWF vorgelagerter Netzbetreiber. Werden zu große Strommengen eingespeist, kann es zu Überspannungen kommen oder einer hohen Wärmeentwicklung, die zu „ernsthaften Schäden an den Bauteilen des Stromnetzes“ führen können, sagt Wolbring.

Der Umfang, in dem Anlagen abgeschaltet werden müssten, unterscheide sich von Fall zu Fall, so die EWF-Sprecherin. Die Einspeisung könne je nach Bedarf auf 60 oder 30 Prozent gedrosselt werden, auch eine komplette Abschaltung ist möglich. Betroffen sind davon aber nur Stromeinspeiser, die an die Umspannwerke Bad Arolsen, Korbach, Willingen, Wrexen und Hemfurth-Edersee liefern. Sie zählen zum norddeutschen Raum, wo deutlich mehr Anlagen für Erneuerbare Energien gebaut wurden als im Süden. Da aber neben den Speichermöglichkeiten auch „leistungsstarke Übertragungswege in den Süden fehlen“ sind auch die EWF-Umspannwerke betroffen, die zum Bereich Norddeutschland gehören.

Bis zu 30 Stunden abgeschaltet

Erstmals musste EWF am 30. Januar Anlagen vom Netz nehmen, kamen elf weitere Aufforderungen dazu. Zwischen 2,5 und 30 Stunden seien die Anlagen dann jeweils ausgeschaltet oder gedrosselt worden, sagt Wolbring.

Die Betreiber von Erzeugungsanlagen werden für die Ausfälle entschädigt, das schlage jedes Jahr mit Kosten von, „ganz grob rund 500 Millionen Euro“ zu Buche und das allein im Netz von Tennet, sagt Lieberknecht. Die Zahlung übernimmt der Konzern – zunächst. Am Ende werden „die Kosten über die Netzentgelte auf alle Verbraucher umgelegt“.

In den nächsten Jahren wird sich die Situation nicht ändern. So schnell gehe das nicht. Tennet habe angefangen, Netze auszubauen oder zu verstärken. Das passiere beispielsweise auch für das Höchstspannungsnetz zwischen Twistetal und Borken. Die Leitungen stammen aus 1974 und seien „für die Anforderungen der Energiewende nicht konzipiert worden“. So lange das Netz aber nicht umgebaut sei, werde es weiterhin Abschaltungen geben – und damit Preissteigerungen für die Verbraucher.

Von Tennet zu Avacon zu EWF

Tennet – eigentlich ein niederländisches Unternehmen – ist einer von vier Übertragungsnetzbetreibern in Deutschland. Die vier sind verantwortlich für „das Übertragungsnetz zur überregionalen Versorgung und Übertragung im Höchstspannungsbereich“, heißt es auf der Internetseite www.netzentwicklungsplan.de. Sie müssen den „überregionalen Stromaustausch störungsfrei gewährleisten“. Eine Ebene darunter sitzt Netzbetreiber Avacon. 

In vielen Bundesländern betreibt die Gesellschaft nach eigenen Angaben 64 000 Kilometer Stromleitungen. Rund 40 000 Erzeugungsanlagen sind an das Unternehmen angeschlossen, das ein Teil von Eon ist. Avacon ist wiederum vorgelagerter Netzbetreiber von EWF.

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