1. WLZ
  2. Waldeck
  3. Vöhl

Ausgleich zur Ortsumgehung Dorfitter: Kuhbach schlängelt sich durchs Grün

Erstellt: Aktualisiert:

Von: Philipp Daum

Kommentare

Mäanderartiger Verlauf: Ein Teilstück des Kuhbachs wurde in der Nähe des Vöhler Ortsteils Dorfitter renaturiert. Es handelt sich um eine Ausgleichsmaßnahme zum Bau der Ortsumgehung.
Mäanderartiger Verlauf: Ein Teilstück des Kuhbachs wurde in der Nähe des Vöhler Ortsteils Dorfitter renaturiert. Es handelt sich um eine Ausgleichsmaßnahme zum Bau der Ortsumgehung. © Philipp Daum

Ein großer Straßenbau bedeutet oft, dass Land- und Forstwirtschaftsflächen weichen müssen. Doch zum Glück gibt es Ausgleichsmaßnahmen, die verloren gegangene Natur wieder zurückholen sollen. Beim Bau der Ortsumgehung Dorfitter steht die Renaturierung des Kuhbachs im Fokus.

Vöhl-Dorfitter - Die Rechnung ist einfach: Immer wenn Straßen umgebaut oder erweitert, neue Fahrbahnen trassiert und gebaut werden müssen, sind zusätzliche Flächen nötig. „In aller Regel geht das zulasten der Land- oder Forstwirtschaft“, erläutert Ralf Struif vom Fachdezernat Naturschutz und Landespflege bei Hessen-Mobil. Durch den Bau der Ortsumgehung Dorfitter sei genau das passiert.

Deshalb würden parallel zu den Straßenbauarbeiten so genannte Ausgleichsmaßnahmen umgesetzt. Verloren gegangene Natur wird quasi zurückgeholt – in ähnlicher oder anderer Form.

Der Experte steht zusammen mit seinen Kollegen Rainer Mitze und Dr. Hellwig Kamm in unmittelbarer Nähe des nördlichen Endes der Ortsumgehung nahe Dorfitter. Baufahrzeuge sind auf der Straße unterwegs, die derzeit auf einer Länge von insgesamt drei Kilometern errichtet wird. Doch der Fokus liegt an diesem Tag nicht auf den Arbeiten, sondern auf einer Ausgleichsmaßnahme im Sinne des Naturschutzes. Ralf Struif schaut daher auch nicht auf die Umgehung, sondern in die andere Richtung – dorthin, wo der Kuhbach fließt. Und wer die Ecke gut kennt, wird feststellen, dass etwas anders ist. Der Kuhbachs schlängelt sich jetzt durch die Wiese, die vormalige Begradigung an dieser Stelle ist passé.

„Ein Teilabschnitt des Kuhbachs wurde renaturiert. Hier und circa 150 Meter flussabwärts wurde das Bachbett mäandernd verlegt und naturnah gestaltet. Gleichzeitig wurde durch Abtrag des Oberbodens zusätzlicher Retentionsraum bei Hochwasserereignissen geschaffen“, berichtet Ralf Struif. Direkt neben dem Bachbett sei eine Blänke, also ein kleiner Tümpel, mit zwei Wasserzonen entstanden. Dieser soll künftig Lebensraum für diverse Tierarten bieten.

Sind mit dem Ergebnis zufrieden: (von links) Rainer Mitze, Dr. Hellwig Kamm und Ralf Struif von Hessen-Mobil.
Sind mit dem Ergebnis zufrieden: (von links) Rainer Mitze, Dr. Hellwig Kamm und Ralf Struif von Hessen-Mobil. © Philipp Daum

„Wie sich das Erscheinungsbild am Ende darstellt, werden wir sehen. Beispiele erfolgreicher Renaturierungen aus länger zurückliegenden Projekten gibt es zum Beispiel an der Nemphe in Frankenberg oder auch an der Eder bei Röddenau“, sagt Dr. Hellwig Kamm.

Die Renaturierung des Kubachs ist allerdings nicht die einzige Ausgleichsmaßnahme im Zuge des Baus der Ortsumgehung Dorfitter. Ralf Stuif spricht von einem „Bündel von Maßnahmen“, die geplant oder – wie die Renaturierung des Kuhbachs – bereits größtenteils umgesetzt seien.

So werden partiell gerodete Waldflächen durch die Wiederherstellung von Waldrändern und Bepflanzungen entlang des Kuhbachs flächendeckend kompensiert. In einiger Entfernung zur Baustelle wurden zudem weitere Waldflächen der forstwirtschaftlichen Nutzung entzogen und so als Ausgleichsmaßnahme gewertet. Ein Teil der Neuversiegelung kann auch durch den Rückbau nicht mehr benötigter Straßenabschnitte und der Entsiegelung einer Parkfläche erfolgen.

„Bei einer weiteren Ausgleichsmaßnahme wurde der Lebensraum des Uhus gemäß des europäischen Artenschutzgesetzes sichergestellt und erweitert. In diesem Zusammenhang wurde eine Steilwand im Steinbruch bei Obernburg wieder freigelegt, um für die Brut natürliche Felsnischen zu schaffen“, berichtet Ralf Struif.

Eingriffe in die Natur werden nach einem Punktesystem ausgeglichen

„Die Kompensationsverordnung macht es uns mittlerweile leichter, Ausgleichsmaßnahmen umzusetzen“, sagt Landespfleger Ralf Struif. Der Eingriff in die Natur durch Baumaßnahmen werde auf Basis der Verordnung nach einem genau gewichteten Punktesystem bewertet und den zu ergreifenden Naturschutzmaßnahmen gegenübergestellt.

So sei es möglich, Ausgleichsmaßnahmen auch weiter entfernt – zum Beispiel auf weniger ertragreichen Flächen – durchzuführen. „Das führt mitunter dazu, dass Landwirte eher dazu bereit sind, ihre Flächen herzugeben“, so Struif. Zwar sei es gesetzlich geregelt, dass Wiesen, Äcker oder forstwirtschaftlich genutzte Flächen für Ausgleichsmaßnahmen im Sinne des Naturschutzes abgegeben werden müssten.

Das letzte Mittel sei die Enteignung. „Das will aber niemand“, betont der Landespfleger. Das Punktesystem komme daher allen Akteuren entgegen. „Hinzu kommt, dass Ausgleichsmaßnahmen auch nicht unbedingt genau 1:1 zum verloren gegangenen Naturraum umgesetzt werden müssen. Wir können also Äpfel mit Birnen vergleichen. Auch andere Projekte sind möglich – Hauptsache, es dient der Natur und stellt nach Punkten einen Ausgleich dar“, sagt Ralf Struif.

Auch interessant

Kommentare