Russland-Sanktionen wirken: Jetzt greift der Kreml bei Gazprom in die Kasse
Gazprom hat im ersten Halbjahr einen Rekord-Gewinn hingelegt. Das sorgt nun für Begehrlichkeiten im Kreml.
Moskau/St. Petersburg – Die EU möchte unabhängig von russischem Gas werden. Seit Beginn des Ukraine-Krieges und der Sanktionen gegen Russland hat der russische Gaskonzern Gazprom jedoch immer wieder die Liefermengen durch die Ostseepipeline Nord Stream 1 gedrosselt, oder die Gas-Lieferung sogar ganz gestoppt. Den Finanzen scheint das jedoch nicht geschadet zu haben. Die Firma machte aufgrund der gestiegenen Rohstoffpreise alleine im ersten Halbjahr einen Rekordgewinn von knapp 42 Milliarden Euro.
Gazprom: Staat könnte zehn Milliarden Euro erhalten
Davon profitieren nun wohl auch Anleger. Der staatlich kontrollierte Konzern plant eine Rekordausschüttung für das erste Halbjahr. Umgerechnet 20 Milliarden Euro sollen in Form von Dividenden ausgezahlt werden, berichtet das Handelsblatt. Zum Vergleich: Im gesamten Jahr 2021 verdiente Gazprom umgerechnet 28,4 Milliarden Euro.
Die Nachricht dürfte bei den meisten Anlegern wohl für Freudensprünge sorgen – auch beim russischen Staat. Denn gut 50 Prozent der Aktien gehören ihm. Das würde bedeuten, dass dem Kreml über Nacht umgerechnet mehr als zehn Milliarden Euro zufließen würde.
Das dürfte Wladimir Putin durchaus gelegen kommen. Schließlich kämpft Russland mittlerweile auch finanziell mit Schwierigkeiten. Die westlichen Sanktionen haben besonders die Finanzen des Landes hart getroffen. Auch wichtige europäische Firmen, welche oftmals hohe Steuerbeträge gezahlt haben, sind weggefallen. Somit tut sich im Staatshaushalt eine enorme Lücke auf. Dem russischen Staat würde die Gazprom-Ausschüttung damit sehr gelegen kommen. Ob auch ausländische Aktionäre von der Ausschüttung profitieren, ist derzeit hingegen unklar.
Gazprom möchte mit Gewinnen in China-Geschäft investieren
Was aber macht Gazprom mit den verbleibenden Gewinnen? Offenbar will der Konzern die Anbindung nach China stärken und entsprechende Pipeline-Projekte weiter vorantreiben. „Die Arbeitsergebnisse für das erste Halbjahr sind sehr, sehr gut. Und natürlich lässt uns dieses finanzielle Resultat davon sprechen, dass wir mit sicheren Geldflüssen für die Realisierung unserer strategischen Investitionsprojekte ausgestattet sind“, sagte Gazprom-Chef Alexej Miller am Mittwoch während einer Telefonkonferenz der Nachrichtenagentur Interfax zufolge.
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Nach Angaben Millers will Gazprom in Kürze damit beginnen, sein Pipeline-Netz auf dem europäischen Territorium mit dem Osten des Landes zu verbinden. Darüber hinaus kündigte er an, die Projektierung der geplanten Pipeline Kraft Sibiriens 2 zu starten. Die Leitung soll Gas von den Lagerstätten in Ostsibirien nach China bringen. Auch ein Abzweig durch die Mongolei sei dabei geplant. „Wir wissen, dass der chinesische Markt der dynamischste weltweit ist, und Prognosen zufolge macht der Anstieg des Gasverbrauchs in China in den kommenden 20 Jahren 40 Prozent der weltweiten Steigerungsrate aus“, sagte Miller.
Wie stark hängt das politische System Russlands von Wladimir Putin ab? Was passiert nach dem Abgang? Ein Kreml-Experte hat eine plakative These parat. (ph/dpa)